Gemeinderat,
6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 82
Ich glaube, es ist an der
Zeit, dass man dieser Selbstbeweihräucherung, die in Österreich leider Gottes
für die Europäische Union Platz gegriffen hat, entgegentritt. Und das machen
wir Freiheitlichen, und wir werden das sehr konsequent tun, weil diese
Fehlentwicklung und die Brüsseler Bürokratie Widerstand brauchen, damit wir
nicht aufwachen in einem Bundesstaat - den auch Herr Bgm und Lhptm Häupl in all
seinen inhaltlichen Ausführungen und Erklärungen zum Thema Europa fordert: Er
fordert einen Bundesstaat Europa! Brüssel soll das zentralistische Zentrum
Europas werden (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Bundesstaat ist aber das
Gegenteil von Zentralismus!), und wir sollen dann alles, was dort quasi per
Diktat vorgegeben wird, umsetzen. Das ist die Forderung Ihres Vorsitzenden und
Landeshauptmannes und Bundesobmannes!
Nein! Wir
sprechen uns gegen den Bundesstaat aus! Wir wollen einen Staatenbund, der föderal
strukturiert ist, wo wir auch Selbstbestimmungsrechte für uns bewahren, um
unsere österreichischen Interessen schützen zu können. Und das kommt ja auch
zum Vorschein bei der Richtlinie, die ich nachher noch kurz behandeln werde.
Heute, über zehn Jahre
später, sehen wir, was aus den Versprechungen, die Sie gemeinsam mit der ÖVP
gemacht haben, geworden ist. Sie waren damals die Kanzlerpartei, die ÖVP war
die Vizekanzlerpartei. Sie haben letztlich auch die Verantwortung dafür, dass es diese
Entwicklung gegeben hat und diese falschen Versprechungen heute vielen
Österreichern aufstoßen. Wir haben in Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit
mit über 400 000 Arbeitslosen. Wir haben eine Explosion bei den
Sozialhilfeempfängern, die gerade in Wien exorbitant ist. Privatkonkurse
explodieren in Wien, da haben wir ein Rekordniveau erreicht. Und bei uns fehlt
es an allen Ecken und Enden an Investitionen, und viele Betriebe in unserer
Stadt haben gewaltige Probleme. Die Produktionsstätten wandern ab - das wird ja
auch unterstützt von dieser Europäischen Union, die Sie so sehr unterstützt
haben, die ja heute genau diese Ziel-1-Länder fördert und es zum Wettstreit
werden hat lassen, dass jeder Betrieb alle vier, fünf, sechs Jahre
weiterwandert, weil er nämlich ins nächste Ziel-1-Gebiet geht, und dadurch
natürlich immer wieder auch irgendwo kurzfristig Arbeitsplätze aufgebaut
werden, dann aber ganze Regionen wieder zu Grunde gehen durch so ein System,
das von dieser Europäischen Union gefördert wird.
Sie haben uns damals ohne Wenn und Aber in diese Europäische Union
hineingehetzt und uns Falsches vorgemacht. Und die SPÖ erhöht ja stetig auch
Gebühren: In all diesem Gesamtdruck, in den Sie uns da hineingesetzt haben,
helfen Sie dann noch fleißig mit, wie wir heute auch schon besprochen haben,
jedwede Gebühren zu erhöhen und die Daseinsvorsorge letztlich auch ins Wanken
zu bringen. Und deshalb muss man gerade zehn Jahre nach Ihren Versprechungen
Stellung dazu beziehen und gerade auch in der Frage der weiteren
EU-Richtlinien, die jetzt auf uns zukommen sollen, Standfestigkeit zeigen. Es
kann nicht so sein, dass weitere EU-Richtlinien einfach von Ihnen hingenommen
werden, obwohl man weiß, dass sie zum Nachteil der Österreicher sind, zum
Nachteil vor allen Dingen der Wienerinnen und Wiener! Da muss man
innerstaatlich, aber auch von Seiten des städtischen Bereichs endlich einmal
dagegen auftreten und für die Interessen der Österreicher etwas unternehmen -
und nicht so tun, als könnte man die Hände in den Schoß legen, und die Dinge einfach
laufen lassen und dann alles auf die Europäische Union schieben. Sie tragen
ganz entscheidend dazu bei, dass es zu dieser Entwicklung kommt! Sie machen
nichts dagegen, Sie versuchen nicht, ihr Einhalt zu gebieten.
Die Freizügigkeitsrichtlinie
der Europäischen Union ist ein solcher Punkt. Sie wird unter dem Vorwand einer
EU-Sozialunion eingeführt, wobei der Zugang zu Sozialleistungen über die
Sozialhilfe auch für Nichteuropäer eröffnet werden soll. Eine schöne Geschichte!
Sie bejammern schon in den letzten Jahren den Anstieg von 40 000 auf
80 000 Sozialhilfeempfänger in Wien (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das
hat mit Ihrer Regierungstätigkeit zu tun!) - in nur drei Jahren eine
Verdoppelung der Sozialhilfeempfänger in Wien, weil Sie nämlich ohnehin auch in
diesem Bereich schon sehr salopp damit umgegangen sind - und freuen sich schon
auf die Richtlinie der Europäischen Union, durch die in Zukunft weitere
Zigtausende dazukommen werden, weil man nämlich, so, wie es diese Richtlinie
vorsieht, in kürzester Zeit als Nicht-EU-Bürger jeden Anspruch haben soll. Als
Nicht-EU-Bürger!
Na, wo ist Ihr Aufschrei?
Wo ist Ihr Aufschrei, dass man das nicht mehr finanzieren wird können? Wo ist
Ihr Aufschrei, dass da Staatsbürger, sozial schwache Österreicher irgendwann
einmal auf der Strecke bleiben werden, weil es kein Geld mehr für sie gibt,
weil dann noch weniger Heizkostenzuschüsse möglich werden, weil noch weniger
Geld da ist und irgendwann einmal das Sozialhilfesystem in Wien - und
nicht nur in Wien, sondern auch österreichweit – zusammenkrachen muss? Das ist
nicht verantwortungsvoll, und da vermisse ich Ihren Aufschrei und Ihr
Entgegentreten gegenüber solchen Überlegungen, die da jetzt aus der
Europäischen Union kommen und über uns hereinbrechen sollen.
Seit Jänner 2006 ist es ja Ausländern möglich,
geförderte Wohnungen, Gemeindewohnungen und Pensionistenheime in Anspruch zu
nehmen. Alteingesessene Wiener werden deshalb auch in Zukunft letztlich noch
längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Das ist ja das, was wir schon erlebt
haben: Dass 9 000 - und man sagt ja, es sind phasenweise 13 000 und
mehr - Wienerinnen und Wiener jahrelang auf eine soziale Gemeindewohnung warten
müssen und eben auf den Wartelisten stehen und diesbezüglich keine Möglichkeit
haben. Wenn heute ein Steirer nach Wien kommt, dann muss er zuerst einmal als
18-Jähriger zwei Jahre lang hauptwohngemeldet sein, damit er einen Anspruch auf
eine Gemeindewohnung hat, nicht wahr? - Aber das verstehen viele junge Menschen
nicht, dass Sie da diesen Menschen die Chance verbauen und andere bevorzugen.
Und was die EU-Dienstleistungsrichtlinie betrifft, so
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