«  1  »

 

Gemeinderat, 6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 72 von 82

 

seit 10 oder 15 Jahren einzahlt und eine Gemeindewohnung beantragt. Deshalb muss man auch danach trachten, dass diese Richtlinie so nicht in Kraft treten kann.

 

Gerade im Gemeindebaubereich hat ja die sozialistische Stadtverwaltung durch jahrzehntelange Missstände die Mieter ohnedies auch um Milliarden geschädigt. Ich erinnere nur daran: Überhöhte Betriebskosten, Falschkategorisierungen, falsche Quadratmeterberechnungen, teilweise überbordende Hausbesorgerkosten in Großanlagen sowie undurchsichtige Abrechnungen bei Sanierungen, Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten. Das hat ja den sozialen Wohnbau sehr, sehr in Frage gestellt – und jetzt folgt eben der nächste Anschlag auf die wohnungssuchenden Wiener.

 

Interessant wird auch sein, wie der fünfjährige Aufenthalt als Voraussetzung für den Anspruch auf eine Gemeindewohnung angesichts eines Meldegesetzes, das beinahe nie kontrolliert wird, in Zukunft überprüft werden soll. Hoffentlich nicht so wie bei Ute Bock, wo Hunderte gemeldet waren, denn wenn das so kontrolliert wird, dann kann ich mir schon vorstellen, was auch da für ein Missbrauch um sich greifen wird. Zehntausende Wienerinnen und Wiener müssen schon jetzt durchschnittlich zwei Jahre auf eine Gemeindewohnung warten, und das ist eben leider auch das Problem: Sie werden auch heute schon gegenüber kinderreichen Neo-Österreichern benachteiligt, sodass sie dann eben zurückgereiht werden.

 

Und, wie bereits gesagt: Die Richtlinie wird nicht nur den Zugang zum sozialen Wohnbau, sondern eben auch den Zugang zur Sozialhilfe aufmachen. Das ist das, was nicht der Fall sein darf!

 

Ich komme zum Schluss: Der soziale Gemeindewohnbau muss der wohnungssuchenden Wiener Bevölkerung vorbehalten bleiben! Wir treten dafür ein, wir treten gegen diese geplante EU-Richtlinie auf, und zwar vehement! Es kann nicht sein, dass die sozialistische Stadtregierung mit Unterstützung der ÖVP einfach so nonchalant diese EU-Richtlinie abwartet und sich schon darauf freut, ohne für die Wienerinnen und Wiener tätig zu werden. Wir meinen, dass das Sozialgefüge gerade in diesem Bereich extrem gefährdet ist. Deshalb werden wir auch - das ist jetzt wirklich der Schlusssatz - gerade in diesem existenziellen Bereich eine Koalition mit dem Bürger eingehen. Ein erster Schritt ist unser Volksbegehren "Österreich bleib frei!", und ich glaube, es ist höchste Zeit, dass wir dafür kämpfen, dass wir wirklich frei bleiben, denn so, wie es heute läuft, werden wir wirklich bald fremdbestimmt sein aus Brüssel! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Ich eröffne die Debatte und bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten betragen darf.

 

Zur Besprechung des Dringlichen Antrags hat sich Herr GR Herzog zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich darauf aufmerksam mache, dass die Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist. Ausgenommen von dieser Redezeitbegrenzung sind nur der Bürgermeister und die zuständigen amtsführenden Stadträte.

 

GR Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der heutige Dringliche Antrag bezieht sich auf die Richtlinie 2003/109/EG vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen mit Geltungsbeginn 23. Jänner 2006. Es ist aber natürlich so, dass mehrere Richtlinien davon betroffen sind, und selbstverständlich auch jene, die sich mit Aufenthaltsrecht und Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie Familiennachzug von Unionsbürgern beschäftigen. Es ist keine Frage, dass das alles im Zusammenhang zu sehen ist.

 

Die Absicht der Europäischen Union war, ganz kurz gesagt - es wird hier angeführt -, folgende: Die Integration von Drittstaatsangehörigen, die in den Mitgliedsstaaten ansässig sind, trägt entscheidend zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts bei. – Dies ist eine Formulierung, die irgendwann einmal im Jahre 2003 gefasst wurde, von der ich aber nicht glaube, dass sie heute, im Licht der Ereignisse in Paris oder des Karikaturenstreits, noch so, auch in den Richtlinien der Europäischen Union, zu finden wäre. Das, glaube ich, kann man sagen.

 

Einige sachliche Dinge, die rein die rechtlichen Gegebenheiten betreffen: Um die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu erlangen, müssen die Drittstaatsangehörigen ausreichende Einkünfte und Krankenversicherungsschutz nachweisen, damit sie keine Last des Mitgliedsstaates werden. Und: Die Mitgliedsstaaten können Faktoren wie die Entrichtung von Beiträgen in die Alterssicherungssysteme und die Erfüllung von steuerlichen Verpflichtungen berücksichtigen. Und darüber hinaus sollten Drittstaatsangehörige keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen. Und selbstverständlich sollte ein System von Verfahrensregeln ausgearbeitet werden. Weiters sind die Leistungen der Aufenthaltsberechtigten durchaus auf Kernleistungen zu beschränken. Der Mitgliedsstaat, in dem der langfristig Aufenthaltsberechtigte sein Aufenthaltsrecht ausüben möchte, sollte überprüfen können, ob diese Person die Voraussetzungen erfüllt, um sich in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten. - So weit das.

 

Das Ganze ist natürlich eine Entschließung der EU, die wieder einmal über die Köpfe der Bürger hinweg erfolgt ist. Es hat im Jahre 2003 sicherlich niemand, auch in diesem Hause, wirklich mitbekommen, was da passiert. Ich bezweifle, dass die Folgerungen, alles, was damit zusammenhängt, selbst den Abgeordneten der Europäischen Union bekannt gewesen sind. Das Ganze ist eben ein System, wo einfach die Rücksichtnahme und die Einbeziehung der Bürger nicht stattfindet.

 

"DIE WELT" hat am 26. Februar in einem großen Artikel, ein Buch betreffend, geschrieben: „Tatort Europa. Die EU ist undemokratisch: Der Bürger wird ignoriert, die Bürokratie zementiert. Eine grundlegende Reform tut not." - Ich lese Ihnen nicht lange vor, sondern nur eine kleine Einleitung. – „Repräsentative Demokratie definieren wir ... als Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk. 'Für' das Volk heißt: Politik in seinem Interesse, also orientiert am gemeinen Wohl; 'durch' das Volk bedeutet: Echte Partizipation, also Einfluss der

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular