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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 31.03.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 52

 

den GRÜNEN: David!), aber das ist dann eben jedem überlassen, wenn man es nach unserem Willen macht. Man würde sicherlich den Verlegern, den Buchhandlungen und eben auch der Lesefreude der Wiener an sich etwas Gutes tun.

 

In diesem Sinne: Wir werden ja sehen, wie die Stadt Wien das vertreten will, was sie uns hier darbietet. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr GR Schreuder hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Erstaunlicherweise muss ich Herrn GR Stefan in manchen Punkten Recht geben. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wenn es die Möglichkeit gibt, dass man im Vorwort den Herrn Bürgermeister zu Wort kommen lässt, und es gibt viele historisch fragwürdige Sachen, die drinstehen - es gibt die Besetzungsprobleme, es gibt einen Sprachduktus, der aus den 60er Jahren stammt, nein, Moment, 1985 ist es übersetzt worden -, dann gäbe es doch die Möglichkeit, im Vorwort zu sagen: Im Übrigen gibt es das und das und das in dem Buch, und das kann man erklären. Sonst jedoch wird dieses Buch hunderttausendfach verteilt, und es werden Sachen offen gelassen.

 

Man weiß auch nicht, warum es dieses Buch ist, außer vielleicht, dass gerade ein neues Buch von John Irving herausgekommen ist - im Übrigen ein sehr gutes Buch, und auch ein sehr gut übersetztes Buch im Gegensatz zu "Lasst die Bären los!". Nein, es gibt etwas in der Literatur, das nennt man Neuübersetzung, und das ist eine ganz vernünftige Geschichte. Wenn man merkt, dass ein Buch oder die Übersetzung eines Buches damals in einem deutschen Sprachduktus geschrieben wurde, der einfach nicht mehr zeitgemäß ist, dann übersetzt man neu. Und wenn man ein Buch nimmt, das man hunderttausendfach an Wienerinnen und Wiener verteilt - denn die Zielgruppe sind die Wienerinnen und Wiener -, dann sollte man schon bedenken, dass sie das auch verstehen sollten, was drinsteht, vor allem, weil die Figuren, die in dem Buch vorkommen, ja auch Wienerinnen und Wiener sind.

 

Also: Die "Schnaken" wurden schon genannt. "Radieschentüte" fand ich auch für eine sehr nette Wortschöpfung, oder den Satz: "Herr Ficht schrubbt sich mit irgend so 'ner Sülze das Zahnfleisch." Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich hätte, wenn ich so ein Buch gratis verteile - und es ist eine Entscheidung, so ein Buch gratis zu verteilen -, dann doch darauf gepocht, dass man eine Neuübersetzung macht beziehungsweise den Herrn Bürgermeister bittet, im Vorwort doch einen kleinen Kommentar dazu abzugeben, was zu dieser Übersetzung zu sagen ist.

 

Im Übrigen ist einer der am häufigsten verwendeten Ausdrücke in diesem Buch das Wort "Frot" beziehungsweise "verfrottet". Das kommt zirka hundert Mal vor. Also der Grüne Klub ist jetzt ausgeschlossen von diesem Gewinnspiel, weil sie es dort schon wissen, aber wer mir innerhalb von zwei Sekunden sagen kann, was "verfrottet" heißt, den lade ich nachher auf ein Glaserl ein. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.- Zwischenruf von GR Godwin Schuster. - GR Heinz-Christian Strache: Der Herr Schuster hat es gelesen! - GR Dipl Ing Martin Margulies: Entweder wollen sie nicht, oder sie wissen es nicht! - Weitere Zwischenrufe.)

 

Also gut, ich weiß mittlerweile dank "Wikipedia", was "Frot" beziehungsweise "verfrottet" heißt. Es ist nicht ganz jugendfrei; ich kann es natürlich hier sagen, wenn es gewollt wird. (GR Heinz-Christian Strache: Bitte, ja! - Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Ja? Also: "Frot" kommt aus dem Französischen, "frotter" ist gleich "reiben". Es ist eine sexuelle Praktik, bei der zwei Männer ihre Genitalien zum Zweck der Stimulation des Penis aneinander reiben. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) "Frot" wird häufig dann angewendet, wenn Analsex oder Oralsex zwischen den Partnern nicht gewünscht wird.

 

Jetzt wissen wir, was "verfrottet" heißt. Ich vermute einmal, wir wissen auch, welches englische Wort ursprünglich benutzt wurde. Ich habe auch sehr viele Deutsche in meinem Bekanntenkreis, auch Schweizer und Schweizerinnen, aber das Wort "verfrottet" kannte wirklich niemand. Vielleicht wurde es 1985 manchmal verwendet; keine Ahnung. Also: Bitte neu übersetzen - danke! Vielleicht auch ein Hinweis an den Diogenes Verlag, mit lieben Grüßen aus dem Wiener Gemeinderat.

 

Die natürlich viel ernsthaftere Kritik an dieser Aktion selbst - und dafür haben sich auch meine Kolleginnen Monika Vana und Marie Ringler immer wieder eingesetzt - ist folgende: Wir haben bei dieser Aktion zum vierten Mal einen Mann! Ich freue mich, denn ich wollte unbedingt, dass ich das jetzt hier sage, auch als Mann: Ich finde es schon blöd, ganz ehrlich, dass wir vier Gratisbücher in der Stadt so verteilt haben, als ob es keine Schriftstellerinnen gäbe!

 

Ich meine, hier wäre es dringend an der Zeit, und wir wünschen uns aus grüner Sicht, dass, wenn es diese Aktion zehn Jahre gibt - und die Stadt Wien wird sich sicher groß feiern, wenn es das zehn Jahre gibt! -, das Verhältnis fünf zu fünf steht. Das ist mein Wunsch: Nach zehn Jahren der Aktion "Eine Stadt. Ein Buch" wollen wir fünf Schriftstellerinnen und fünf Schriftsteller gehabt haben. (Beifall bei den GRÜNEN.) Im Grunde ist ja mittlerweile auch schon angekündigt worden, dass das kommen wird, und wir sehen das auch als einen Erfolg unsererseits.

 

Ein anderes Problem, das wir mit diesem Akt an und für sich haben, war das, was uns vorgelegt worden ist: Wir wissen einfach nicht, was wir hier genau finanzieren, ehrlich nicht! Es wird zwar kurz erwähnt, wer Honorar bekommt und wer nicht, aber bei der Projektbeschreibung wurde uns unter anderem auch erzählt, dass es um eine Lesung geht, in der Frau GRin Vitouch liest.

 

Frau Gemeinderätin! Ich weiß - Sie brauchen keine tatsächliche Berichtigung zu machen -, Sie haben uns im Ausschuss erklärt, dass Sie kein Honorar bekommen haben und dass Sie das gratis gemacht haben. Nur: Was finanzieren wir jetzt eigentlich, wenn in einem Akt drin

 

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