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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 31.03.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 52

 

steht, dass Sie eine Lesung halten? Das kostet so und so viel Euro, wir stimmen ab und sollen dafür oder dagegen sein, und dann heißt es: Nein, das wird eh nicht bezahlt. - Also was finanzieren wir? Wir würden das gerne wissen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Michael Ludwig. Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Michael Ludwig (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Angst meines Vorredners, dass die Wiener das Buch nicht verstehen, habe ich nicht. Das hat schon der erste Tag gezeigt, als ein Großteil der Auflage bereits verteilt war und nicht nur... (GR Marco Schreuder: Aber noch nicht gelesen! - Heiterkeit bei den GRÜNEN und der FPÖ.) Ich bin ja noch nicht fertig. Wenn Sie mir die Chance geben, einen zweiten Satz zu sagen, werde ich gerne noch etwas dazu ergänzen.

 

Es gibt mittlerweile schon eine Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts, das sich auch mit der Frage beschäftigt hat, inwieweit die Befragten - es waren an die 300 Personen, die befragt worden sind - die ganze Aktion wahrgenommen haben und inwieweit da die Bücher nicht nur genommen, sondern auch gelesen worden sind. Das Erfreuliche an dieser Aktion ist, dass sie zeigt, dass von den Befragten in der Gesamtaktion 44 Prozent, also fast die Hälfte, von der Aktion wussten, und von jenen, die das Buch auch genommen haben, ein großer Teil schon in der Umfrage gesagt hat, dass er bereits begonnen hat, das Buch auch zu lesen. Es ist also nicht so, dass sie, wie manche behaupten, das Buch nur abholen, sondern es gibt sehr wohl auch einen Bezug, das zu lesen. (GR Heinz-Christian Strache: Und der Duden hat neue Verkaufsrekorde! In der Zwischenzeit hat der Duden neue Verkaufsrekorde! - Weitere Zwischenrufe.)

 

Das ist ja in der Tat auch das, was erreicht werden soll, dass die Menschen die Möglichkeit nutzen, in Bildungsinstitutionen - und dort sind die Bücher ja auch verteilt worden -, in Buchhandlungen, in Volkshochschulen, auch in Magistratischen Bezirksämtern und in anderen Einrichtungen mehr sich mit dem Lesen und mit dem Buch auseinander zu setzen. Das ist tatsächlich gelungen, denn wenn Sie gesehen haben, mit welcher Begeisterung es anschließend Diskussionen gegeben hat wie auch nach der Lesung, die Frau GRin Vitouch gehalten hat... (GR Marco Schreuder: Das Diskussionsforum ist geschlossen worden! Das gibt es nicht mehr!)

 

Na ja, schauen Sie, ich kann Ihnen nur meine Eindrücke nennen. Ich war bei Diskussionen über dieses Buch dabei, ich war auch bei der Veranstaltung dabei, an der John Irving selbst teilgenommen hat. Er spricht ja selbst Deutsch, er spricht auch selbst über die Ausdrücke, die in dem Buch vorkommen. Darum verstehe ich hier Ihren Einwand, ehrlich gesagt, nicht. Ich verstehe auch nicht, warum Sie jetzt wieder die Lesung von Frau GRin Vitouch zitieren, obwohl schon im Ausschuss ganz klargemacht worden ist, dass Frau GRin Vitouch diese Lesung ehrenamtlich gehalten hat. (GRin Mag Marie Ringler: Weil es im Akt steht! Das ist es!)

 

Na, wenn Sie sehen, dass eine Auflage von hunderttausend Büchern stattfindet (GR Heinz-Christian Strache: Wohin geht das Geld? Wohin fließt das Geld?), die nicht nur gedruckt, sondern auch verteilt worden sind und die in einer großen Werbekampagne vorgestellt worden sind, dann können Sie sich vielleicht vorstellen, dass 12 000 EUR nur einen Bruchteil der Gesamtkosten ausmachen und dass der überwiegende Anteil der Kosten von privaten Sponsoren getragen worden ist. Die 12 000 EUR wären nicht einmal ausreichend für die Abdeckung, wenn man so will, des Autoren- und Übersetzungshonorars, und im Wesentlichen, muss man sagen, geht ein Großteil der Kosten auch in die Bewerbung dieser Aktion. Und die Umfrage des FOKUS-Instituts, die ich zitiert habe, zeigt ganz deutlich, dass die Wienerinnen und Wiener diese Aktion wahrgenommen haben, sie registriert haben und auch bereit sind, sich damit auseinander zu setzen.

 

Wenn ich vielleicht noch etwas zu der Begrifflichkeit sagen darf, weil Sie das auch angesprochen haben: Man muss die Gesamtaktion in einer Reihe sehen, und das ist in der Bewerbung auch immer angesprochen worden. Sie werden sich erinnern können, das erste Buch war von Frederic Morton; das war ein Buch, das sich mit dem Wien in der Vorkriegszeit auseinander gesetzt hat, also der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. (GRin Mag Marie Ringler: ...Ihr Beitrag!) Imre Kertész war ein Autor, der sich mit dem Zweiten Weltkrieg, mit dem Nazi-Regime und mit seinem KZ-Aufenthalt beschäftigt hat. (GR Marco Schreuder, am Wortschluss das “s“ betonend: Kertész!) Simmel hat sich mit der unmittelbaren Nachkriegszeit auseinander gesetzt, und John Irving hat in seinem Buch "Lasst die Bären los!" versucht, sich mit dem Wien der 60er Jahre auseinander zu setzen. (GR Marco Schreuder: …die Übersetzung nicht!)

 

Es war, wenn man so will, der Anspruch, bei jedem dieser Bücher einen Wien-Bezug herzustellen und unterschiedliche Blickwinkel auf unsere Stadt zuzulassen. Ich halte das für richtig, und ich glaube, man sollte nicht versuchen, Autorinnen und Autoren zu zensurieren, denn auch die Übersetzung ist ja vom Autor freigegeben worden. Wenn Sie bei einer der Veranstaltungen mit dabei gewesen sind, in denen John Irving aufgetreten ist, dann werden Sie ja bemerkt haben, dass er, der selbst viele Jahre in Wien zugebracht hat und im 4. Bezirk wohnhaft gewesen ist, dort diese Sprache auch gesprochen hat und ganz bewusst die Sprache der 60er Jahre einfangen wollte, um die Atmosphäre des Wiens der 60er Jahre zum Ausdruck zu bringen.

 

Darum verstehe ich auch nicht die Kritik des Kollegen Stefan mit Begrifflichkeiten, die in den 60er Jahren selbstverständlich verwendet worden sind (Zwischenrufe bei der FPÖ.), die wir aber heute bewusst nicht mehr verwenden würden, weil es auch einen Veränderungsprozess in der Sprache von den 60er Jahren bis heute gegeben hat. (Zwischenruf von GR Mag Harald STEFAN.) Aber wir dürfen nicht zwei Dinge miteinander vermischen: Das eine ist eine Dokumentation, und das

 

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