Gemeinderat,
8. Sitzung vom 24.04.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 57
Ich komme zu meinen Fragen: Gibt es von Ihrer Seite konkrete Maßnahmen, um die hohen Kosten doch abzusenken? Können Sie außerdem definitiv ausschließen, dass in dieser Grundversorgungsschiene Asylwerber, die rechtlich keine mehr sind, versorgt werden, obwohl sie keinen Anspruch mehr auf diese Versorgung haben, die ja aus Steuergeldern geleistet wird?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Zuerst möchte ich Ihre
Behauptung nicht unwidersprochen lassen, dass ein großer Teil der Flüchtlinge
versucht, falsche Tatsachen zu präsentieren, um sich Asyl zu erschummeln. Ich
glaube wirklich, dass wir uns dazu durchringen sollten, gerade bei diesem Thema
sehr sachlich zu bleiben! Ich weiß, dass das nicht ganz emotionslos geht, das
merke ich an mir selbst, aber ich bemühe mich darum. Ich hoffe, Sie merken,
dass wir versuchen, möglichst sachlich zu diskutieren.
Natürlich gibt es hier, wie in jedem anderen Bereich auch, Menschen, die
sich nicht an Regeln halten. Eine große Mehrheit tut dies jedoch. Deswegen
kämpfe ich auch dafür, dass die Verfahren anständig und vor allem sehr rasch
abgewickelt werden, denn dann wird genau unterschieden, und diejenigen, die
Anrecht auf Asyl haben, bekommen es auch und befinden sich nicht mehr in dieser
menschlich schwierigen Situation, nicht zu wissen, wie die Zukunft aussehen
wird.
Man muss sich einmal vorstellen, was es zum Beispiel für eine Frau mit
zwei, drei kleinen Kindern bedeutet, nicht zu wissen, wie ihr Leben weitergehen
und wie sie in Zukunft ihre Existenz bestreiten wird. Es geht also darum, dass
Menschen möglichst rasch aus dieser Situation herauskommen.
Gleichzeitig sollten aber diejenigen, die wirklich keinen Anspruch
haben, entsprechend rasch einen ablehnenden Bescheid erhalten, denn es bringt
überhaupt nichts, wenn sich das jahrelang hinzieht.
Ich würde wirklich bitten, dass wir bei so einem schwierigen Thema
versuchen, bei der Sachlichkeit zu bleiben!
Von unserer Seite gibt es vom Inhaltlichen überhaupt keine Maßnahmen,
auf die Kosten Einfluss zu nehmen. Das ist auch gar nicht möglich, denn in der
15a-Vereinbarung sind die Höchsttagsätze für die Betreuung ganz genau geregelt.
Es wird hier genau unterschieden zwischen – das ist ein blöder Begriff,
ich sage es aber der Kürze halber – "normalen Flüchtlingen“,
“traumatisierten Flüchtlingen“ und “unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlingen", und in der letzten Gruppe werden auch wieder entsprechende
Unterscheidungen getroffen, das erspare ich Ihnen jetzt aber aus Zeitgründen.
Die Kosten werden jeweils ganz genau festgelegt. Es ist genau festgelegt, wie
viele Betreuer oder Berater auf wie viele Flüchtlinge kommen. Jedenfalls ist
unser Einfluss auf die Kosten sehr gering. Sicherlich sagen wir aber zum
Beispiel nicht: Wir bieten einen Deutschkurs weniger an, dann wird es billiger.
Wir glauben nämlich aus politischen Gründen, dass Deutschkurse eine sinnvolle
Investition sind.
Zu Ihren Fragen nach dem Abschub: Die Entscheidung, ob jemand
abgeschoben wird oder nicht, liegt ausschließlich bei der Fremdenpolizei. Hier
haben wir überhaupt keinen Einfluss. Wir können und wollen auch nichts dazu
beitragen, denn die Fremdenpolizei hat ihre Ausbildung und trifft entsprechende
Maßnahmen, um hier zu Entscheidungen zu gelangen.
Aber ich wiederhole noch einmal: Diejenigen – und das ist jetzt
nicht irgendeine Augenzwinkerei von uns, sondern eine ganz klare Regelung in
der 15a-Vereinbarung –, die de facto oder aus rechtlichen Gründen nicht
abschiebbar sind, werden von uns wie von allen anderen Bundesländern auch
betreut. Das ist Teil der 15a-Vereinbarung, und ich glaube, dass das ein guter
Teil ist. Die Frage des Abschubs hingegen hat ausschließlich die Fremdenpolizei
zu behandeln, damit haben wir nichts zu tun.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke.
Letzte Zusatzfrage: Frau GRin Mag Korun. – Bitte schön.
GRin Mag Alev Korun (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Stadträtin!
Letzte Woche hat das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte in
einer Pressekonferenz die neuen so genannten Fremdengesetze Österreichs,
darunter das Fremdenpolizeigesetz und das Asylgesetz, scharf kritisiert und –
ich zitiere – als „schärfste und restriktivste Regelung Europas“
bezeichnet.
Diese Bestimmungen sind seit 1. Jänner 2006 in Kraft, und die Praxis
verschärft sich auch zusehends. Wie der Öffentlichkeit vorletzte Woche bekannt
wurde, gibt es den Fall des Herrn Bakary J, der mutmaßlich von
Fremdenpolizisten, die ihn abschieben hätten sollen, nach der gescheiterten
Abschiebung misshandelt wurde. Diese Gesetze zeigen inzwischen also auch in der
Praxis der Behörden sehr negative Auswirkungen!
Meine Frage bezieht sich auf die Betreuung des Herrn Bakary J, der
inzwischen noch immer beziehungsweise wieder in Schubhaft sitzt. Uns ist
bekannt geworden, dass er auf Grund der Verletzungen, die ihm zugefügt wurden
beziehungsweise die er erlitten hat, dringend zum Beispiel eine augenärztliche
Untersuchung bräuchte, welche ihm jedoch bis jetzt in der Schubhaft verweigert
wurde.
Was tut die Stadt Wien in einem solchen Fall beziehungsweise in Fällen
von Personen, die in Schubhaft sitzen und die nötige gesundheitliche Versorgung
nicht bekommen können, auch wenn es akute Fälle sind, wie im Fall vom
Bakary J? – Danke.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Die Stadt Wien setzt
selbstverständlich auch diesbezüglich sehr viele positive Aktivitäten. Das
möchte ich betonen: Falls Sie glauben sollten, dass wir sagen: Das geht uns
nichts an!, dann muss ich Sie enttäuschen. Selbstverständlich sind wir auch in
dieser Hinsicht aktiv. Es werden bei uns eine Reihe von Maßnahmen getroffen,
damit Menschen, die in Schubhaft sind, medizinisch betreut werden.
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