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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 108

 

ist alles wieder okay? (GR Heinz-Christian Strache: Ärztliche Hilfe bei Krankheitsfrüherkennung! Sie hören ja nicht zu!) - Ich rede jetzt! Sie können sich dann zum Wort melden, Herr Strache! Sie haben 20 Minuten lang so viel Blödsinn gesagt, jetzt seien Sie bitte einmal still! (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Heinz-Christian Strache: Sie reden permanent Unsinn! Das ist permanenter Unsinn, den Sie hier verzapfen!)

 

Es sind nämlich genau diese unzulässigen Vereinfachungen, diese scheinbar leichten Auswege, die Sie anbieten, die eine rationale seriöse Drogenpolitik mit Ihnen nicht zulässt und unmöglich macht!

 

Wie ich gesagt habe, werde ich nicht weiter auf Ihre Anfrage eingehen, möchte aber trotzdem auch zur Wiener Verantwortung der Drogenpolitik ein bisschen etwas sagen, denn in dem Punkt haben Sie vielleicht Recht. Damit bin ich bei den politischen Verantwortlichen der Stadt Wien. Die Wiener Drogenpolitik sitzt tatsächlich seit Jahren wie das Kaninchen vor der Schlange und übt sich in dem Spiel, wer sich zuerst bewegt, verliert (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Da hat sich aber viel bewegt!), angefangen vom Drogenbeauftragten David über den Drogenkoordinator Dressel bis hin zur StRin Brauner, die diesen Stillstand in der Wiener Drogenpolitik politisch zu verantworten hat.

 

Hören wir seit Jahren auf alle Initiativen, die internationale Beispiele zum Vorbild haben? Brauchen wir nicht, wollen wir nicht, können wir uns politisch nicht leisten! (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Deswegen haben wir allein vier neue Projekte in der Stadt gehabt, weil wir nichts tun!) Aus Furcht, Frau Stadträtin? Aus Furcht vor dem Boulevard? Oder ein bisschen aus den Absichten des rechten Randes?

 

Lassen Sie mich hier einige Beispiele aufzählen:

 

Lange vor der Einführung der unsäglichen Schutzzone am Karlsplatz haben dort arbeitende StreetworkerInnen Alarm geschlagen. Lange Zeit hatte die Polizei im Einvernehmen mit Streetwork nämlich dafür gesorgt, dass sich die dort aufhaltenden Personen der Szene so verhalten, dass die Belastung der AnrainerInnen und PassantInnen so gering wie möglich gehalten wurde. Der Szene wurde ein Bereich abseits des Haupteingangs zugewiesen, in der ihre Anwesenheit toleriert wurde. Die Polizei kontrollierte die Einhaltung dieser Vereinbarung. Plötzlich führte die Polizei diese Kontrolle aber nicht mehr oder weniger durch. Suchtkranke Menschen begannen, auch andere Plätze rund um den Karlsplatz zu frequentieren und es kam zwangsläufig zu verstärkten Problemen mit AnrainerInnen und PassantInnen. Die daraus resultierende aufgeheizte Stimmung, Frau Stadträtin, war für die konservative Ordnungsmacht natürlich die perfekte Voraussetzung, um dem Pavillon Karlsplatz den Garaus zu machen. Da machen wir Schutzzonen, schicken die Leute weg, wer sich nicht daran hält, wird gestraft und das Problem ist damit gelöst. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sie wissen aber schon, dass das in der Polizeiverantwortung liegt!)

 

Warum wir Ihnen das vorhalten, sehr geehrte Frau Stadträtin, obwohl ich durchaus weiß, dass das eine Bundesmaßnahme ist? (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Da bin ich gespannt!) Weil Sie all das gewusst haben! (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Und?) Sie haben gewusst, dass sich am Karlsplatz seit Jahren eine Szene befindet, die dort Suchtmittel bezieht und auch konsumiert. Weil sie gewusst haben, dass sich viele jener suchtkranken, schwerkranken Menschen, die auf Grund ihrer Suchterkrankung nicht anders können, als intravenös zu konsumieren, diese Nadel im öffentlichen Raum setzen. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Ich bin nicht wirklich überrascht!) Weil Sie wissen, dass weggeworfene Spritzen im öffentlichen Raum, sei es in Telefonzellen, Parks oder Stiegenhäusern, nicht nur eine unzumutbare Belastung für die AnrainerInnen sind, sondern auch ein Gesundheitsrisiko für die kranken Menschen bedeuten.

 

Sie wissen das alles und haben seit spätestens 2003 Maßnahmen in der Schublade, die Ihnen einer der namhaftesten Experten, unser sehr geschätzter Prof Alfred Springer, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts, erstellt hat. Es geht, Sie werden es nun bereits erraten haben, um Konsumräume, die in der Schweiz, in Holland und in Deutschland bereits Realität sind und die laut Expertise von Prof Springer sinnvoll sind, gerade wenn sich die Diskussion wieder um steigende Drogentote dreht. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Und was glauben Sie, dass die Polizei rund um Konsumräume macht?) Es hat in der letzten Ausgabe der Zeitung "Falter", vielleicht haben Sie es gelesen, im Interview sogar Caritasdirektor Küberl dringend geraten, endlich Konsumräume einzurichten. Und wissen Sie, was Caritasdirektor Küberl auch sagt? Es fehlt nur am politischen Willen! An Ihrem politischen Willen, Frau Stadträtin! (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Was glauben Sie, dass rund um Konsumräume passiert? Was glauben Sie, dass die Polizei dort macht? Haben Sie die internationalen Beispiele angeschaut?) Sie wissen, dass Prof Springer, Dr Haltmayer, alle dafür sind! (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Was passiert rund um Konsumräume? - GR Mag Wolfgang Jung: Wer sind alle? Sie sind dafür, aber Sie sind nicht alle!) - Ja, ich bin dafür! Alle ExpertInnen, die sich mit diesem Thema auseinander setzen, sind dafür! (GR Johann Herzog: Die heilige Inquisition!)

 

Kurz zum Verein Wiener Sozialprojekte: Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Ganslwirts, einer enorm wichtigen niederschwelligen Einrichtung für Suchtkrankenhilfe hat man Sie, Frau Stadträtin, wieder einmal in der Sonne jener Wiener Suchtpolitik gesehen, deren Niedergang Sie durch Untätigkeit fördern. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Nicht Sie auch!) 5 Millionen Spritzen haben die MitarbeiterInnen in den vergangenen 15 Jahren gekauft. Das ist gut so und enorm wichtig, nicht nur für die Gesundheit suchtkranker Menschen, sondern auch für den öffentlichen Raum, weil es 5 Millionen Spritzen sind, die nicht in den Parks oder Telefonzellen entsorgt werden. (GR Mag Wolfgang Jung: Vielleicht wären es nur 3 Millionen, wenn man es ihnen nicht so leicht macht, Frau Kollegin!) - Ich habe Ihnen heute schon gesagt, beschäftigen Sie sich einmal mit

 

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