Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 118
DEMATIC General Holding hat auch hier das Zentral- und Osteuropa-Headquarter eingerichtet; Nespresso, IBM, Coca Cola, Nike und so weiter.
Natürlich ist diese Entwicklung nicht ausschließlich
eine Frage der Wiener Standortpolitik; niemand von uns kommt auf diese Idee. (GR Dr Matthias Tschirf: Nein, das ist
der Steuerpolitik des Bundes zu verdanken!) Würde man, Herr Klubobmann -
was ich auch zu schätzen weiß -, auf die Steuerpolitik des Bundes allein
abstellen und sagen, dass es nur an der Steuerpolitik liege, dann stellt sich
die Frage: Warum sind dann die Headquarters nach Wien und nicht nach
Niederösterreich, nach Wiener Neustadt oder St Pölten, verlagert worden? (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Genauso wie die Wiener Wirtschaft, Herr Klubobmann,
meine sehr geehrten Damen und Herren, haben auch wir rechtzeitig und sehr früh
die Vorteile unserer geopolitischen Lage erkannt. Wir haben sehr früh damit
begonnen, nicht nur unsere Fühler nach Osteuropa auszustrecken, sondern auch
dort Fuß zu fassen und ein Netzwerk der Kontakte herzustellen. Wir waren sicher
einer der ersten Hauptstädte in den alten Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union, die ihre Strategien sehr präzise auf diese neue Entwicklung der
Erweiterung der Europäischen Union ausgerichtet haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man ein
handfestes Beispiel dafür wählen will, dass wir sozusagen den Ball viel früher
als andere aufgenommen haben, dann kann man das an der Infrastruktur sehen. Zu
demselben Zeitpunkt, zu dem jetzt Staatssekretär Kukacka im Verkehrsministerium
künftige Pläne über die Entwicklung der Bahn und ASFiNAG-Ausbaupläne
präsentiert, verkehrt bereits das von Wien mittelbar finanzierte Schiff
zwischen Bratislava und Wien im Linienverkehr seit 1. Juni.
Da sieht man schon die Unterschiede im Erkennen und
im Entwickeln von Projekten, ohne dass ich jetzt behaupten möchte, dass das
dieselben Größenordnungen sind. Aber es bestünde ja kein Hindernis dafür, meine
sehr geehrten Damen und Herren, dass von der Regierungsseite nicht schon längst
alles hätte unternommen werden können, um die Infrastruktur, die von der
Industriellenvereinigung, von der Bundeswirtschaftskammer und von allen
gefordert wird, gegenüber Osteuropa, gegenüber der Slowakei, gegenüber Ungarn
und gegenüber der Tschechischen Republik herzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am vergangenen
Dienstag hat unser Bürgermeister gemeinsam mit dem Präsidenten der Wiener
Industriellenvereinigung ein Abkommen über die weitere Entwicklung der Stadt
unterzeichnet, auch genau in Bezug auf diese neue regionale Positionierung. Ich
denke, dass es wichtig ist, neben den Fragen, die sich aus der klein- und
mittelunternehmerischen Struktur der Wiener Wirtschaft ergeben, sich auch die
Frage zu stellen: Welche Strategien entwickeln wir, um Wien als modernen
Industriestandort für eine moderne High-Tech-Sachproduktion auszurichten?
Ich glaube, dass über das hinaus, was auf diesem
Gebiet in den letzten Jahren schon geschehen ist - und ein Paradebeispiel dafür
ist eben Henkel -, noch einiges zu machen ist, und das wollen wir gemeinsam
umsetzen. Auf der anderen Seite, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind
weiterhin die Klein- und Mittelunternehmen, die das Rückgrat der Wiener
Wirtschaft sind, auch das zentrale Thema unserer gemeinsamen
Wirtschaftspolitik, einer Wirtschaftspolitik nicht nur gemeinsam mit der
Wirtschaftskammer, sondern genauso gemeinsam mit der Arbeiterkammer und der
Gewerkschaft.
Am 20. April 2006 - ich darf das den Mitgliedern
der Landesregierung noch einmal in Erinnerung rufen - haben wir in der
Landesregierung für genau diese Klein- und Mittelunternehmungen ein Förder- und
Finanzierungspaket im Ausmaß von rund 30 Millionen EUR beschlossen.
Da fließen auch Mittel ein, die von der Bundesregierung angeboten worden sind.
Wir haben unsere Mittel aufgestockt, sodass gerade für die Klein- und
Kleinstunternehmungen 15 Millionen EUR an Förderungsmaßnahmen im Bereich
der Innovationsförderung zur Verfügung stehen. Ich denke, meine sehr geehrten
Damen und Herren, dass man mit Fug und Recht sagen kann, dass Wien in der
Förderung der Innovation, in der Förderung der Kreativität eines zeigt:
Mittlerweile ist der Begriff des Creative-Industries-Sektors nicht nur eine
Formel in Lehrbüchern, sondern auch tatsächlich gelebte politische und
wirtschaftliche Realität.
Aber Wien ist auch eine Stadt der Wissenschaft und
Forschung. Wien ist eine Stadt der universitären Forschung und der Standort
bedeutender internationaler Forschungsinstitute, aber auch von
Forschungseinrichtungen großer, internationaler Unternehmungen. Der
erfolgreiche internationale Konzern deutscher Herkunft Boehringer Ingelheim
wird Anfang Juli in Meidling, an seinem Hauptstandort, ein neues
Bioforschungsinstitut und die Bürozentrale einrichten, von der aus der gesamte
osteuropäische Markt gesteuert und gestaltet wird.
Wir sehen auch in den Universitäten, die in Wien
sind, ein wichtiges Asset für die Entwicklung der Stadt und nicht nur eine
Einrichtung, die in der Bundesverantwortlichkeit liegt. Daher haben wir uns
entschlossen, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Grundsteuerzuwachs,
der uns quasi in den Schoß gefallen ist, durch eine wahrscheinlich fehlerhafte
Entscheidung der politisch Verantwortlichen der Bundesregierung bei der
Ausgliederung der Universitäten (GR
Christian Oxonitsch: Wie üblich!), nicht in die eigene Tasche zu
stecken, sondern über den Wiener Wissenschafts-, Technologie- und Forschungsfonds
wiederum den Universitäten zurückzustellen. Das sind immerhin
1,2 Millionen EUR, auf einen längeren Zeitraum gerechnet, also nicht
nur in einem Jahr, sondern auf Dauer, solange es diese merkwürdige
Grundsteuerregelung gibt.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Auch hier drängt sich die Frage auf: Was ist denn schon dabei, was
erzählt uns da der Finanzstadtrat? Ist es nicht selbstverständlich, dass man
das tut? - Ich kann Ihnen nur sagen: Alle anderen österreichischen
Universitäten können von dieser Entwicklung nur träumen! Sie können nur davon
träumen, dass das tatsächlich geschehen
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