Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 118
dem anderen vor, was er machen hätte sollen oder nicht machen hätte sollen. Gestatten Sie mir, einen einzigen Aspekt in einer etwas übergeordneten Etage anzusprechen: Wenn Sie am Wochenende 16.,17.,18. Juni das deutsche "Handelsblatt" mit der Aufstellung der Rekordgewinne des Jahres 2005 gelesen haben, dann wissen Sie: Die zehn am meisten verdienenden Unternehmungen in der Europäischen Union haben einen Gewinn von 95,1 Milliarden EUR erzielt. Die 500 größten Unternehmungen haben einen Erfolg von 391 Milliarden erzieht. - Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen, was das bedeutet! - Und dann heißt es in diesem Artikel:
„Trotz der Rekordergebnisse
stellen aber nur wenige Unternehmen Mitarbeiter ein. Die Nummer 1 in
Europa, der kräftig wachsende Ölkonzern Royal Dutch, kam sogar mit weniger
Angestellten aus. Insgesamt waren im vergangenen Jahr bei den 500 größten
Unternehmen zwar 3 Prozent mehr Leute beschäftigt als ein Jahr zuvor.
Nimmt man aber die Zukäufe vieler Unternehmen heraus, ergibt sich ein leichtes
Minus."
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Das ist in Wirklichkeit die Frage, von der ich erwartet hätte, dass
sich die europäische Politik hier am Gipfel in Wien damit zentral beschäftigt:
Was tut die europäische Politik in einer Entwicklung, in der Milliardengewinne
erzielt worden sind, die sich dann verselbstständigen, die dann ins Spekulative
hineingehen - weil da, sozusagen dankenswerterweise, natürlich auch auf die
BAWAG Bezug genommen worden ist? Aber das muss man ja sehen, da ist ja eine
Gesamtentwicklung im Gange! - Ich hätte mir erwartet, dass der von Klubobmann
Tschirf hier gerühmte Wolfgang Schüssel auch in dieser Frage etwas mehr Profil
gezeigt hätte und sich mit dieser Frage wirklich Lorbeeren verdient hätte. Das
ist die europäische politische Aufgabe, sich mit diesem Thema auseinander
zu setzen! Alles das, was wir diesbezüglich auf Bundesebene, auf Landesebene
und Gemeindeebene tun können, nimmt sich im Vergleich zu dieser Ausgangslage
mehr als bescheiden aus. Und ich ziehe bei jeder Gelegenheit meinen Hut vor den
Kleinst- und Kleinunternehmungen, die nicht aufgehört haben, das Rückgrat der
Beschäftigung in Wien zu sein. (Beifall
bei der SPÖ. – StR Dr Johannes Hahn: Gott sei Dank!)
Aber bleiben wir noch
einmal bei dem schon mehrfach angesprochenen Vergleich mit Oberösterreich. -
Also, jetzt bist du ja wieder hier im Saal. Du hast ja meine Motivation, mich
mit der oberösterreichischen Wirtschaftssituation zu beschäftigen, angezündet,
und da habe ich mich auch mit der Situation der Arbeitsmarktentwicklung
beschäftigt. Wenn du jetzt sagst: Oberösterreich super, weniger Arbeitslose!,
und die Situation im Mai 2006 mit der Entwicklung in Wien vergleichst, dann kannst
du das auf einen einfachen Nenner bringen: Oberösterreich hat mehr
Arbeitslosigkeit abgebaut, weil es mehr Menschen in Schulung gestellt hat! -
Jetzt teile ich die Einschätzung vieler, dass das in Ordnung ist: Bevor die
Menschen auf der Straße stehen, soll man ihnen Chancen bieten, sich weiter zu
qualifizieren und sich weiter auszubilden! - Aber mit der doppelten Messlatte
zu agieren - zu sagen, in Wien ist es pfui und anderswo ist es super -, das ist
nicht in Ordnung. (StR Dr Johannes Hahn:
Oberösterreich hat seit vielen Jahren die besten Ziffern! Da muss ja System
dahinter stecken!)
In Oberösterreich ist die
Zahl der Nettobilanz - also die Zahl, die übrig bleibt, wenn man die
Aufstockung der Schulungsplätze wegnimmt - nur halb so hoch wie in Wien! Also,
wir haben 1 075 in der Nettobilanz - auch nur eine bescheidene Zahl, aber
immerhin so viele Arbeitslose real weniger -, in Oberösterreich sind es nur
540. Warum ich dann Oberösterreich als das große Vorbild nehmen soll, verstehe
ich überhaupt nicht. (StR Dr Johannes
Hahn: ...hat seit sechs, sieben Jahren die besten Ziffern! Bei allen möglichen
Kennziffern! Und das über Jahre!)
Ich denke also, dass diese
Neigung, lieber Gio, andere Bundesländer immer heranzuziehen und als Idol oder
als Benchmark hochzujubeln, bei euch um sich greift. (StR Dr Johannes Hahn:
Als Benchmark!) In der Rede von Cortolezis-Schlager war plötzlich
Niederösterreich im Spiel. Sie hat wörtlich gesagt: „während sich die
Wirtschaftselite in Niederösterreich versammelt". - Ich weiß nicht, was
sie da gemeint hat und welchen Platz sie gemeint hat, wo sich die
internationale Wirtschaftselite bereits versammelt hat, aber ich vermute, sie
hat Maria Gugging gemeint. Anders kann ich mir das nicht erklären. Von einer
Versammlung war da eigentlich bisher nicht die Rede. Es war davon die Rede,
dass das Land Niederösterreich seine Vertreter im Gremium bestellt und die
Bundesregierung ihre Gremien bestellt hat. Es sind einfach
nur Beiräte geschaffen worden. Aber dass sich die Elite versammelt, davon weiß
ich nichts – wogegen ich in Bezug auf Wien, auf das Vienna Biocenter mit Fug
und Recht sagen kann: Dort hat sich tatsächlich Elite versammelt - und wir sind
auch stolz darauf, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der
SPÖ.)
Eben dieselbe, Cortolezis-Schlager, hat auch quasi
nach dem Schlagwort, wir seien sozusagen der Mühlstein um den Hals der
österreichischen Entwicklung und wir zögen sie zurück, darauf hingewiesen, dass
das reiche Österreich an der 4. Stelle liegt und Wien eigentlich nur an
der 6. Stelle, und hat gemeint, das sei ein Zeichen dafür, dass Wien ganz
schlecht sei.
Der kleine Unterschied besteht darin, dass Österreich
mit 23 Prozent über dem EU-Schnitt liegt, während Wien mit 73 Prozent
über dem EU‑Schnitt liegt. Es sind heute mittlerweile schon mehrfach die
Mathematiker angesprochen worden, insbesondere Margulies. Ich glaube, es bedarf
keiner hohen Kenntnisse der Mathematik, um gleich zu erkennen, wo die Lösung
liegt: Dadurch, dass Wien einen viel höheren Anteil am Wirtschaftswachstum, an
der Kaufkraft und an der Energie hat, ist Österreich überhaupt erst an diese
4. Stelle gelangt! So muss man das sehen, aber vielleicht bedarf es einer
gewissen Erinnerung, um sich das klarzumachen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch
eine Bemerkung an die Adresse von Margulies: Wir werden genauestens prüfen, wo
im Zahlendschungel des
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