Gemeinderat,
12. Sitzung vom 05.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 83
eben schon einmal schief gegangen ist und auch damals
gesagt wurde: Das wird sicher gut gehen. Das war nicht so! Ich wünsche der
Stadt Wien in dem Fall Besseres, aber es geht immerhin um
14 Millionen EUR, und ich wäre froh um eine entsprechende Auskunft. -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR
Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Kurt Stürzenbecher
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter
Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Kollege Blind hat gesagt, das ist ein Horrorakt. Ich
glaube, ein Horrorakt ist vor allem dann gegeben, wenn jemand den Akt überhaupt
nicht versteht; dann ist es vielleicht wirklich ein Horrorakt. Aber so, wie er
hier vorliegt, ist das ein sehr interessanter Akt und eigentlich nicht
ungewöhnlich.
Auch eine weitere interessante Meldung von Kollegen
Blind sei fürs Protokoll noch einmal genannt und damit der Nachwelt erhalten,
nämlich die "immerwährende Widmung". (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Das ist doch auch etwas, was ich heute das erste Mal gehört habe. Insofern
möchte ich das hier noch einmal betonen, wie Kollege Blind es ausgedrückt hat.
Nun möchte ich doch einige Worte zur Widmung sagen,
auch wenn es nicht unmittelbar Sache dieses Aktes ist. Aber wenn man es schon
diskutiert: Die Widmung war früher Schutzgebiet Park, Spk, und ist nach wie vor
Schutzgebiet Park. Es hat früher für das Kinderheim eine besondere
Bebauungsbestimmung gegeben, und jetzt gibt es eine weitere besondere
Bebauungsbestimmung, die eine Neubebauung zulässt, aber grundsätzlich ist es
noch immer Schutzgebiet Park. Deshalb kann ich von einer Zweckentfremdung hier
überhaupt nichts sehen.
Ursprünglich war das Testament natürlich ausgerichtet
auf Waisen - ich glaube, sogar ausschließlich "katholische Waisen"
ist damals dringestanden -, vom Grafen Andrassy, der das nach dem Tod seiner
Frau, der Gräfin Andrassy, eben testamentarisch so verfügt hat. Damals, und
auch noch Jahrzehnte später, war natürlich das Konzept einsehbar, dass man den
Waisen hilft. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das durchaus noch der Stand
der Wissenschaft - es gab ja nach dem Zweiten Weltkrieg sehr, sehr viele Waisen
-, dass hier ein Waisenhaus existiert.
Aber doch schon seit einiger Zeit ist die Forschung
weiter, ist die Pädagogik weiter, und man weiß - dem haben Sie ja auch nicht
widersprochen, Herr Kollege Blind -, dass das Waisenhaus, wie es früher eben
der Stand war, nicht mehr zeitgemäß ist. Wir haben jetzt die Konzepte von
Pflegeeltern, den persönlichen Umgang und nicht eine unpersönliche
Massenbetreuung.
In dem Sinn, glaube ich, und vor diesem Hintergrund
muss man jetzt eben hergehen und fragen: Wie können wir diese Liegenschaft -
wobei übrigens die Bebauung, die darauf vorhanden ist, dieses Gebäude, einen
sehr, sehr hohen Instandsetzungsaufwand haben wird, und deshalb ist auch die
Sache mit dem SOS-Kinderdorf nicht stichhaltig - möglichst sinnvoll verwenden?
Wie kann man hier auch dem ursprünglichen Zweck bestmöglich, wenn auch in
weiterentwickelter Form, gerecht werden?
Da kann man sagen, diese hochwertige Liegenschaft
soll sinnvoll verwertet werden, diese Mittel sollen für Zwecke der
Jugendwohlfahrt verwendet werden. Das muss man ja auch sagen: Das geht in die
Jugendwohlfahrt, in die Geschäftsgruppe Jugend, Bildung und so weiter.
Ich glaube, damit hat man auch - wenn auch in
weiterentwickelter Form - dem ursprünglichen Willen des Grafen Andrassy jetzt
weiter Rechnung getragen. Denn im buchstäblichen Sinn, so wie im Jahr 1903 -
oder wann das war -, kann man dem nicht mehr Rechnung tragen, und deshalb muss
man diese Idee weiterdenken. Die Idee ist sicherlich dadurch, dass das Geld in
die Jugendwohlfahrt geht, sehr gut weiterentwickelt, und ich glaube, Graf
Andrassy wäre damit auch - aber das ist jetzt natürlich nur eine Annahme, das
lässt sich nicht verifizieren - sehr einverstanden.
In dem Sinn meine ich: Man hat hier bei einer
Schätzung 7,5 Millionen EUR festgeschrieben gehabt, wir haben
14 Millionen EUR eingenommen oder werden sie einnehmen, und es ist
immerhin so, dass man damit für die Jugendwohlfahrt, für die Kinder und
Jugendlichen sehr, sehr gut abschneidet. Das ist das wirklich Wichtige.
Wie das letztendlich vor Gericht ausgehen wird, Herr
StR Ellensohn, weiß ich natürlich auch nicht hundertprozentig. Aber nach
Ansicht unserer Juristen sieht es für uns sehr gut aus. Es sind auch die Fälle,
die Sie genannt haben, juristisch nicht vergleichbar. Das möchte ich jetzt
nicht im Detail ausführen, ich kann es aber einmal in kleinerem Kreis tun; hier
ist jedoch beim vorletzten Tagesordnungspunkt nicht die Zeit dafür. Doch nach
Ansicht unserer Juristen im Haus sieht es juristisch für uns sehr gut aus. Wie
es, falls überhaupt eine Klage kommt, letztendlich ausgehen wird, weiß man nie
hundertprozentig.
Wir beschließen hier aber, indem wir im Sinne des
ursprünglichen Testaments des Grafen Andrassy und vor allem im Sinne der
Jugendlichen in Wien handeln, diesen Akt sehr gerne. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke sehr. - Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die
Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat auf das Schlusswort
verzichtet.
Wir kommen nun zur Abstimmung, wobei ich gemäß
§ 25 die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Gemeinderatsmitglieder
feststelle.
Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dem
Antrag der Berichterstatterin Folge leisten wollen, um ein Zeichen mit der
Hand. - Das ist mehrheitlich, gegen die GRÜNEN, angenommen (GR Kurth-Bodo
Blind: Nein, wir haben nicht
mitgestimmt!); Entschuldigung, das habe ich übersehen: gegen GRÜNE und
Freiheitliche. (GR Kurth-Bodo Blind: War
ich zu wenig heftig?)
Es waren so wenige Freiheitliche
hier. (GR Christian
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular