Gemeinderat,
14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 91
Arbeitsplätze ganz besonders wichtig sind. Seither sind 4 Prozent der Arbeitsplätze weniger geworden – weniger, das muss man sich vorstellen! -, während im Bund die Arbeitsplätze um 10 Prozent gestiegen sind. Meine Damen und Herren! Eine Stadt so teuer zu verwalten, ohne sie innovativ zu gestalten, das ist fahrlässig!
Im Gegensatz dazu steht die Reformpolitik der
Bundesregierung, die Wien zugute kommt. Und auch wenn das gestern von
Klubobmann Oxonitsch so abgetan wurde: 52 Prozent des gesamten Budgets
kommen vom Bund! Und im nächsten Jahr werden um 183 Millionen mehr kommen.
Bravo dieser Bundesregierung! (Beifall
bei der ÖVP.)
Eigentlich erwarte ich ja, dass Sie hier
mitklatschen, denn Sie sind ja Nutznießer dieser 183 Millionen! Wenn ich
mir etwa, Frau Kollegin, die Sozialhilfe mit 229 Millionen anschaue, so
kommen davon 183 Millionen vom Bund. Das heißt, 80 Prozent davon
trägt der Bund - und nicht Wien. (Beifall
bei der ÖVP. – GRin Mag Sonja Ramskogler: Ja, und wer schafft die Ursachen?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Politik heißt,
in Legislaturperioden zu denken. Das sollte man eben nicht, sondern man sollte
vielmehr in Generationen denken. Eine gute Politik muss innovativ sein, sie
muss auch mutig sein, und sie muss die notwendigen strukturpolitischen
Maßnahmen setzen. Der vorliegende Budgetentwurf für Gesundheit und Soziales ist
aber weder mutig noch ist er innovativ, und er ist vor allem auch nicht
transparent. (Beifall bei der ÖVP.)
Es gibt viele Baustellen. Ich möchte mich mit der
Pflegepolitik beschäftigen.
Frau Stadträtin! Sie haben bei Ihrer Antrittsrede im
Jahr 2004 ein Bekenntnis abgelegt: Sie wollen, dass die Menschen so lange wie
nur irgendwie möglich zu Hause bleiben können. - Ich habe damals gesagt: Da
haben Sie uns, die Wiener ÖVP, an Ihrer Seite, da sind wir Partner, denn auch
wir wollen das. Unser Credo war und ist immer: So viel ambulant wie möglich und
so viel stationär wie notwendig. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wir kennen die demographische Entwicklung. Wir
wissen, dass wir in 20 Jahren um 70 Prozent mehr 60-Jährige haben
werden. Wir wissen auch, dass sich die Hochaltrigen über 80 Jahre in den
nächsten 20 Jahren mehr als verdoppeln werden. Und es ist eben Aufgabe der
Politik, dafür zu sorgen, dass diese Damen und Herren ihren Lebensabend in
Würde verbringen können und auch in Würde beenden können.
Und hier, Frau Stadträtin, muss ich Ihnen sagen: In
diesem Bereich hat es in den letzten Jahrzehnten in Wien unglaubliche
Versäumnisse gegeben, und es ist zu ganz gravierenden Fehlentwicklungen
gekommen! Ich will jetzt nicht die Vergangenheit strapazieren, sondern in die
Zukunft schauen. Und da muss man eben aufpassen, und da wird die Wiener ÖVP
nicht müde werden, die Situation aufzuzeigen, denn wir wollen nicht, dass es in
Zukunft zu weiteren Fehlentwicklungen kommt. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Ausbau der mobilen Pflege - die uns allen, Ihnen
und uns, so wichtig ist - widerspiegelt sich in diesem Budgetentwurf in keiner
Weise. Nicht einmal ein Prozent Erhöhung! Oder es ist versteckt - denn
Transparenz ist ja nicht Ihre starke Seite. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wo sind die finanziellen Vorkehrungen, die den
Menschen ermöglichen, so lange wie nur irgendwie möglich zu Hause bleiben zu
können und gut und menschenwürdig betreut und gepflegt zu werden?
Da gibt es unglaubliche Mängel. Ich nenne Ihnen ein
Beispiel, das für viele weitere Fälle gilt: Ein Ehepaar, knapp über
80 Jahre, der Mann seit einer Oberschenkelhalszertrümmerung im Rollstuhl,
braucht täglich eine Heimhilfe für die Körperpflege. Von Montag bis Samstag
kommt jemand. Und vom 12. Jänner 2006 bis zum 13. August 2006 sind 25
– 25! - verschiedene Helfer gekommen. - Ich habe mich dann erkundigt, und die
Organisation hat gesagt: Ja, das stimmt, das kann man nicht wegdiskutieren.
Wirtschaftlich weht ein sehr rauer Wind, darunter leidet auch die Zeit beim
Klienten. Wegzeiten sind eigentlich gar nicht mehr leistbar.
Meine Damen und Herren! Dazu ist ein Kommentar
überflüssig. Diese Organisation, die das ehrlicherweise gesagt hat, steht Ihnen
sehr nahe. Das ist also ein Faktum, und da sind Änderungen angesagt, da ist
Handlungsbedarf gegeben! Da nützt es nichts, Bekenntnisse abzulegen, sondern da
ist es notwendig, Taten zu setzen (Beifall bei der ÖVP.) - weil wir eben
wissen, dass die Menschen so lange wie nur irgendwie möglich zu Hause bleiben
wollen.
Wir wissen aber genauso, dass, wenn Hochaltrige in
ein Heim kommen, die familiäre Atmosphäre und ein Pflegeplatz in der Nähe der
Wohnumgebung von größter Bedeutung sind.
Jetzt möchte ich sagen: Das eine tun und das andere
nicht lassen! - Ich werde immer wieder kritisiert, dass ich gegen große
Pflegeheime bin. Das stimmt nicht! Wir brauchen geriatrische
Sonderkrankenanstalten, und da sind größere Einheiten sinnvoll, weil natürlich
bei Pflegestufe 5 bis 7 medizinische Betreuung rund um die Uhr notwendig
ist, und das ist auch kostenintensiver.
Wir haben zwei Beispiele: Haus der Barmherzigkeit
Seeböckgasse und Tokiostraße, das in zwei Tagen eröffnet wird. Das sind
Vorzeigeprojekte! Frau Stadträtin, wer hindert Sie daran, zum Beispiel in Lainz
eine geriatrische Sonderkrankenanstalt einzurichten oder andere kompetente
Lösungen vorzuschlagen? (Zwischenbemerkung von Amtsf StRin Mag Renate
Brauner.) In Lainz geschieht nichts, Frau Stadträtin! (Weitere
Zwischenbemerkung von Amtsf StRin Mag Renate Brauner.) Ich spreche jetzt
von Lainz! Dort hat man jetzt statt Acht-Bett-Zimmern eben Sechs-Bett-Zimmer,
Bad und WC sind nirgendwo. Sie wissen ganz genau, dass noch
1 600 Damen und Herren dort sind und dass nur ein Drittel wirklich
rund um die Uhr medizinisch betreut werden muss, eben Pflegestufe 5 bis 7
hat. Da tun Sie nichts!
Was Sie tun, ist Folgendes: Sie schicken Pflegerinnen
und Pfleger frühzeitig in die Pension, 50 bis 60. 37 sind bereits verabschiedet
worden. Das tun Sie! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Kollegin Karin Praniess-Kastner und ich waren
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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