Gemeinderat,
17. Sitzung vom 25.01.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 78
sozialen
Systemen der 70er- und 80er-Jahre und mit einem Sichhinwenden zu den realen
Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts. Also leider, das hat man auch verpasst.
Besonders
empörend finde ich übrigens das Bekenntnis der Sozialdemokratie zur
Integrationsvereinbarung. Manche Mitglieder dieses Hauses, nicht zuletzt auch
Renate Brauner in der Zeit, wo sie Integrationsstadträtin war, haben die
Integrationsvereinbarung schärfstens kritisiert, haben mehrfach öffentlich
festgehalten – das ist übrigens alles in der APA zu finden, man braucht nur die
Stichworte einzugeben -, dass sie diskriminierend ist, dass sie
menschenverachtend ist, dass sie kontraproduktiv ist und dass es keinen Sinn
macht, Menschen unter Zwang dazu bringen zu wollen, Deutsch zu lernen. Jetzt ist
Schweigen im Walde und nicht nur Schweigen im Walde hier in Wien, sondern wir
haben es mit einem Regierungsübereinkommen zu tun, in dem dezidiert steht, dass
es ein Bekenntnis der neuen Regierung zur Integrationsvereinbarung gibt, also
daher auch der Sozialdemokratie, und dass diese explizit sozusagen
fortgeschrieben wird. Das verstehe ich nicht, meine Damen und Herren, das
verstehe ich auch deshalb nicht, weil das ein Konzept war, das in Wahrheit die
SPÖ seinerzeit während der blau-schwarzen Bundesregierung durchgedrückt hat,
erzwungen hat - und jetzt nimmt die Sozialdemokratie diese
Integrationsvereinbarung und führt sie fort und alles ist vergessen, aller
Protest ist vergessen und auch die eigenen Wortmeldungen sind vergessen!
Klimaschutz, Klimawandel in diesem Winter zu Recht in
aller Munde, bleibt in diesem Regierungsübereinkommen ein blinder Fleck. Dafür
gibt es Infrastrukturpläne, ganz besonders Autobahnbauprojekte, eines nach dem
anderen, aber es ist unklar, wie das angesichts turmhoher Schulden der ASFINAG
auch finanziert werden soll.
Die Ortstafelfrage ist bis auf Weiteres nicht gelöst.
Also ich schaue gespannt zu, ob zumindest dieses eine „Detail“ irgendwie zu
einer Lösung kommt.
Es gibt keine eingetragene Partnerschaft für Lesben
und Schwule und die Liste ließe sich an dieser Stelle beliebig fortsetzen.
Wahrlich muss man sagen: Das ist tatsächlich eine Regierung der gebrochenen Versprechen und insofern gibt es für mich nur ein Fazit: Entweder es ist Ihnen egal, was ich besonders traurig fände, oder Sie wissen nicht, wie man verhandelt, was ich genauso traurig finde. Aber in beiden Fällen kann man sich nicht erklären wie es sein kann, dass das das Ergebnis einer verhandelnden Sozialdemokratie sein kann!
Das sind wirklich mäßig rosige Aussichten für Wien.
Und die Finanzausgleichsverhandlungen für das Jahr 2008 stehen an und auf
die Länder kommen massive Belastungen zu, denn bei vielen Konzepten, die man in
Angriff genommen oder angekündigt hat - sollte man vielleicht vorsichtig sagen
-, ist es bis zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen unklar, wie und ob sie
überhaupt finanziert werden können und es ist eh schon die Diskussion, dass die
Länder stärker zur Kassa gebeten werden, damit man eine Vielzahl dieser
Vorhaben überhaupt finanzieren kann.
Wir haben heute einen größeren Umbau der
Stadtregierung zu beschließen und ich muss sagen, die Probleme bleiben auch vor
dem Hintergrund dieser größeren Personalrochade auf den Stadtratssesseln de
facto dieselben. Sie bleiben weiterhin ungelöst und ich vermisse auch weiterhin
die Konzepte, wann man sie endlich angehen möchte und was man in dieser Sache
tun möchte.
Ich möchte vorab eines sagen: Ich wünsche allen, die
heute gewählt werden, menschlich viel Erfolg und ich gratuliere auch.
Nichtsdestotrotz wird von mir von dieser Stelle aus jede Menge Kritik kommen
und sie ist angebracht, denn man muss sich dennoch die Frage stellen: Ist das
die klügste Entscheidung für die Zukunft der Stadt? Ist das tatsächlich so, wie
das getroffen worden ist für die Probleme, die anstehen und für das, was in den
nächsten Jahren getan werden muss, die klügste Entscheidung? Da sehe ich sehr
wohl, wie gesagt, ein paar Schieflagen, die ganz einfach ausgeblendet bleiben.
Ich fange mit dem Bereich Schule an. Wir wissen, dass
wir in Wien in den Schulen ein ziemlich großes Problem haben. Der ganze Bereich
ist von dieser Regierungsreform, von diesem Regierungsumbau unangetastet
geblieben. Es fehlen nach wie vor Hunderte von Lehrerinnen und Lehrern in den
Schulen. Und dieser Einsparungskurs, der im Jahr 2000 begonnen hat, ist
bis heute de facto Stand der Dinge, State of the Art in den Schulen. In
Schulen, von denen wir aber wissen, dass wir einen sehr, sehr hohen Anteil von
Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache haben, von denen wiederum ein nicht
unbeträchtlicher Teil durchaus Deutschschwierigkeiten hat und wo wir wissen,
dass wir für diese Kinder Extraförderung, Extrabetreuung und Extraunterstützung
brauchen, was nicht nur zum Wohle dieser Kinder, sondern klarerweise zum Wohle
aller Kinder ist, wenn wir möchten, dass Wiens Schulen irgendwann einmal so
weit kommen, dass sie nicht mehr diese ganz, ganz traurigen PISA-Testergebnisse
erzielen. Dieser Bereich bleibt völlig unangetastet. Zu den fehlenden
Lehrerinnen und Lehrern gesellt sich aber für die Modernisierung des
Unterrichts auch überhaupt kein Konzept. Wie denn und mit welchen Lehrern und
Lehrerinnen? Dazu kommt dann noch der äußerst baufällige Zustand mehrerer
Schulen.
Erst vor wenigen Wochen haben wir
von hier aus über den Zustand einiger Schulen zum Beispiel im 8. Bezirk
diskutiert, der hygienisch wirklich bedenklich ist und wo man sich echt fragt,
wie es sein kann, dass in einer der reichsten Städte der Welt die Kinder in
Schulen mit so einem Bauzustand unterrichtet werden? In diesem Ressort gibt es
nichts, keine Veränderung, gar nichts, obwohl mit Michael Ludwig jemand zur
Verfügung gestanden wäre, den ich durchaus als kompetenten Bildungsstadtrat
gesehen hätte. Er hätte die Kompetenz im Bildungsbereich und er hätte die
Kompetenz im Kulturbereich, aber nein, man macht ihn zum Wohnbaustadtrat!
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