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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 25.01.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 78

 

Ehrlich gesagt, menschlich freut es mich für ihn, er ist ein sehr umgänglicher Kollege, aber nachvollziehen kann ich die Entscheidung nicht, denn ich frage mich nach wie vor - und es ist auch nicht zu beantworten -, woher die fachliche Eignung von Michael Ludwig ausgerechnet für das Wohnbauressort kommt.

 

Nun ist es so und er wird es und ich habe eine ganz, ganz dringende Bitte an ihn - einiges zum Thema Wohnbau wird sowieso mein Kollege StR Ellensohn sagen, wenn er sich später zum Wort meldet, denn da will er sich dem Thema Wohnbau ausführlicher widmen – und allem voran eine wesentliche Forderung: Wenn Sie, meine Damen und Herren, in diesen letzten Jahren in dieser Stadt vielleicht auf Wohnungssuche waren, was natürlich voraussetzt, dass man nicht irgendwo in wunderschönen Dachausbauten, im geförderten Wohnbau oder in irgendwelchen Funktionärsgemeindebauten wohnt, wo man unter sich ist und alles wunderschön ist - die kenne ich, die gibt es teilweise in ganz tollen Lagen im 16. draußen und im 17. -, also wenn man, wie gesagt, nicht so wohnt, sondern in den letzten Jahren vielleicht wirklich auf Wohnungssuche war, dann wird man festgestellt haben, dass sich die Kosten für die Mieten de facto verdoppelt haben. Ich habe an diesem Wochenende nachgeschaut: Eine Dreizimmerwohnung kostet derzeit an die 1 000 EUR Miete. Das ist, verglichen mit dem Stand von vor ungefähr 10 Jahren, das Doppelte! Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen! Das sind 14 000 Schilling! 1996 hat eine Dreizimmerwohnung an die 7 000 bis 8 000 Schilling Miete gekostet, das heißt, die Menschen in dieser Stadt sind wirklich mit massiv ansteigenden Wohnkosten konfrontiert. Das war übrigens auch in den letzten Tagen überall nachzulesen. Die wesentliche Aufgabe, die meines Erachtens auf Sie zukommt, ist, dafür zu sorgen, dass genau dasselbe sich nicht auch im geförderten Wohnbau fortsetzt, denn die Stadt Wien baut jahrein, jahraus weitere 5 000 Wohnungen, aber die Kosten steigen dort genauso weiter und in der Zwischenzeit ist eine geförderte Wohnung, sei es eine neu errichtete Gemeindewohnung oder aber auch eine Genossenschaftswohnung, durchaus sehr, sehr teuer. Da wird man sich wirklich was einfallen lassen müssen, denn ich kann nicht nachvollziehen, wie es möglich ist, dass eine junge Familie mit Kleinkindern einzieht, eine teure Miete zu leisten hat, vor allem, wenn es eine neu errichtete Wohnung ist und gleichzeitig wohnen mehrere von uns zum Beispiel im Gemeindebau und zahlen Mieten, die überhaupt in keiner Relation zu ihrem Einkommen stehen. Und ja, einmal mehr möchte ich von hier aus das Konzept der einkommensabhängigen Miete ansprechen, denn das würde bedeuten, dass diejenigen, die sehr, sehr, sehr viel verdienen und keinen Bedarf haben, weiterhin in einer Sozialwohnung zu wohnen, ganz einfach ein bisschen mehr bezahlen. Diesen Betrag könnte man nutzen, um sozial schwächeren Familien wirklich günstigere Mieten anzubieten, die ihrem realen Einkommen entsprechen und die ihnen auch den Start sozusagen ins Leben ermöglichen. Das ist etwas, wo ich denke, dass es wert ist, die Diskussion aufzurollen. Es gibt ja viele Städte in Deutschland, die das seit Jahren und mit Erfolg praktizieren, aber in Wien ist das etwas, das de facto, wie gesagt, aus der politischen Diskussion verschwunden ist.

 

Zweite Problemlage Armut. Die Armut steigt in Wien jahrein, jahraus weiter. Sie hat sich innerhalb der letzten vier Jahre de facto verdoppelt. Es sind immer mehr Menschen, die trotz Arbeit arm sind, sprich, die arbeiten gehen und dennoch gezwungen sind, Ausgleichsleistungen aus der Sozialhilfe zu beziehen, weil sie ganz einfach von dem, was sie erarbeiten, nicht leben können. Jetzt hätte ich ein bisschen mehr erwartet, als bloß zu sagen, man möchte in Wien das Konzept der Mindestsicherung so rasch wie möglich umsetzen, ganz einfach aus dem Grund, weil das Konzept der Mindestsicherung, so wie es derzeit geplant ist, bedeutet, dass die Menschen ein bisschen mehr Geld als jetzt bekommen, also dass de facto die Richtsätze der Sozialhilfe ein wenig angehoben werden. Ja, das ist zu begrüßen. Andererseits aber ist es mit Verschärfungen verbunden und wir wissen alle, wovon wir sprechen und was das eigentlich heißt, denn es tastet das Konzept der Sozialhilfe nicht an. Das heißt, dass, wenn beispielsweise jemand Sozialhilfe beziehen muss und sei es auch vorübergehend in einer Notsituation, wir von ihm erwarten, dass er Vermögen, das er hat, verwertet. Somit machen wir Menschen arm, definitiv arm. Wir zwingen sie, alles zu verwerten, was sie nach einem Zeitraum von sechs Monaten hätten und dann, wenn wir garantiert haben, dass sie definitiv arm sind, dürfen sie auch weiterhin Sozialhilfe beziehen. Wir erschweren damit massiv den Ausstieg aus der Armutsfalle.

 

Das ist leider ein Problem, das in dem Fall nicht angegangen worden ist, nicht gelöst worden ist, sondern, wie gesagt, sogar verschärft worden ist, weil hier nach wie vor sehr wohl Regressforderungen möglich sind und weil wir es hier auch mit einer Verschärfung der Bestimmungen, auch der Zumutbarkeitsbestimmungen am Arbeitsmarkt zu tun haben. Das sind Dinge, die ich mir an deiner Stelle, liebe Sonja Wehsely, wirklich sehr, sehr vorsichtig anschauen würde und wo ich mir sehr wohl von dir erwarte, dass du vielleicht einen Schritt weitergehst als es die Mindestsicherung vorsieht.

 

Ich war immer der Meinung, dass es eigentlich die Aufgabe Wiens wäre, hier Pionierleistungen zu vollbringen und vielleicht einen Schritt weiterzugehen und auch aufzuzeigen, wie aus diesem Konzept der Mindestsicherung vielleicht einmal tatsächlich eine armutsbekämpfende Maßnahme, eine sozial innovative Maßnahme werden könnte. Und diese Forderung stelle ich an dich und bin sehr gespannt, ob es dabei bleibt oder nicht.

 

Ansonsten muss man zu diesem Ressort sagen: Ein schweres Erbe de facto trotz der Ankündigungspolitik von Renate Brauner, das von StRin Pittermann an Renate Brauner und jetzt genauso weiter an Sonja Wehsely übergeben worden ist.

 

Nach wie vor setzt die Stadt Wien in der Pflege auf Großheime. (Lautes Plenum.) Nach wie vor gibt es, was die psychiatrische Versorgung betrifft, einen, man muss

 

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