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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 104

 

heraus kein Rechtfertigungsgrund vor.

 

Ich habe aber in Vorbereitung dieser Beantwortung, wiewohl ich nicht die Absicht habe, mich mit allen 4 260 Veranstaltungen, die in städtischen Büchereien stattfinden, im Detail zu beschäftigen, das in dem gegenständlichen Fall sehr wohl gemacht und habe auch den Bericht von Herrn Karl Pfeifer dazu gelesen, den ich seit mehr als 35 Jahren kenne und mit dem ich auch viele, viele mehr oder weniger fruchtbare Diskussionen geführt habe. Und da stelle ich fest, dass Veranstaltungen, die von einer Nebenstelle oder einer zusätzlichen Stelle in der Bücherei durchgeführt werden, natürlich auch in der Verantwortung des Einladenden liegen, und dieser kann natürlich dort letztendlich zu Diskussionen einladen, wen er will. So gesehen halte ich Interventionen, um auf ein Podium zu kommen, für extrem überflüssig. Das verhehle ich nicht. Im gegenständlichen Fall darf man es, kehrum, aber auch als völlige Normalität empfinden, wenn jemand aus einem Buch liest und sich dann Publikum zu Wort meldet. Und wenn Herr Pfeifer meint, hier seien abstruse Wortmeldungen gemacht worden und Co-Referate gehalten worden – nun, das kennen wir alle wahrscheinlich ebenso aus Hunderten und Tausenden Veranstaltungen, dass es immer wieder zu Wortmeldungen kommt, die man als abstrus bezeichnen könnte, oder was immer sonst.

 

Ich halte hier also fest, dass sich das für mich völlig im Rahmen einer Normalität einer Veranstaltung befunden hat, dass es keinerlei politische Interventionen gegeben hat und ich daher nicht weiß, wofür ich mich rechtfertigen sollte.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die 1. Zusatzfrage kommt von Herrn GR Dr Wolf. - Bitte schön.

 

GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Danke, Herr Bürgermeister. - Die Wahrnehmung der Anwesenden war so, dass massiv interveniert wurde, um einen Vertreter der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen auf das Podium zu entsenden.

 

Die Frage daher: Wenn es - ich habe keine andere Antwort erwartet - keine Intervention im Sinne einer Weisung gegeben hat, wie stehen Sie prinzipiell zu dem Begehren, dass bei einer Lesung ein Vertreter der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen auf dem Podium Platz nehmen soll, um Ausgewogenheit zu signalisieren, wie argumentiert wurde?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Herr Bürgermeister, bitte.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Ich wiederhole mich, ich sage Ihnen genau dasselbe wie vorher: Wenn jemand jemanden einlädt zu einer Lesung aus einem Buch, und sei es ein von mir jetzt nicht zu wertendes Buch - denn das wäre ja, ehrlich gesagt, die viel interessantere Diskussion, die man eigentlich zu führen hätte, als die Frage zu stellen: Steht ein zweiter Sessel auf dem Podium oder nicht? -, dann obliegt dies ausschließlich der Verantwortung des Einladenden. Ich sehe, persönlich gesehen, überhaupt keinen und nirgends einen Automatismus, wenn ich einen Autor einlade, dass ich automatisch, wegen Ausgewogenheit, auch jemanden einladen muss, eine Gegenposition dazu zu vertreten. Ich meine, es ist ja auch Handke eingeladen worden, über seine Position zu Milošević zu reden, ohne dass irgendjemand eingeladen wurde, gleichfalls am Podium zu sitzen und hier eine Gegenposition zu vertreten - was ich ja für extrem diskussionswürdig halten würde, dass man da eine Gegenposition dazu einnimmt.

 

Also ich halte von diesen Dingen gar nichts. - Aber dass es eine Diskussion auch mit dem Publikum und äußerst kontrovers gibt, halte ich für demokratische Normalität.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke, Herr Bürgermeister. - Die 2. Zusatzfrage stellt Herr GR Mag Stefan. - Bitte schön.

 

GR Mag Harald Stefan (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Wir haben ja immer wieder den Eindruck, dass die Muslime mittlerweile eine Sonderstellung in dieser Stadt haben und daher besonders vorsichtig behandelt werden. Wenn Sie jetzt sagen, es hat hier keine Intervention gegeben, nehmen wir das natürlich zur Kenntnis. Aber ich muss trotzdem fragen, ob Sie nicht befürchten, dass ein derartiges Verhalten, wenn es stattgefunden hätte - und zumindest den Anschein hat es, dass hier aus irgendeiner Richtung Einfluss genommen wurde -, sehr wohl dazu führt, dass ein derartiger vorauseilender Gehorsam radikalen Muslimen Vorschub leistet und dem radikalen Islamismus daher den Weg bereitet.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Doktor! Das ist eine bemerkenswerte Frage. Man baut sozusagen einen Popanz auf, von dem man ja ohnehin schon selbst weiß und sagt, den gibt es gar nicht, aber fragt dennoch: Wie richten Sie Ihr Verhalten danach aus? oder: Beurteilen Sie so etwas nicht als Appeasement - würde Broder sagen - oder als vorauseilenden Gehorsam - sagen Sie -, oder wie immer auch sonst?

 

Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich: So etwas gibt es nicht! Für mich ist das alles gleich! Es gibt keinen vorauseilenden Gehorsam, gegenüber niemandem - weder den Muslimen noch der jüdischen Gemeinde noch irgendwelchen anderen Gästen, die zu uns kommen, noch irgendwelchen, die hier leben; egal, wie immer. Ich habe da dieselbe Haltung, die ich bei anderen Gelegenheiten auch vertreten habe, auch in einer Diskussion mit einem Vertreter Ihrer Partei: Mir ist es völlig egal, welche Hautfarbe ein Drogendealer hat - ein Drogendealer ist ein Drogendealer, wurscht, was, und der hat keinerlei Vorteile zu genießen, sondern die volle Strenge des Gesetzes auszufassen!

 

Und daher bitte ich Sie, davon Abstand zu nehmen, sich hier irgendwelche Gespinste dazu vorzustellen und mich dann zu fragen, was ich vom vorauseilenden Gehorsam halte. - Um es einfach zu beantworten: Gar nichts! Und ich bin auch nicht bekannt dafür, vorauseilenden Gehorsam auszuüben.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke, Herr Bürgermeister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Frau

 

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