Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 104
Was ist seit damals geschehen? Ich weiß nicht, ob GR
Wolf mit der Bundesregierung Kontakt aufgenommen hat, um entsprechende
Maßnahmen einzufordern. Der Bund hat aber jedenfalls in diesen langen Jahren
bis jetzt weggeschaut. Nicht weggeschaut hat hingegen die Stadt Wien, die
einerseits immerhin einmal eine Vermessung des jüdischen Friedhofs Währing
finanziert hat und auch das Stadtgartenamt ist dort im Einsatz.
Übrigens sind die Fotos von Kollegen Schreuder nicht
mehr aktuell. Sie stammen vom Dezember, und die Bäume sind inzwischen im
Wesentlichen schon entfernt. Bei der letzten Führung am Sonntag befand sich
alles in einem wesentlich besseren Zustand.
Heute werden Summen für die Sanierung von 10 bis
14 Millionen EUR genannt. Diesen Betrag kann Wien einfach nicht
aufbringen! Es ist eine politische Sichtweise, entsprechend der Verfassung
Österreichs politische Aufgaben zu teilen, und der Bund hat hier eindeutig
Verantwortung! Ich warne Wiener Politiker davor, alles aus unserem Budget zu
finanzieren, ohne entsprechend unserer bundesstaatlichen Verfassung die dafür
Zuständigen zur Mitverantwortung zu ziehen! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich kann aber von einer Initiative der neuen
Nationalratspräsidentin Prammer berichten, die jetzt als Vorsitzende des
Kuratoriums des Nationalfonds der Republik Österreich eine Arbeitsgruppe mit
den Gemeinden und Ländern einrichten will, um in diesem Bereich endlich das
Notwendige in Bewegung zu bringen.
Was mir überhaupt nicht gefällt und was ich
zurückweisen muss, ist dieser meiner Meinung nach freche und ahnungslose
Untertitel für die Aktuelle Stunde, der vom „nachlässigen Umgang Wiens mit dem
jüdischen Erbe“ spricht. – Ich möchte nur daran erinnern, dass wir in Wien
aktive Erinnerungsarbeit betreiben, die konkret bewusstseinserzeugend,
aufklärend und auch mahnend vor sich geht. An den Schulden wird Geschichte in
diversen Projekten lebendig vermittelt, ebenso an den Volkshochschulen und in
Museen und Publikationen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die
„Wiener Vorlesungen“ und die Unterstützung zahlreicher Forschungsprojekte
verweisen.
Etwas, was Wien tatsächlich höchst vorbildlich in
Angriff genommen hat, ist die Restitution jüdischen Eigentums. Das wird heute
im Restitutionsbericht noch Thema sein. Die Vorgangsweise Wiens wird auch
international immer wieder sehr positiv und als beispielgebend erwähnt.
Für uns in Wien ist der Umgang mit dem jüdischen Erbe
nicht bloß historisierend oder musealisierend. Für uns ist entscheidend, dass
Wien aktiv und umfassend jüdisches Leben in dieser Stadt mit seinen Traditionen
und seiner Geschichte und damit auch die Wiedererrichtung und Weiterentwicklung
der jüdischen Gemeinde in Wien unterstützt. Das heißt, uns geht es – wie
etwa in der Frage des Währinger jüdischen Friedhofes – nicht nur um Erhalt
und Restaurierung, sondern es geht uns in Wien auch um die Sichtbarmachung
jüdischen Lebens und jüdischer Tradition, und zwar nicht nur an der Peripherie,
sondern im Zentrum, etwa durch die Gedenkstätte am Judenplatz oder durch das
jüdische Museum.
In diesem Sinn erfolgt die Sichtbarmachung auch in einem
Bereich, wo jüdische Geschichte eine herausragende Rolle gespielt hat, nämlich
im 2. Bezirk. Daher hat Wien auch große Finanzaufwendungen eingesetzt, um
den Hakoah-Platz zu restituieren. Damit wollte man nicht bloß eine
Ersatzleistung irgendwo an der Peripherie erbringen, sondern man wollte diesen
Platz symbolisch wieder an die jüdische Gemeinde zurückgeben. Das war ein
großer Finanzaufwand, dieser war uns aber sehr viel wert! (Beifall bei der
SPÖ.)
Für uns ist das eine Leitlinie der Stadtregierung seit
Bgm Zilk, und auch Bgm Häupl und Dutzende Politiker dieser Stadt
haben sich massiv dafür eingesetzt, dass auf diesem Gebiet etwas geschieht. Ich
möchte jetzt etwa an StR Heinz Nittel erinnern, der sein Leben durch sein
massives Engagement für die jüdische Gemeinde gefährdet und aufs Spiel gesetzt
hat und letztlich tatsächlich einem Mordanschlag zum Opfer gefallen ist.
Wien ist stolz auf seine jüdische Tradition. Diese
ist Teil unserer Geschichte und soll auch weiterhin Teil unseres städtischen
Lebens bleiben. Wir sind stolz auf die Amalgamierung von Städtl, Kultur und
Metropole Wien. Daran werden wir weiter arbeiten. – Danke. (Beifall bei
der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die Aktuelle Stunde ist
hiermit beendet.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen,
gebe ich gemäß § 15 Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass
folgende schriftliche Anfragen eingelangt sind: 12 vom Klub der Wiener
Freiheitlichen, 9 vom Grünen Klub im Rathaus und 17 des ÖVP-Klubs der
Bundeshauptstadt Wien.
Von den GRen Henriette Frank und
Mag Dietbert Kowarik wurde eine Anfrage an den Herrn amtsführenden
Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung betreffend die
„Wienerberg-City“ gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage
wurde von der notwendigen Anzahl an Gemeinderäten unterzeichnet. Gemäß
§ 36 Abs 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der
Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um
16 Uhr noch nicht beendet, wird die Gemeinderatssitzung zur
tagesordnungsmäßigen Behandlung der Dringlichen Anfrage unterbrochen.
Von den GRen Dr Matthias Tschirf,
Dkfm Dr Fritz Aichinger und Mag Barbara Feldmann wurde eine
Anfrage an den Herrn Bürgermeister betreffend „Schließung der Landstraßer
Markthalle – Anschlag auf die Nahversorgung und das Kleinunternehmertum“
gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der
notwendigen Anzahl an Gemeinderäten unterzeichnet. Gemäß
§ 36 Abs 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der
zweiten Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen.
Vor Sitzungsbeginn sind von
Gemeinderatsmitgliedern des Klubs der Wiener Freiheitlichen 2 und des
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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