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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 104

 

Ich habe gesehen, dass es einen Antrag zum Thema „Enteignung des Rothschildvermögens" gibt, den der Kollege Margulies vorlegt. Wenn es hier zu einer Zuweisung kommt, wird meine Fraktion sehr gerne mitgehen, allerdings können wir uns mit der Begriffsverfälschung von Enteignung natürlich überhaupt nicht identifizieren. Ich glaube, hier wird tatsächlich mit diesem Begriff, mit diesem sehr ernsten Begriff – das sage ich auch als Historiker – Schindluder getrieben, aber uns geht es um den Inhalt, uns geht es um eine korrekte Abwicklung auch in den Fragen der Rothschildstiftung und daher unser Ja zu einer Zuweisung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr Dipl-Ing Margulies. Bitte zum Rednerpult.

 

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich werde nicht die Debatte der Aktuellen Stunde wiederholen und es auch nicht unnötig in die Länge ziehen. Daher vielleicht in ein bis zwei Minuten nur eine ganz kurze Bemerkung, und nachdem der Kollege Troch einen kurzen Verweis zur Rothschildstiftung gemacht hat, auch nur ein Beispiel: Mir liegt jetzt das Protokoll der Fragestunde vor, wo der Bürgermeister festhält, dass im Krankenanstaltenverbund jetzt plötzlich die Nettobudgetierung eingekehrt wäre. Wer die Jahresberichte, Jahresabschluss und Wirtschaftsplan liest, wird erkennen, dass dem nicht so ist, sondern dass nach wie vor im Rahmen des Krankenanstaltenverbundes brutto budgetiert wird und einnahmenseitig die GSBG-Beihilfe als nicht abziehbare Vorsteuer dem gegenübergestellt wird. So viel zur Richtigkeit auch betreffend den einen Punkt.

 

Ich denke, wir werden im Kontrollausschuss genug Zeit haben, das zu erörtern, sofern das Kontrollamt dann tatsächlich prüft. Ich lasse mich ja gerne eines Besseren belehren, aber alle Unterlagen, die mir bislang vorliegen – und sie liegen mir nicht seit fünf Jahren vor, sondern sie liegen mir seit eineinhalb Monaten vor –, deuten darauf hin, dass der gesamte Vorgang leider nicht in Ordnung gewesen ist.

 

Ich bringe damit den Antrag ein, eine Kontrollamtsprüfung im Sinne der schriftlichen Vorlage vorzunehmen. – Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger.

 

GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke schön. – Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Auch ganz kurz einerseits zu dem Beschluss- und Resolutionsantrag von SPÖ, Grünen und ÖVP. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Was mich an dem Antrag stört, ist, dass im letzten Absatz wieder steht, die Wiener Stadtregierung wird ersucht, Gespräche mit dem Bund zu führen mit dem Ziel einer nachhaltigen Pflege. Ich habe das vorher schon ausgeführt. Ich bin für die Öffnung dieses Friedhofs als Kulturdenkmal Wiens, und ich kann gar nicht einsehen, warum man sich bei den jüdischen Friedhöfen ständig auf irgendwelche Kompetenzen und das Washingtoner Abkommen ausredet, wenngleich im englischen Text „Austria" steht und nicht „Republic Austria" und nicht „Region of Vienna" oder so irgendetwas, und es eine Auslegungssache ist, wer jetzt wirklich zuständig ist oder wer sich abgeputzt hat mit der Zuständigkeit. (GR Dr Harald Troch: Aber wer hat den Vertrag unterzeichnet?)

 

Ich meine, wir haben einfach die Verantwortung, das als Kulturgut in der Stadt zu erhalten, und zu dieser Formulierung „Gespräche zu führen", kann ich als Beamter nur sagen, das ist schon ein bisschen ein Abblocken. Entweder es ist eine Herzensangelegenheit, oder man ergeht sich in Formalismus. Ich habe das Gefühl, Ihr Zugang ist das Ergehen in Formalismus, wenn es um solche Angelegenheiten geht.

 

Was den anderen Antrag des Kollegen Margulies hinsichtlich der Rothschildstiftung und der Befassung des Kontrollausschusses betrifft, sind das natürlich schwerwiegende Vorwürfe mit der Enteignung, die ich jetzt hier ad hoc nicht überprüfen kann. Aber nachdem es uns klarerweise um Transparenz geht, werden wir uns diesem Antrag anschließen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Wortmeldung liegt mir keine mehr vor. Die Debatte ist damit geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.

 

Berichterstatter Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es ist ja erfreulich, dass wir nach dieser Debatte zu einem gemeinsamen Antrag kommen, und ich freue mich, dass uns alle, das, wie ich meine, selbstverständliche Bemühen eint, einerseits den jüdischen Friedhof in Währing zu sanieren und für die Nachwelt zu erhalten und andererseits natürlich auch sehr pfleglich mit dem jüdischen Erbe, das es noch gibt oder mittlerweile auch wieder gibt in Wien, umzugehen.

 

Lassen Sie mich deshalb vielleicht nur ganz kurz ein paar Anmerkungen machen.

 

Die eine besteht darin, dass ich mich selbstverständlich auch bei all denen, die diesen Restitutionsbericht zusammengestellt haben, herzlich bedanke. Das ist nicht nur ein quantitativ sehr umfangreiches Vorhaben, sondern es ist auch qualitativ vorbildlich und wir haben damit ein besonders gutes Nachschlagewerk und einen Bericht über die Bemühungen der Stadt, was die Kunst- und Kulturgüterrestitution anbelangt.

 

Wir sind – auch das wurde ja schon gesagt – darin sehr, sehr weit gekommen. 25 000 Gegenstände, die gescreent wurden, 5 000 Objekte, die zurückgegeben wurden, und in einigen dieser Fälle, in sehr namhaften Fällen, sind wir ja auch weit über die selbst moralische Verpflichtung hinausgegangen. Ich erinnere einmal mehr an die Vorgangsweise im Bereich des Ankaufes der Sammlung Strauss-Meiszner, wo es uns als Stadt wichtig war, auch diesbezüglich ein Signal zu setzen, ein Signal, das gelautet hat: Wir geben hier nicht nur etwas zurück, was rechtmäßig anderen gehört als der Stadt, sondern wenn wir über mehrere Jahrzehnte behauptet haben, dass es ein Teil der Kulturgeschichte der Stadt ist, und wenn es uns so viel wert war, dann können wir nicht von heute auf morgen, wenn es andere Eigentümer

 

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