Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 104
zu kurzfristig geplant war, auch organisatorisch
sicherlich suboptimal gehandhabt wurde und schlussendlich, muss man sagen, über
weite Strecken zu tiefen Zerwürfnissen innerhalb der Kunstschaffenden geführt
hat. Mittlerweile gibt es Klagsdrohungen gegenüber Einzelnen, die sich
sozusagen aufgrund der Entwicklungen, die dadurch entstanden sind, ganz massiv
auch gegenseitig Dinge an den Kopf geworfen haben.
Das ist eine Entwicklung, die wir jedenfalls in höchstem Maße für traurig und bedenkenswert halten und die eher auch jene Skepsis und jene Skeptiker bestätigt, die gesagt haben: Selbstorganisation ist gut, Autonomie ist gut, aber immer nur im Rahmen, im organisatorisch sinnvoll abgesteckten Rahmen, der sicherstellt, dass die Spielregeln transparent sind, der die Spielregeln auch auf sinnvolle Weise aushandelbar macht - alles Voraussetzungen, die leider in den letzten Jahren bei „Netzkultur" viel zu selten und viel zu wenig gegeben waren.
Auch wenn ich davon ausgehe, dass Frau Kollegin
Straubinger mir in ihrer Rede das Gegenteil zu beweisen versuchen wird, so
wissen wir doch leider viel zu genau, dass hier einiges schief gelaufen ist und
dass diese Selbstorganisation auch zu sehr bedenklichen Entwicklungen geführt
hat, nämlich zu einem Auseinanderdividieren der Szene! Das ist, glaube ich,
etwas, was wir nicht wollen können, was bei allem Wunsch und der sicherlich
auch guten Idee, sich neue Vergabemodelle anzuschauen, in diesem Fall ziemlich
nach hinten losgegangen ist.
Nichtsdestoweniger höre und vernehme ich, dass sich
die Lage etwas stabilisiert hat, dass die Kommunikation der Kulturschaffenden
zu diesem Thema untereinander etwas zivilisierter geworden ist und dass jetzt
auch die Spielregeln etwas klarer sein sollen. Trotzdem sind hier wohl noch
einige Fragen offen. Es ist ja so, dass man nunmehr doch dazu zurückgekehrt
ist, dass die MA 7 einen Teil der Förderungen vergibt - ich hoffe, mit
guten Gründen, noch weiß ich allerdings nicht, auf Grundlage welcher Kriterien.
Für uns sind hier weiterhin Fragen offen.
Wir werden eine schriftliche Anfrage zu diesem
Themenkomplex einbringen, die auch die unterschiedlichsten Fragen zu den Rollen
einzelner Koordinatoren und Organisatoren stellen wird, da wir doch glauben,
dass es Sinn macht, hier auch mit einem kritischen Blick darauf vorzugehen, was
da in den letzten Monaten und Jahren passiert ist.
Jedenfalls glaube ich, das ist ein Experiment, das
zeigt, dass Experimente nur Sinn machen, wenn sie gut vorbereitet sind. Wir
werden dieses Mal nur schweren Herzens dieser Förderung zustimmen, in der
Hoffnung, dass es sich bessert, aber jedenfalls mit einem wachen Auge auch
dafür, dass wir der Meinung sind, dass hier einiges zu tun ist, und zwar sehr
ernsthaft zu tun ist! Denn die Selbstzerfleischung der Szene kann nicht unser
Anliegen sein. - Danke sehr. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gelangt Herr GR Dr Wolf.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Die Förderung der „Netzkultur" ist in der Tat
eine unendliche Geschichte, sie beschäftigt uns seit Jahren. Im Mai vergangenen
Jahres hat der Gemeinderat zur Liquidierung von „Netbase"
219 000 EUR zur Verfügung gestellt; 160 000 EUR davon
wurden für die Abdeckung der Überschuldung des Vereines verwendet,
60 000 EUR zur Abwicklung eines internationalen Projektes. Und seit
dem vergangenen Jahr gibt es auch eine Änderung der Förderungsbedingungen - auf
die Marie Ringler ja gerade hingewiesen hat -, die nicht nur schwere Probleme
in der Szene schafft, sondern auch juristischer Natur ist.
Die IG Kultur - eine Institution, die meiner Fraktion
sicher nicht nahe steht - hat im vergangenen Jahr ein Rechtsgutachten über die
Änderung der Förderungsvergabeentscheidungen eingeholt. Ich darf Ihnen daraus
einige Sätze kurz zitieren:
Die Auslagerung der Förderungsvergabeentscheidung auf
ein spielerisches, durch die potenziellen Förderungsnehmer selbst bestimmtes Auswahlverfahren
ist daher auf mehreren Ebenen problematisch, weil die Verpflichtung des
Förderungsgebers zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes ein sachliches,
ausreichend determiniertes und transparentes Auswahlverfahren voraussetzt.
Genau darum geht es: um ein sachlich ausreichend
determiniertes und transparentes Auswahlverfahren bei der Förderung!
Ein Förderungsvergabemodell - so heißt es weiter in
dem Gutachten - für Kunst- und Kulturförderung, das eine Vergabeentscheidung durch
die partizipierenden Förderungsnehmer selbst vorsieht, ist von vornherein
aufgrund der zwingend enthaltenen Interessenskonflikte unsachlich und damit
gleichheitswidrig.
Und noch ein Satz aus diesem Rechtsgutachten:
Überlässt die Stadt Wien als Förderungsgeber den
Förderungsnehmern, die im Gegensatz zu ihr nicht an den Gleichheitsgrundsatz
gebunden sind, und bis zu einem gewissen Grad einem Computerprogramm die
Entscheidung, verletzt sie damit wiederum ihre Begründungspflicht, die nicht
einfach auf Dritte ausgelagert werden kann.
Diese Kritik hat dazu geführt, dass die
Vergaberichtlinien - zugegebenermaßen - etwas geändert wurden. Aber im Kern
bestehen diese rechtlichen Probleme nach wie vor. Die Rechtsbedenken bleiben,
und das ist auch der Grund, warum wir die vorliegende Förderung oder Subvention
in Höhe von 500 000 EUR ablehnen werden. Wir meinen, dass es
prinzipiell transparente, nachvollziehbare Kriterien für die Vergabe von
öffentlichen Mitteln geben muss, und das ist hier nicht gewährleistet.
Im Übrigen ist noch darauf
hinzuweisen, dass die Förderung mit 500 000 EUR für diesen Bereich
wahrscheinlich zu gering ist, und auch darauf hinzuweisen, dass von diesen
500 000 EUR 20 Prozent einem Verein, nämlich
„monochrom", zufließen. Dieser veranstaltet ein
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