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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 29.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 71

 

Postnummer 9.

 

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Dies ist, ebenfalls ohne die Stimmen der FPÖ, mehrheitlich angenommen.

 

Wir kommen zur Abstimmung über die Postnummer 10.

 

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Dies ist ebenfalls mehrheitlich, ohne die Stimmen der FPÖ, angenommen.

 

Wir gelangen zur Abstimmung über die Postnummer 11.

 

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Dies ist mehrheitlich, ohne die Zustimmung der FPÖ, angenommen.

 

Wir kommen zur Abstimmung über die Postnummer 12.

 

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Auch dies ist mehrheitlich, ohne die Zustimmung der FPÖ, angenommen.

 

Wir gelangen zur Abstimmung über die Postnummer 13.

 

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Dies findet Zustimmung bei den GRÜNEN und der SPÖ, es ist somit mehrheitlich angenommen.

 

Wir kommen zur Postnummer 39 der Tagesordnung. Sie betrifft eine außerplanmäßige Ausgabe bezüglich der Pflegeheime. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Deutsch, die Verhandlungen einzuleiten.

 

Berichterstatter GR Christian Deutsch: Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung.

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. - Ich eröffne die Debatte. Als Erste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Pilz. Ich erteile es ihr.

 

GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!

 

Das ist heute der einzige Tagesordnungspunkt, der sich mit Gesundheitspolitik beschäftigt. Wir werden dem Aktenstück zustimmen. Aber ich möchte dieses Thema zum Anlass nehmen, um auf etwas mir sehr Wichtiges hinzuweisen, auf einen Notstand, der ein vergessener Notstand ist. Wir kümmern uns eigentlich immer erst viel zu spät um diese Frage: Wie wird in der Pflege ausgebildet, und wie wird die Pflege wertgeschätzt?

 

Wenn Sie die Debatte zur Pflege verfolgen, dann werden Sie wissen, dass wir seit 2004 einen Lehrstuhl für Pflegewissenschaften an der Medizinischen Universität in Wien haben. Dieser wurde auf drei Jahre, sozusagen befristet, eingerichtet. Das Rote Kreuz, die Erzdiözese Wien und die österreichische Caritas haben diesen Lehrstuhl gestiftet.

 

Es geht um das Ziel, nicht etwa nur für drei Jahre ein Studium zu ermöglichen und es dann wieder einzustellen, sondern das Ziel war und sollte auch sein, damit ein ordentliches Studium der Pflegewissenschaften zu etablieren. Ein Curriculum wurde ausgearbeitet, und die Intention ist, dass es genügend Fachleute gibt, um im Bereich der Pflege Gesundheitseinrichtungen mit der nötigen Expertise und mit Führungspersonen auszustatten - auf der einen Seite -, aber auch Innovationen in der Pflege voranzutreiben.

 

Dieser Lehrstuhl ist mit der wirklich einschlägig ausgewiesenen Frau Prof Dr Elisabeth Seidl besetzt, die sich seit Jahrzehnten mit bemerkenswertem persönlichen Einsatz und hoher Kompetenz um die Pflegethematik und um eine Professionalisierung der Pflege verdient gemacht hat. Was sie immer wieder über die Pflege sagt, ist auch ein Sittenbild darüber, wie mit dem Lehrstuhl für Pflegewissenschaften in Österreich, in Wien umgegangen wird. Sie spricht nämlich davon, dass sich die Pflege „im Spannungsfeld zwischen Gebrauchtwerden und Vergessenwerden" einrichten muss.

 

Gebrauchtwerden: Da weiß jeder/jede von uns, wenn es der Fall ist, wenn wir Unterstützung brauchen, bei Spitalsaufenthalten oder in Pflegeheimen. Und Vergessenwerden ist dann das Thema, wenn wir uns vielleicht mit Spitzenmedizin und irgendwelchen - meist männlichen - chirurgischen oder sonstigen Botschaften, medialen Diskursen über die medizinische, die ärztliche Kunst beschäftigen. Da wird die Pflege vergessen! Es wird vergessen, wie komplex Pflege mittlerweile geworden ist und welche hohen Anforderungen Pflege hat, um tatsächlich am Gesundwerden oder in der Versorgung chronisch Kranker ihre Leistung zu tun.

 

Wenn es jetzt so ist, dass dieser Lehrstuhl für Pflegewissenschaften für drei Jahre gestiftet ist, und es so ist, dass zwar 1 000 Studenten und Studentinnen inskribiert sind, aber dass man im Herbst 2007 keine weiteren Studenten und Studentinnen zulassen kann, weil die Finanzierung schlicht und einfach nicht gesichert ist, halten wir das für symptomatisch. Wir halten das für eine beschämende Situation.

 

Denn die Pflege ist immer wieder ein Thema, wenn es darum geht, einen Mangel festzustellen und einen Notstand in Österreich zu debattieren. Der Pflegenotstand ist dann sozusagen wie ein politisches Thema, das man durchs Dorf jagt, und wenn es wieder vorbei ist, kümmern wir uns nicht mehr darum, und schon gar nicht um strukturelle Verbesserungen. Und es ist dann ein Thema, wenn es Skandale gibt. Mit all diesen Zugängen, dem Mangel, der Skandalisierung und dem Notstand, wird man dem Thema sicher nicht gerecht, und vor allem den Menschen - und es sind meistens Frauen, die in diesem Beruf arbeiten - schon gar nicht.

 

Die Pflege wird auf diese Weise nach wie vor als Hilfsdisziplin der Medizin abgewertet. Das ist sie längst nicht mehr, dazu sind die Aufgaben zu umfangreich und dazu sind die Frauen, die vorrangig in der Pflege arbeiten, auch viel zu kompetent und viel zu wichtig. Dieses Abqualifizieren als Hilfsdisziplin der Medizin hat Tradition, nachgerade jahrhundertelange Tradition.

 

Wer auf der sehr eindrucksvollen Veranstaltung „175 Jahre Barmherzige Schwestern in Wien" war, die vor einigen Wochen auf Einladung des Bürgermeisters hier im Rathaus stattgefunden hat, kann ermessen, was es bedeutet, wenn Pflege in einer Stadt ein Thema wird. Denn durch viele Jahrhunderte ist man krank gewesen,

 

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