Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 108
Ich weiß nicht, warum haben Sie so ein Problem mit
Differenzierung. Es gibt unterschiedliche Anlagen, es gibt unterschiedliche
Talente, es gibt auch unterschiedliche Anforderungen des Arbeitsmarktes. Die
Allgemeinbildung ist nur eine, wir haben die Berufsbildung, wir haben den Weg
in die Lehre, der sehr wichtig ist, wir müssen Durchlässigkeiten schaffen, aber
Differenzierung ist eigentlich genau das, was unsere hoch differenzierte
Gesellschaft braucht. Die Schule soll auf das Leben vorbereiten und insofern
auch ein Abbild jener Gesellschaft sein, in die unsere Kinder und Jugendlichen
hineinwachsen. (Beifall bei der ÖVP.)
Damit haben offenkundig die GRÜNEN in diesem Haus
hier ein Problem, wenn man von „schändlichen Leistungsgruppen" spricht.
Ja, meine Damen und Herren, was wäre denn ein Schirennen, wenn die Zeit nicht
mitläuft? Wollen wir uns rein optisch die Schifahrer anschauen? (GR Dipl-Ing
Martin Margulies: Das ist aber schon ein Unterschied! Schule ist doch kein
Schirennen!) – Was ist denn letztendlich im Berufsleben der Fall? Oder
wollen Sie ein Fußballspiel und die Tore nicht mehr zählen? Oder soll wirklich
die Führerscheinprüfung die erste Prüfung sein, die man mit 17 oder
18 Jahren macht, meine Damen und Herren? Ich glaube, das Leben ist ein
ganz anderes. (Beifall bei der ÖVP. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Der Führerschein ist eine Prüfung ohne Noten!)
Auch bei der Führerscheinprüfung gibt es ein Durchgekommen oder ein
Durchgefallen.
Meine Damen und Herren von den GRÜNEN! Es kann nicht
jeder grüne Berufsfunktionär ein Wiener Gemeinderat werden. (Beifall bei der
ÖVP.) Schauen Sie sich doch an, die Abstimmung machen ja die Menschen mit
den Füßen. Warum haben Sie als Vorreiter der direkten Demokratie, solange Sie
sicher gehen können, dass vielleicht das herauskommt, was Sie gerne hätten, so
ein Problem mit einer Volksbefragung über die Gestaltung des Schulsystems? Wir
haben damit überhaupt kein Problem, denn das Schulsystem ist keine
Expertenmaterie, wo man jahrelang pädagogische Studien betreiben muss, hier
kann man sehr wohl ... (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Nein, es ist eine
Klassenmaterie! Da haben Sie ganz recht!) Nein, nein, hier kann man sehr
wohl mitreden. Jeder von uns war in der Schule, wir haben Kinder, die in die
Schule gehen, und die Menschen haben ein sehr gesundes Gespür dafür, was sie
für ihre Kinder wollen.
Warum will die Wiener SPÖ oder wollte die Wiener SPÖ
ein flächendeckendes Gesamtschulmodell? Weil Sie ganz genau wissen, wenn das
nur einzelne Gesamtschulen sind, dann geht dort keiner hin. Man bringt die
Kinder mehrere Bezirke weiter weg, weil man diesen Eintopf nicht will. Und das
müssen wir zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und dass die Wiener Hauptschulen so ausschauen, wie
sie heute ausschauen – obwohl ich glaube, dass sie teilweise viel besser sind,
als sie schlechtgeredet werden –, das fällt unter die alleinige Verantwortung
der SPÖ. Pflichtschulwesen ist Landessache, und wenn man die Leistungsgruppen
abschafft, wenn man das Modell der Kooperativen Mittelschule ganz bewusst ins
Leere laufen lässt, indem hier wertlose Zeugnisse produziert werden – wir sind selbst damit konfrontiert
im BHS-Bereich; es ist wirklich zum Weinen teilweise, es kommen Schülerinnen
und Schüler mit Zeugnissen mit lauter Einsern aus der KMS, und sie können
nichts; sie werden frustriert, und diese Frustration kann man doch den Kindern
nicht zumuten –, wer die Hauptschule so kaputt macht – es ist eine Schande und
auch ein Skandal gegenüber den engagierten Lehrerinnen und Lehrern, die
versuchen, trotz dieser schlechten Rahmenbedingungen das Beste zu machen;
außerdem ist die Wiener Hauptschule gar keine Restschule, wenn im Schnitt fast
50 Prozent der Schülerinnen und Schüler dort hingehen, und es ist
eigentlich eine Frechheit, dass Sie so tun, als ob es schon eine Gesamtschule
gäbe, und einen Schultyp abschreiben –, wer also im eigenen Verantwortungsbereich
einen Schultyp so an die Wand fährt, der wird nicht mit der Gesamtschule
belohnt. Sicher nicht mit den Stimmen der ÖVP! (Beifall bei der ÖVP.)
Das müssen die Frau Vizebürgermeister und auch die
Frau Stadtschulratspräsidentin sich schon vor Augen halten: Das Gymnasium
schafft man nicht mit einer Pressemitteilung oder via Teletext oder via
Internet ab. Dazu braucht es bundesgesetzlicher Regelungen, und die können Sie
sich mit der ÖVP in die Haare schmieren, meine Damen und Herren! (Beifall
bei der ÖVP. – GR Dr Alois Mayer: Was ist das für eine Ausdrucksweise?)
Die Eltern wollen keinen Bildungseintopf, die
Schülerinnen und Schüler wollen keinen Bildungseintopf! Stellen Sie sich dem!
Stellen Sie sich der Debatte, und schauen Sie, wo Sie Ihre eigenen Kinder
hinschicken. Da sieht man dann nämlich, die verpönten Privatschulen werden
vornehmlich von sozialistischen Funktionärskindern besucht, weil man genau für
das eigene Kind das Beste möchte und keinen Eintopf!
Sie können nicht Ihre nicht vorhandene
Integrationsarbeit dadurch kaschieren, dass Sie ein Türschild bei der Schule
auswechseln und dann glauben, dass bildungsferne Schichten auf einmal
bildungsnäher sind. So ist das Leben eben nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
Zeigen Sie mir bitte eine
wissenschaftliche Untersuchung, dass eine Gesamtschule zu besseren Ergebnissen
führt, nämlich inhaltlicher Natur. Wenn man sagt, die Schule soll alles, nur
nichts beibringen, die Schule ist ein Sozialcamp, dann mag das schon sein.
Aber, meine Damen und Herren, das Leben ist keine Projektarbeit, wir leben in
keiner virtuellen Welt, das Leben ist echt und real, und darauf soll die Schule
vorbereiten. Spiegeln wir unseren Kindern nicht eine falsche Realität wider. Ich
rede nicht dem japanischen System das Wort , aber unser humanistisches
Gymnasium, unsere Schulen bieten genug Möglichkeiten auch für Teamarbeit, für
Projektarbeit und so weiter. Aber auch dort muss jedes Teammitglied seine
Leistung bringen. Und das ist ja das Interessante bei der Projektarbeit. Dort
gibt es keine Trittbrettfahrer, denn wenn man dort Trittbrettfahrer ist, dann
schädigt man seine Kolleginnen und Kollegen im Team. Auch im Team in der Schule
ist Leistung gefordert
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