Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 108
Nun habe ich überhaupt den Verdacht, dass diese
Debatte um das Schulsystem nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver ist, das
hier von Ihnen geführt wird, um abzulenken von all den anderen Pleiten, die Sie
jetzt vor allem in der großen Koalition und in Ihrer Erfahrung mit der ÖVP
erleben. Sie kündigen an. Auch jetzt ist es ja in Wirklichkeit nur Ankündigung,
es ist ja noch nicht mehr. Wir haben die Gesamtschule noch lange nicht, und wir
werden sie wahrscheinlich in der Form auch gar nicht bekommen, denn wir wissen
alle genau, in Wirklichkeit gibt es schwerwiegende Gründe, die dagegen
sprechen. Das geht vom Beamtendienstrecht über das Lehrerdienstrecht bis in die
Verfassung hinein, die wir, glaube ich, auch nicht ganz übersehen dürfen als
dem Rechtsstaat verpflichtete Einrichtung hier in diesem Haus. Hier fehlt also
noch einiges, aber Sie versuchen abzulenken. Sie haben eine große Debatte
entfacht, in der viel Wind gemacht wird und bei der wenig rauskommen wird.
Nun zur heutigen Presse und zu dem, was die Frau
Brandsteidl sagt. Ich frage mich übrigens – Sie haben ja gesagt, Frau Kollegin
Novak, es ist eine qualitätsvolle Bildungsdebatte –: Wo ist sie denn, die Frau
Brandsteidl, bei dieser qualitätsvollen Bildungsdebatte? Sie fläzt sich zwar
auf den Fotos hier in der Presse ganz elegant hin, aber bei der
Bildungsdebatte, die im Haus stattfindet, frage ich Sie: Wo ist sie? Schon
eigentlich eine seltsame Einstellung, die die Dame zu ihrem Fachbereich hat. So
furchtbar oft debattieren wir diese Themen hier wirklich nicht, und es würde
ihr nicht schaden, uns hier zuzuhören. (Beifall
bei der FPÖ.)
Nachdem Sie vorhin die Hauptschulen so abgewertet
haben, ist es interessant, gleich unter dem Bild als Überschrift einen
Ausspruch von ihr zu lesen: „Eine Schule bis 14 Jahre muss sich an der
Hauptschule orientieren", sagt sie. Ja, wenn die Hauptschulen so schlecht
sind und die Schule der bis 14-Jährigen sich an den Hauptschulen orientieren
muss, heißt das, wir müssen mit dem Niveau hinunterfahren. Das ist es ja genau,
was wir eigentlich nicht wollen.
Und jetzt zu einigen ihrer vielen Aussprüche in
diesem Interview. Sie sagt mit Recht, es gibt seit 1974 Schulversuche. Wir
haben ja auch in Liesing schon in den 80er Jahren den Schulversuch, so eine Art
von flächendeckender Gesamtschule einzuführen, gehabt. Übriggeblieben ist: Eine
Pleite, und die einzige mehr oder weniger Kooperative Mittelschule hat einen
derart schlechten Ruf, dass niemand seine Kinder freiwillig dort hinschickt. (VBgmin
Grete Laska: Meinen Sie die Anton-Krieger-Gasse?) Ja, die
Anton-Krieger-Gasse hat keinen guten Ruf, da haben Sie recht. Ja, da haben Sie
vollkommen recht mit der Anton-Krieger-Gasse. Fragen Sie einmal die Leute, die
dort ihre Kinder zu Teil unfreiwillig hinschicken. (GR Christian Oxonitsch:
Wieso unfreiwillig?) Weil es halt in der Nähe ist oder weil nichts mehr
anderes übrigbleibt. (GR Christian Oxonitsch: Gut, das werden wir der Schule
dort weiterleiten!) Ja, ja, das ist schön. Vielmehr: Das ist nicht schön, das
ist nicht gut, Herr Kollege, es ist die Wahrheit, die Wahrheit – und das ist
das Problem bei der ganzen Geschichte –, die Sie nicht zur Kenntnis nehmen.
Aber weil Sie gerade da sind, Frau
Vizebürgermeisterin (VBgmin Grete Laska: Ich bin die ganze Zeit da!), und weil Sie gerade das Wort
ergreifen: Ja, Sie sind da, aber ich wollte gerade sagen: Wie wäre es denn,
wenn Sie Ihre Stadtschulratspräsidentin auch hierher holen würden? Es würde ihr
nicht schaden, in dieser Debatte auch ein wenig andere Meinungen zu hören als
ihre vorgefassten. Das, glaube ich, kann man schon von ihr verlangen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie erkennt ja ohnehin in dieser Diskussion oder
dieser Debatte, die sie in der Presse führt, dass es da mehrere Knackpunkte
gibt. Einer davon ist – ich habe ihn schon kurz angesprochen –: Wir kriegen auf
diese Art und Weise Lehrer mit zwei verschiedenen Besoldungsschemata im
gleichen Bereich, die das Gleiche unterrichten und das Gleiche tun. Wir haben
dann unterschiedliche Bezahlungen für die gleiche Arbeit. (VBgmin Grete
Laska: Das haben wir in anderen Bereichen auch!) Da könnten Sie auch eine
Art von Gender Mainstreaming bei den Lehrern einführen.
Ja, das haben Sie in anderen Bereichen auch, das hat die
Frau Brandsteidl auch gesagt. Natürlich haben Sie überall Akademiker und
Nichtakademiker, aber die üben qualitativ unterschiedliche Berufe mit
unterschiedlichen Anforderungen aus und haben deswegen auch eine
unterschiedliche Vorausbildung. Das ist die Frage bei der ganzen Geschichte.
Das ist auch etwas, was die Frau Brandsteidl
anscheinend nicht erkennt. Und dann versucht sie schönzureden, mit vielen
Worten über etwas hinwegzureden. Sie sagt: Wir wollen keine Selektion, wir
wollen Leistungsdifferenzierung. – Ja, was ist denn das? Das ist nur ein
anderes Wort dafür und in Wirklichkeit nicht etwas echt Unterschiedliches.
Allerdings erkennt auch sie am Schluss der ganzen Sache, dass in dieser
Legislaturperiode wahrscheinlich nichts herauskommen wird – so wie bei allen
Ihren Versprechungen von Eurofighter bis Sowieso. Es kommt nichts heraus. Aber
Sie machen viel Wind, viel heiße Luft um eine Ankündigung wie jetzt um die
Gesamtschule. In Wirklichkeit wird wahrscheinlich, oder hoffentlich, muss man
sogar sagen, bei der ganzen Sache nichts herausschauen.
Wie sollte es auch, bitte? Es
fehlen ja wesentliche Voraussetzungen für die ganze Geschichte, und Sie reden
drum herum, weil Sie die eigentlichen Probleme unserer Schulen nicht mit Ihren
Mitteln lösen können, weil Sie vor Ihren Leuten nicht durchkommen und auch
nicht wollen. Sie wollen sie gar nicht erkennen: Die Hauptprobleme unserer
Schulen sind zwei, und die hängen eng zusammen. Sie sind auch die Ursache für
die ganzen Probleme der Pisa-Studie.
Nummer 1: Das große und grundlegende Sprachproblem, das sich leider immer
wieder verschärft und alles schlechter macht. (VBgmin Grete Laska: Sie sind völlig inkompetent! Da wissen Sie gar
nichts! Schauen Sie nach Finnland!) Ja, warum, bitte, haben sie in Finnland
keine Probleme? Weil nördlich von Helsinki praktisch höchstens
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