Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 140
Ich komme jetzt zum letzten Punkt, weil Sie so gerne
auf die Verschuldungsquote Wien – Bund kommen. Nehmen Sie sich ein Beispiel bei
der Abgabenquote und bei der Steuerquote. Seit 2001 sank diese um
3 Prozentpunkte auf 41,7 Prozentpunkte des BIP. Was machen Sie? Sie
erhöhen die Gebühren, Sie erhöhen die Landessteuern, sodass erstmals diese
Abgaben im Jahr 2006 auf über 1 Milliarde angestiegen sind, wie im Rechnungsabschluss dargestellt. Also
das ist die Wiener Antwort auf die Bemühungen des Bundes, die letztendlich das
Wiener Budget ermöglicht haben (GR Harry
Kopietz: Ach ja?), denn 50 Prozent des Wiener Budgets stammen aus
Bundesmitteln. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch das nimmt man halt nicht gerne zur Kenntnis. (Heiterkeit bei VBgmin Mag Renate Brauner.)
Ich weiß es schon, Frau Vizebürgermeisterin, das Schmunzeln sollte Sie
animieren, diese Bundesmittel auch korrekt auszugeben. Mittlerweile, Frau
Vizebürgermeisterin, erwähne ich schon in jeder dritten
Landesregierungssitzung, dass sie bei der Ausgabe dieser Bundesmittel
ungesetzlich vorgehen. Es kommt wieder ein Finanzausgleich, und ich hoffe, dass
diesmal Controllinginstrumente eingesetzt werden, um diesen ungesetzlichen
Zustand endlich zu beenden.
Da werden wir auch noch einmal anführen, wo das
ungesetzlich ist. Sie verwechseln ganz einfach in der Verfassung die
Kompetenzen des Bundes mit den Kompetenzen des Landes und der Gemeinde. Wenn
wir Lehrerinnen und Lehrer als Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter
einsetzen, wenn wir Lehrerinnen und Lehrer als Kinderpsychologen einsetzen,
wenn Sie Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen der Jugendwohlfahrt tätig werden
lassen, dann ist das, Frau Vizebürgermeisterin, ganz einfach ungesetzlich, denn
das sind Kompetenzen des Landes und Kompetenzen der Gemeinde. (Beifall bei
der ÖVP.)
Jeder vierte Lehrer fehlt auf die Art und Weise im
Unterricht. Wenn wir von Individualisierung des Lernens reden, dann reden wir
davon, dass es möglich werden muss, jeden Jugendlichen erfolgreich zu einem
Berufsabschluss oder zu einer Reifeprüfung oder Matura zu bringen. Das setzt
aber voraus, Frau Vizebürgermeisterin, dass die Ressourcen, die der Bund für
die Schulen zahlt, auch tatsächlich in den Schulen ankommen. Setzen Sie sich doch
im Finanzausgleich dafür ein, dass die Mittel vom Bund gleich direkt den
Schulen zur Verfügung gestellt werden, dann geht es nämlich allen Wiener
Schülerinnen und Schülern besser als heute, da die Quellen versiegen und vom
Minoritenplatz und von der Hinteren Zollamtsstraße letztendlich nicht in 23
Wiener Bezirke kommen, weil ganz einfach nur mehr drei von vier Lehrern dort
ankommen.
Also, Frau Vizebürgermeisterin, Sie hätten jede
Möglichkeit, in Bildung zu investieren. Denn nicht nur, dass sie jeden vierten
Lehrer einsparen, ich darf Ihnen gleich auch noch die Kosten dafür ausrechnen:
Das sind nämlich 107,5 Millionen. 107,5 Millionen EUR ist jener
Betrag, den Sie sich ersparen, weil Sie die Lehrerinnen und Lehrer, die Ihnen
eigentlich der Bund über den Finanzausgleich zahlt, nicht den Schulen zur
Verfügung stellen.
Es ist schon eigenartig, dass Sie jede Menge
Bundesrichtlinien brauchen, um so einen Dienstpostenplan zu erstellen. Aber das
alles nützt nichts, denn Sie weigern sich einfach, diese Richtlinien
einzuhalten. Das führt dazu, dass Wien das einzige Bundesland ist, in dem nicht
der jeweilige Schulstandort in diesem Dienstpostenplan aufscheint. Meine Damen
und Herren, warum scheint der Schulstandort nicht auf? Weil dann die einzelne
Schule überprüfen könnte, welche Ressourcen ihr zustünden. Aber das wäre zu
viel Transparenz, denn dann würde sichtbar werden, dass derzeit
107,5 Millionen EUR ganz einfach fehlen.
Meine Damen und Herren! In Bildung wird investiert,
haben wir heute gehört. Kommen wir nun zum Schulbau. Auch das ein
hervorragendes Beispiel, um Klubobmann Oxonitsch lesen zu lehren.
Lesen Sie die Zeile, die die Instandhaltung der
Schulen seit dem Jahr 2002 ausweist, und vergleichen Sie – Sie sind ja so gerne
Historiker – die Zahlen, dann werden sie feststellen, dass dies 2002 noch
58 Millionen EUR waren und jetzt nur mehr 33 Millionen EUR. Mit
anderen Worten: 100 Millionen EUR hat man sich allein zwischen 2003 und
heute erspart gegenüber einem Budget, das ohnehin schon ein Mangelbudget war.
Was macht man jetzt? Man rechnet das Budget, das man
vorhat auszugeben, für die nächsten zehn Jahre hoch und verkündet diese 660
Millionen, die heute in der Prognose der Frau Vizebürgermeisterin allerdings
runtergekürzt wurden auf 610 Millionen, also auch da waren wieder
50 Millionen weniger. Wenn ich jetzt von diesen 610 Millionen die 100
Millionen abziehe, die deinvestiert wurden in den letzten vier Jahren, dann bin
ich nur bei 510 Millionen, und wenn ich die durch zehn dividiere, bin ich
bei 51 Millionen. Mit anderen Worten: Ihr Schulpaket ist eine einzige
Mogelpackung! (Beifall bei der ÖVP. – GR
Harry Kopietz: Ganz schwacher Applaus diesmal.) Diese Mogelpackung stellt
ganz einfach dar, dass Sie nicht einmal in den nächsten Jahren vorhaben, wieder
zum Budget des Jahres 2002 zurückzukehren, das Sie damals bereit waren, für den
Schulbau auszugeben.
Und wozu führt das? Das führt dazu, dass wir
mittlerweile einen Kinderschutz brauchen und nicht einen Tierschutz, denn
Kinder haben ein Recht auf Platz. Und wenn Sie von Individualisierung des
Lernens reden, dann lade ich Sie ein, die Wiener Pflichtschulen zu besuchen.
Dann sehen Sie, dass dort die Kinder fast übereinander sitzen müssen, damit sie
überhaupt im Klassenzimmer sitzen können. Aber ich gehe davon aus, Frau
Vizebürgermeisterin, dass, nachdem Sie die kollegiale Zusammenarbeit in der
Stadtregierung ja so gelobt haben, die Frau VBgmin Laska Ihnen sicher schon
aufgezeigt hat, dass Individualisierung des Lernens vom Raumangebot in der
Klasse abhängig ist.
Wenn also Kinder übereinander
sitzen, wie soll dann die individuelle Lernförderung stattfinden? Soll ein
Kind, mit dem anderen übereinander sitzend, lernen oder sind Sie in der Lage,
endlich jenen Klassenraum zur
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular