Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 140
Es ist im Zeitalter des Medienspektakels leicht: Politik spielt sich eben nur noch in den Medien ab. Drei Stunden heute, und es ist alles schon in diversen Nachrichtenmagazinen verbraten. Wenn ich mir denke: 100 Jahre vorher hätten die Sozialdemokraten oder die ehrenamtlichen Personen trommeln gehen müssen; das wäre eine andere „Hack'n" gewesen, als hier drei Stunden schön zu reden, das hätte schon anders ausgeschaut. - Egal.
Wir haben also einen Budgetüberschuss, das ist sehr
erfreulich. Aber das ist ja auch in Zahlen gegossene Politik: Woher kommt der
Überschuss? Der Überschuss muss ja irgendwo herkommen, da muss man irgendwo
eingespart haben. Ich denke, bei den ÖV, also im öffentlichen Verkehr, ist sehr
wohl eingespart worden. Es wird ausgepresst, es wird bei den Wiener Linien nicht
mehr neu besetzt, es ist ausgegliedert.
Es wird eine Politik gemacht, wo die Fahrgäste sich
schlichten müssen; sie hat den einen Vorteil, dass man nicht mehr umfallen
kann, aber sonst ist es meiner Meinung nach kein Vorteil. (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: So wie die GRÜNEN in Oberösterreich, ja?) Gut, es wird uns
vermiest, dass wir umsteigen, dass der Individualverkehr auf öffentliche
Verkehrsmittel umsteigt. Es ist so, dass ich nun ein paar Anträge einbringe,
die die Wiener Linien und die Stadt Wien nicht finanziell belasten würden, wenn
wir auch diese einhalten würden.
Der erste Antrag ist ein Beschluss- und
Resolutionsantrag von uns GRÜNEN betreffend Zweckwidmung des Nettoertrags der
Parkometerabgabe. Da heißt es ja, für welche Maßnahme der Parkometerverordnung
die Parkometerabgabe verwendet werden darf. Die wird auch im September teurer,
und da könnte man sie ja um eine Zweckwidmung bereichern. Dieser Paragraph
lautet: Der Nettoertrag der Parkometerabgabe ist für Maßnahmen zu verwenden,
die der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs dienen. Darunter sind vor
allem Maßnahmen zu verstehen, die den Bau von Garagen fördern - das haben wir
ohnehin schon zur Genüge -, die der Verbesserung von Einrichtungen der
städtischen Verkehrsbetriebe dienen - und daran hapert es noch -, oder solche,
die zu einer Funktionsaufteilung zwischen Individual- und Massenverkehr führen.
Unter Nettoertrag der Parkometerabgabe ist der um die Kosten der
Kontrolleinrichtungen verminderte Abgabenertrag zu verstehen.
Nach unserer Rechnung wurde im Jahre 2004 aus den
Geldern der Parkometerabgabe der Garagenbau mit rund 45 Millionen EUR
gefördert - das sind zirka 87 Prozent, meine Damen und Herren -, in die
Bevorrangung des öffentlichen Verkehrs flossen hingegen nur 5,4 Millionen EUR,
das sind nur 11 Prozent von dieser Gesamtsumme.
Wie ist das jetzt aufgeteilt? Ist das so, weil diese
87 Prozent für den Bau von Garagen an erster Stelle im Text stehen? Darum
wollen wir GRÜNE einen Antrag stellen, dass die Verordnung des Wiener Gemeinderates,
mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die
Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird - Parkometerabgabenverordnung -
dahin gehend ergänzt werden soll, dass der Nettoertrag der Parkometerabgabe
zumindest zu 70 Prozent für Maßnahmen, die der Verbesserung von
Einrichtungen der städtischen Verkehrsbetriebe dienen, und zu mindestens
5 Prozent für die Förderung des Radverkehrs - Ausbau von
Radabstellanlagen, Nachrüstung von Fahrradräumen in Altbauten und Ausweitung von
Citybike-Stationen - verwendet wird.
In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung
dieses Antrages an den Gemeinderatsausschuss für Finanzen, Wirtschaftspolitik
und Wiener Stadtwerke. - Das ist der erste.
Der zweite Antrag von uns betrifft die Einführung
einer Verkehrsanschlussabgabe. Da habe ich ein konkretes Beispiel dafür, zum
Beispiel den Böhmischen Prater. Der Kaiser vom Laaer Berg, ist mir gerade
gesagt worden - jeder weiß, wen ich meine, da brauche ich keinen Namen mehr
dazuzusagen -, oder auch Herr Hursky wird die Situation sicher kennen: Der
Böhmische Prater ist ein Erholungsgebiet für Wiener und Wienerinnen. - Herr
Harwanegg ist das, der Kaiser vom Laaer Berg. (Heiterkeit bei den GRÜNEN und
der SPÖ.)
Leider ist der öffentliche Verkehr in diesem Bereich
ziemlich unattraktiv. Man kann mit dem 6er bis Absberggasse fahren, dann hat
man zirka über einen Kilometer Fußmarsch bergauf zum Erholungsgebiet Böhmischer
Prater. Oder man kann mit dem 68A bis Urselbrunnengasse fahren, aber die
Intervalle des 68A sind wirklich verheerend; ich bitte, das zu überprüfen. Ich
meine, laut Fahrplan, schwarz auf weiß, sieht das immer sehr gut aus, aber wie
es in Wirklichkeit ausschaut - bitte, überzeugen Sie sich selber: Bis
Urselbrunnengasse fahren, dann nicht ganz einen Kilometer bis zum Böhmischen
Prater gehen, das ist wirklich sehr unattraktiv.
Das Beste ist noch der 69A, da fahre ich bis
Geiereckstraße. Aber das ist nur für Insider, weil das so ein Geheimweg ist: Da
geht es über eine Bahnbrücke und unter die Tangente. Das wäre noch die
günstigere öffentliche Verkehrsanbindung, aber es ist eben nur ein Geheimtipp.
Da wäre das wirklich treffend - weil jetzt die Firma
Admiral ein ziemlich großes Spielcasino baut, das ja größer als das im Prater
werden soll -, diese Einführung einer Verkehrsanschlussabgabe. Hinter dieser
Firma Admiral versteckt sich die Firma Novomatic, und das sind ja keine Armen.
Also trauen wir uns einfach, den öffentlichen Verkehr durch eine Verkehrsanschlussabgabe
attraktiver machen zu wollen, ohne dass die Stadt Wien oder die Wiener Linien
wirklich eine große Summe draufzahlen müssen.
Darum stellen wir den Antrag, die Frau amtsführende
Stadträtin für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerk wird ersucht,
eine Verkehrsanschlussabgabe gemäß ÖPNRV-Gesetz 1999 für Betriebsansiedelungen
von mehr als 10 000 m² einzuführen und damit die Finanzierung
notwendiger öffentlicher Verkehrsanbindung durch den Verursacher mitfinanzieren
zu lassen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung
dieses Antrages an den Ausschuss für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener
Stadtwerke. - Danke.
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