Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 140
internationalen Gästen zu sprechen, die zu Kongressen
hierher kommen; und die sagen, die Rahmenbedingungen dafür, dass man Wien als
Kongressstadt ausgewählt hat, sind insgesamt außerordentlich positiv. Aber ein
Faktor, der immer erwähnt wird, ist natürlich das reichhaltige kulturelle
Angebot. Also das macht sich - neben allem anderen, was wichtig ist - auch
wirtschaftlich bezahlt. Ich glaube, darauf können wir auch stolz sein, dass wir
in der Kultur wirklich die Vorzeigestadt in Europa sind. (Beifall bei der
SPÖ.)
Als einen Kernpunkt meiner Ausführungen - und das
gehört ganz genau zum Ressort der Frau Vizebürgermeisterin - möchte ich noch
die Daseinsvorsorge genauer beleuchten, weil das ein Thema ist, das wirklich
eine der ganz großen Herausforderungen für die Kommunalpolitik in Europa, in
Österreich und in unserer Stadt darstellt. Es ist die Sicherung der
Daseinsvorsorge, der öffentlichen Dienstleistungen, von allgemeinem Interesse
und wirklich ein Kernpunkt unserer Tätigkeit. Ich glaube, wir haben hier in den
letzten Jahren die richtigen Schritte gesetzt.
Der extreme Liberalisierungswahn, der teilweise in
Europa da war, kehrt sich ja teilweise schon wieder ins Gegenteil um.
Klubobmann Oxonitsch hat am Vormittag einen Artikel im, glaube ich, vorletzten
„Spiegel" erwähnt, in der deutschen Zeitschrift, worin sehr deutlich
dargelegt wurde, dass es in deutschen Städten, die privatisiert haben, damit
sie ein bisschen Geld hereinbekommen, aber damit so viele Verschlechterungen
für die Versorgung der Menschen hervorgerufen haben, jetzt wieder eine
Rekommunalisierung gibt. Aber natürlich ist das irrsinnig schwer! Dann, wenn
man einmal alles schon abverkauft hat, wenn schon alles den Privaten gehört,
wieder zu rekommunalisieren, ist außerordentlich schwierig.
Wir haben den gegenteiligen Weg gewählt. Der
öffentliche Nahverkehr, die Versorgung mit Trinkwasser, die Abwasser- und
Müllbeseitigung, die Versorgung mit Strom und Gas und andere Leistungen der
Daseinsvorsorge funktionieren in Wien ganz ausgezeichnet. Wir haben im Oktober
letzten Jahres in dieser Organisation NILS - das ist ein internationales
Netzwerk von gewählten Vertretern, die für die öffentlichen Betriebe eintreten,
auch die Stadt Wien ist Mitglied bei dieser Organisation - eine Konferenz
gehabt, und da konnten sich alle davon überzeugen - auch die, die vielleicht
nicht von Haus aus dafür sind -, dass das Eigentum an Stadtwerken und so weiter
gegeben sein soll und dass in Wien von allen Städten ebendiese öffentlichen
Dienstleistungen am besten funktionieren.
Das ist natürlich auch der beste Beweis und das beste
Argument dafür, dass wir diese Strukturen aufrechterhalten wollen. Das liegt an
vielen Faktoren: Das liegt an den engagierten und motivierten Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern, das liegt am Management, das nach fachlichen Kriterien
bestellt wird, das liegt aber auch an den politischen Rahmenbedingungen, die im
Wesentlichen die Sozialdemokratie in dieser Stadt geschaffen hat, und zwar im
Gegensatz zu jenen Vorschlägen, die die ÖVP und teilweise auch die FPÖ immer
gebracht haben.
Wir haben - die Frau Vizebürgermeisterin hat es am
Vormittag ausgeführt - die Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge weiter
ausgeweitet und schaffen damit Rahmenbedingungen. Dazu gehört aber auch, dass
wir die Verfügungsgewalt und das Eigentum über diese wesentlichen Betriebe der
Stadt, die die Daseinsvorsorge sichern, weiter behalten werden. Das ist ganz
sicher, denn durch das Eigentum an diesen Betrieben sichern wir im Interesse
der Menschen die Versorgung! (Beifall bei der SPÖ.)
Die
Risiken der übertriebenen Liberalisierung, wie sie von den Apologeten des
Neoliberalismus europaweit erfolgt - und auch in Österreich hat sich ja in der
vorigen Bundesregierung manches breit gemacht, der vorige Finanzminister -, die
Risiken einer übertriebenen Liberalisierung werden immer mehr bekannt und sind
jetzt praktisch auch schon empirisch belegbar. Leider ist es für die
Betroffenen, für die vielen Millionen, die in diesen Städten negativ betroffen
sind, ja schlimm, aber man kann empirisch belegen, dass diese übertriebene
Liberalisierung Folgendes herbeiführt: Den Anstieg der Preise bei sinkender
Qualität, ein Sinken der Löhne bei verschlechterten Arbeitsbedingungen, den
Abbau von Sozialleistungen, eine geringere Investitionsbereitschaft, eine
Zugangsselektion zu den öffentlichen Dienstleistungen, keine flächendeckende
Versorgung und eine Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung. Die kommunale
Selbstverwaltung ist ein wesentlicher Pfeiler unserer Demokratie, und die würde
komplett ausgehöhlt werden, wenn wir die Daseinsvorsorge nicht in dem Sinn, wie
wir es machen, sichern könnten.
Man muss
hier auch manchen extremen Liberalisierungsbestrebungen der EU-Kommission oder
von Vertretern der EU-Kommission immer wieder entgegentreten; im Interesse der
Menschen unseres Landes müssen wir das machen. Wir waren ja in einer Delegation
Ende Oktober in Brüssel und haben dort beispielsweise mit Vertretern der
EU-Kommission diskutiert, die damals dieses unglückselige Ownership Unbundling
propagiert haben.
Das ist
eine erzwungene Eigentumsentflechtung auf dem Energiesektor, sodass Erzeugung
und Vertrieb nicht nur praktisch rechtlich getrennt werden in verschiedenen
Gesellschaften, sondern auch vom Eigentümer her getrennt werden müssten. Es
müssten also dann bei Strom und Gas Erzeugung und Vertrieb verschiedenen
Eigentümern gehören. Im Extremfall würde das darauf hinauslaufen, dass mehr
oder weniger sogar eine Zwangsenteignung erfolgen würde. Wenn man zwangsweise
abverkaufen müsste und das dann ja irrsinnig viele in Europa machen müssten,
hätte das nur negative Folgewirkungen.
Es war erfreulich, dass nach
meiner Stellungnahme dort auch Kollege Tschirf und dann, glaube ich, auch StR
Herzog und Kollegin Vana von den GRÜNEN sich gegen diese Bestrebungen
ausgesprochen haben. Ich will nicht sagen, dass unser Auftreten da
ausschlaggebend war, aber Faktum ist, dass inzwischen vorläufig dieses
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