Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 118
Arbeitsmarkt. Sie wissen, die Arbeitslosenzahl, die Zahl der arbeitsuchenden Frauen, ist weitaus höher, als Sie es jeden Monat, wenn die Arbeitslosenstatistik kommt, bejubeln. Der Rückgang der Frauenarbeitslosigkeit ist ein rein statistischer, weil er sich ausschließlich um die Zahl der beim AMS pro Monat gemeldeten Frauen handelt. Die Zahl der arbeitsuchenden Frauen in Wien ist wesentlich höher und auch der so genannte Schmäh mit der Erwerbsquote ärgert uns nachhaltig, denn das Bejubeln der hohen Erwerbsquote, der vergleichsweise zu anderen Bundesländern höheren Erwerbsquote, verschleiert, dass der Anstieg an Arbeitsplätzen für Frauen ausschließlich atypische Beschäftigungen und Teilzeitbeschäftigungen betrifft. Das sind Beschäftigungen, von denen die Frauen meistens nicht leben können und auch wesentlich schlechter ins Sozial- und Arbeitsrecht eingebunden sind.
Und das ist eine Verschleierung der Tatsachen in dieser
Stadt, die Sie eigentlich nicht notwendig hätten. Wir vermissen ein
arbeitsmarktpolitisches Aktionsprogramm für Frauen, wir vermissen die Priorität
auch der Arbeitsmarktpolitik, aus der Sie ja kommen, Frau Kollegin
Frauenberger, auch den Kampf gegen die Einkommensunterschiede. Sie wissen, auch
in Wien steigen die Einkommensunterschiede.
Auch die Datenlage ist sehr mangelhaft. Wir haben zu Beginn
Ihrer Funktion eine Studie in diese Richtung angekündigt, eine Studie zu den
Einkommensunterschieden. Ich habe dazu bisher nicht sehr viel gehört, es wäre
aber sehr dringend, hier auch Wien-spezifische Daten, die mit den
Arbeitszeitstudien, die es ja für die Bundesebene gibt, zu korrelieren haben.
Symboliken, denke ich, reichen nicht in der Frauenpolitik.
Die berühmte Piktogramm-Kampagne „Wien sieht es eben anders" war zwar
recht witzig, aber es muss natürlich auch reale Politik dahinter stehen. Das
tut sie für uns zu wenig, Wien könnte mehr tun, Wien könnte innovativer sein.
Ich spreche jetzt gar nicht von so aufsehenerregenden Maßnahmen wie zum
Beispiel in Spanien, wo ein verbindlicher 40 Prozent-Frauenanteil nicht
nur in der Regierung, sondern auf allen Wahllisten aller Parteien im März beschlossen
wurde, und ich spreche auch gar nicht von dem auch hier schon einige Male
diskutierten Modell Norwegen, wo eine 40 Prozent Frauenquote für
Aufsichtsratfunktionen in Unternehmen vorgeschrieben wurde, und wenn sie nicht
erreicht wird, fliegt ein Unternehmen von der Börse.
Davon rede ich gar nicht, sondern ich rede vom Ausnützen der
Handlungsspielräume, die Sie in Wien haben, meine Damen und Herren, vor allem
von der Sozialdemokratie. Ich rede davon, dass es eine Reihe von Ideen gibt,
die zum Teil auch woanders schon ausprobiert und umgesetzt wurden, die
entwickelt wurden, und die Sie sich leider hartnäckig, mittlerweile muss ich
sagen, hartnäckig, weigern umzusetzen, denn wir stellen entsprechende Anträge
jetzt seit Jahren. Das ist enttäuschend.
Zwei Beispiele dafür, die wir uns heute erlauben, erneut
einzubringen, sind die Koppelung der Wirtschaftsförderung in Wien an
Frauenförderung und der Lehrlingsfonds beziehungsweise Berufsausbildungsfonds
mit Schwerpunkt der Förderung von Mädchen in nicht-traditionellen Berufen. Das
wären zwei Modelle, die im Kampf gegen die Einkommensschere sehr wichtig wären,
insbesondere die Koppelung der Wirtschaftsförderung an Frauenförderung. Schade,
dass Sie Wirtschaft, Unternehmen und Arbeitgeber offenbar nicht in die Verantwortung
für Frauenförderung nehmen wollen. Ich denke, Frauenförderung ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nicht nur der öffentlichen Hand, sondern eben
auch von Unternehmen, denn wir kennen ja den jüngsten Rechnungshofbericht, der
eindeutig zeigt, dass mindestens 15 Prozent der gemessenen
Einkommensunterschiede nicht auf die geringere Arbeitszeit von Frauen
zurückzuführen sind, sondern auf direkte geschlechtsspezifische
Diskriminierungen durch Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen und Unternehmer und
Unternehmerinnen. Das heißt, es wäre Zeit, hier auch Unternehmen in die
Verantwortung zu nehmen. Sie wissen, die Grünen
haben vor einiger Zeit ein entsprechendes Modell der Gleichbehandlungsbilanzen
in Unternehmen entwickelt, wir haben Ihnen das auch zukommen lassen. Es gibt ja
im ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds und auch mit unserem rot-grünen Projekt
der Koppelung der Auftragsvergabe an Frauenförderkriterien entsprechende
Überlegungen in die richtige Richtung und ich freue mich auch zu hören, dass
Mitte Juni die Frauenministerin Bures auf einer SPÖ-internen Veranstaltung, die
aber auch über die Medien gegangen ist, ihre Zustimmung oder ihre Überlegungen
in Richtung Koppelung der Wirtschaftsförderung an Frauenkriterien verlautbaren
hat lassen.
Das ist der Grund, weshalb wir Grüne heute unseren Antrag auf Koppelung der
Wirtschaftsförderung an Frauenförderung beziehungsweise Entwicklung
entsprechender Modelle erneut einbringen. Es ist dies ein Modell, das für
Betriebe ab einer bestimmten Betriebsgröße wirken soll und ab einer
Wirtschaftsfördersumme, die beantragt werden soll.
Wir haben eine Reihe von Indikatoren entwickelt, den
Frauenanteil auf allen Hierarchieebenen, zum Beispiel, oder Einkommen und
anderes und ich denke, das wäre bei einem Wirtschaftsförderungsvolumen, das
hier relevant wäre, ungefähr im Ausmaß von 30 Millionen Eur in dieser Stadt, doch ein wichtiger
Schritt, hier wirklich ein Signal zu setzen. Ja, Frauenförderung ist auch eine
betriebliche Aufgabe und wir fördern und unterstützen das. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der zweite Antrag, den ich schon angesprochen habe, ist der
Antrag auf einen Lehrlingsfonds, beziehungsweise Berufsausbildungsfonds. Dieser
Antrag ist nicht neu, ich stelle ihn aber auch deshalb erneut, weil es ja
eigentlich von Seiten der SPÖ-Wien hier zu diesem Modell des Lehrlingsfonds,
nämlich wie es auch in Vorarlberg praktiziert wird, die Absicht gibt, dass auch
nichtausbildende Betriebe, also alle Betriebe, ja, die Wirtschaft insgesamt, in
die Finanzierung eines solchen Fonds einbezogen werden sollen.
Die Stadt Wien hat eigentlich
immer positive Signale zur Einrichtung eines solchen Modells gegeben, hat sich
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