Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 118
aber bisher auf die Bundespolitik ausgeredet und hat immer gesagt, ja, Lehrlingsfonds, wäre ein interessanter innovativer Ansatz, das finden wir gut, wir wollen es aber nicht ohne Bundespolitik machen, und es gibt auch einen entsprechenden neuen Beschluss des SPÖ-Landesparteitags, soweit ich weiß, der sich ebenfalls zur sofortigen Einrichtung eines Berufsausbildungsfonds bekennt.
Sie wissen, so ein Berufsausbildungsfonds wäre
insbesondere zur Förderung von Mädchen in nichttraditionellen Berufen wichtig.
Sie wissen, der Anteil der Jugendarbeitslosen an der Gesamtzahl der
Arbeitslosen steigt. Sie wissen, es gibt eine starke geschlechtsspezifische Segregation
am Arbeitsmarkt schon bei Mädchen und Burschen, zum Beispiel sind die
Einkommensunterschiede bei Lehrlingen bereits satte 18 Prozent, und
55 Prozent aller weiblichen Lehrlinge sind konzentriert auf nur drei
Berufe, die eher schlecht bezahlt sind, und insgesamt sind überhaupt nur
15 Prozent aller Lehrlinge in Wien weiblich. Und da denke ich mir, gibt es
einen großen Handlungsbedarf. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe sinkt ja auch
leider wieder, das heißt, meine KollegInnen Alev Korun, Ingrid Puller und
Martin Margulies werden anschließend den Antrag einbringen, dass die Frau
amtsführende Stadträtin für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke
unverzüglich dafür sorgen möge, dass ein Wiener Berufsausbildungsfonds
eingerichtet werde. Der Berufsausbildungsfonds soll auch gegen die
geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes wirken.
Es ist dies ein Zuweisungsantrag, dass heißt, wir
haben auch hier noch ausführlich Gelegenheit, ihn zu diskutieren. Der letzte
Antrag, den wir heute einbringen wollen, behandelt ein Thema, das uns auch seit
Jahren sehr wichtig ist, und das ist das Thema der Frauenförderung im
öffentlichen Dienst. Auch hier ist leider eine magere Bilanz gegeben, was die
Umsetzung des ja an sich sehr guten Wiener Gleichbehandlungsgesetzes betrifft,
das Wiener Gleichbehandlungsgesetz sieht ja im Gegensatz zu den
Gleichbehandlungsgesetzen anderer Bundesländer eine 50 Prozent-Frauenquote
vor, auch bei Aus- und Weiterbildung. Das finden wir sehr gut, allerdings
hinken die realen Ziffern sehr stark hinterher.
Sie wissen, der Frauenanteil in Spitzenfunktionen im
Magistrat stagniert leider seit Jahren, und auch bei Aus- und Weiterbildung
gibt es krasse Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern, nämlich der Anteil
der Frauen an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Stadt Wien sinkt seit 2005
in Wien. Wir haben es auch kaum glauben können, aber eine Anfragebeantwortung
der GRÜNEN jüngst hat dies ergeben, der Frauenanteil bei Aus- und Weiterbildung
sinkt, bei der mittleren Führungsebene, die besonders wichtig wäre, hier an
Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen partizipieren zu können, ist der Frauenanteil
überhaupt magere 32 Prozent, obwohl ja weit über 50 Prozent aller
Beschäftigten bei der Stadt Wien Frauen sind, aber eben auch hier eine starke
Ungleichverteilung. Das heißt, es ist wirklich Zeit, hier aktive und offensive
Umsetzungsmaßnahmen für Frauenförderung in der Stadt Wien zu setzen und Taten
zu vollbringen, statt Worte zu machen.
Meine Kolleginnen Ingrid Puller und Alev Korun werden
also den Antrag im Rahmen dieser Geschäftsgruppe einbringen:
„Die Frau amtsführende Stadträtin für Integration,
Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal möge offensive
Umsetzungsstrategien im Sinne des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes mit
folgenden Zielen erlassen: Erhöhung des Frauenanteils in Leitungsfunktionen,
Erhöhung des Frauenanteils bei Aus- und Weiterbildungen, insbesondere für
Führungskräfte und Management, Förderung der Väterkarenz und Verringerung der
Einkommensunterschiede von Frauen und Männern.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung des Antrags.“
Ich komme zum letzten Punkt meiner Ausführungen - und
das ist einmal ausnahmsweise etwas Positives - nämlich zum Gender Budgeting,
dem auch die Frau Vizebürgermeister einen kleinen, aber doch signifikanten Raum
in ihrer Budgetrede eingeräumt hat. Gender Budgeting ist ja seit Jahren ein
sehr starkes grünes Anliegen, wir haben auch etliche Anträge in dieser Richtung
gestellt, haben auch immer begrüßt, dass es nun eingeführt ist, und auch sehr
ambitioniert eingeführt wurde, nämlich wirklich alle Geschäftsgruppen, also der
gesamte Magistrat, sind in diesen Prozess einbezogen. Wir anerkennen auch, dass
die grüne Kritik des letzten Jahres hier beim Rechnungsabschluss augenscheinlich
gefruchtet hat, es befindet sich jetzt nämlich ein Gender-Budgeting-Kapitel im
Rechnungsabschluss, und das hat es letztes Jahr nicht gegeben.
Es gibt auch definierte Ziele, es gibt definierte
Erfolgsfaktoren, es gibt definierte Maßnahmen. Das ist ein Schritt in die
richtige Richtung. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Allerdings sind die Maßnahmen, die die einzelnen
Geschäftsgruppen zurückmelden, von, ich sage es einmal, frauenpolitisch, auch
ein bisserl aus feministischer Sicht gesagt, unterschiedlicher Qualität. Zum
Beispiel wird die Vereinbarkeitsfrage primär und fast ausschließlich als
Frauenfördermaßnahme gesehen, was sie, denke ich, nicht ist, denn Maßnahmen zur
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, eine familienfreundlichere Arbeitswelt,
kommt natürlich auch Männern zugute.
Manche Erfolgskriterien, die definiert wurden, haben
mich auch zum Teil befremdet beziehungsweise zum Schmunzeln gebracht. Zum
Beispiel der hohe Frauenanteil bei Bestellung von Tierschutzbroschüren, oder noch
witziger, obwohl ich nicht weiß, ob das Wort witzig hier angebracht ist, der
hohe Frauenanteil bei FriedhofsbesucherInnen. Das ist doch zumindest ein
erklärungsbedürftiger Erfolgsindikator, aber soll sein. (GR Mag Wolfgang
Jung: Weil Frauen überbleiben!) Das wird es sein, Herr Kollege.
Es gibt auch kaum Budgetnennungen,
Ziffernbenennungen in diesem Gender-Budgeting-Bericht, was ihn eigentlich eher
zu einem Gender-Mainstreaming-Bericht macht. Es sind auch oft reine Statistiken
über
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular