Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 118
Diversitätspolitik ohne
bremsende Kräfte umsetzen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und die Erfolge
geben uns recht: Wien ist eine Stadt mit einem hohen Zuwandereranteil. Trotzdem
gibt es keine No-Go-Areas, keine brennenden Vorstädte und keine Ghettos. Und
dahinter steckt keine zufällige Gunstlage des Schicksals, meine Damen und
Herren, sondern ein durchdachtes und ständig neu überarbeitetes Konzept der
Integration und Diversität. (Beifall bei der SPÖ.)
Noch einmal für alle zur
Erinnerung: Die Basis unserer Integrationspolitik ist, dass jede Zuwanderung
klare Regeln und Integration braucht und an begleitende Maßnahmen gekoppelt
sein muss. Wir lassen weder die ZuwanderInnen noch die langjährige Bevölkerung
im Regen stehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Der Schlüssel zur
Integration sind selbstverständlich die Sprache und das Verstehen des Systems
in Österreich. Deshalb sind unsere Angebote auch maßgeschneidert auf die
Bedürfnisse der verschiedenen Gruppen ausgerichtet. Wir haben heuer die Zahl
der Sprachkurse um zirka 20 Prozent erhöht. Im vergangenen Jahr haben
7 000 ZuwanderInnen von den Sprachkursen profitiert, das sind um
1 000 mehr als 2005.
Das Hauptziel der MA 17
ist, nicht nur die Sprache zu vermitteln, sondern auch die Möglichkeit zu
geben, sich das eigene Lebensfeld besser organisieren zu können. Im
Kindergarten und in der Schule setzt die Stadt auf begleitende
Unterstützungsmaßnahmen. Der Kindergarten, der erste Schritt zu einer
Bildungseinrichtung, bietet Sprachkompetenz für den Schuleintritt. Hier gilt
die Devise „Je früher, desto besser".
Wobei ich hier auf einen
weit verbreiteten Irrtum hinweisen will: Nichtdeutsche Muttersprache bedeutet
nicht mangelnde Deutschkenntnisse, meine Damen und Herren. Und ich kann es
nicht oft genug wiederholen: Die Muttersprache ist der Grundstock für das
Erlernen jeder weiteren Sprache. „Wie menschlich die Menschen sind, zeigt ihr
Umgang mit der Muttersprache“, sagte Friedrich Schiller. (Ironische
Heiterkeit bei GRin Mag Sirvan Ekici.) Die Wiener Integrationspolitik
sieht sich hier ganz im Erbe des großen deutschen Dichters!
„Zuwanderer wollen nicht nur
Deutsch lernen, sondern sie wollen sich beruflich und gesellschaftlich
integrieren.“ – Das sind Worte
von Rita Süssmuth, CDU-Politikerin und ehemalige Integrationsbeauftragte der
deutschen Bundesregierung. Sie hat eine Kommission geleitet, die Vorgaben und
Richtlinien für die Zuwanderung nach Deutschland erarbeitet hat. Eine solche
Kommission wäre auch in Österreich mehr als notwendig!
Arbeit ist Katalysator für
Integration und soziale Sicherheit: Auch diesbezüglich setzten wir
zielgruppengenaue Angebote. Die rasche Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist
der entscheidende Faktor für soziale Sicherheit und Anerkennung.
Integration ist aber für uns
auch gute Nachbarschaft. „Durchs Reden kommen die Leut’ z’samm!“ sagen die
Wienerinnen und Wiener, und sie haben natürlich recht. (Zwischenruf von GR
Anton Mahdalik.) Das stimmt! Daher bieten wir auch Unterstützung bei
Konflikten im Umgang miteinander. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang
Jung.) Lösungsorientiert, Herr Kollege Jung, und deeskalierend! (GRin
Mag Sirvan Ekici: Was ist Ihre Lösung für Favoriten, nachdem Kinder
angeschossen wurden?)
Sehr geehrte Damen und
Herren! Wir wollen auch Indikatoren entwickeln, um international vergleichbare
Maßnahmen auf ihre Wirkung hin prüfen zu können. Damit komme ich wieder zur
Süssmuth-Kommission: Wir bräuchten eine unabhängige Kommission, die sich auf
wissenschaftlicher Basis mit der Zuwanderungs- und Integrationspolitik befasst.
Es geht dabei um eine generelle Neudefinition des Themas, und hochrangige
Persönlichkeiten aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen sollten
plausible, nachvollziehbare Konzepte entwickeln, und zwar unberührt von der
tagespolitischen Auseinandersetzung und dadurch sachorientiert.
Die Wiener ÖVP ist ja auch
dafür! – Ich zitiere aus Ihrem
Resolutionsantrag: „Die amtsführende Stadträtin für Integration, Frauenfragen,
Konsumentenschutz, Personal wird ersucht, in Absprache mit den amtsführenden
Stadträten, allen weiteren Geschäftsgruppen, den zuständigen Stellen des Bundes
unter Beiziehung von anerkannten Vereinen und Institutionen ein mit genauen
Inhalten und organisatorischen und zeitlichen Eckdaten versehenes
Integrationskonzept zu erarbeiten und umzusetzen.“ – Das fordert die Wiener ÖVP. (Zwischenrufe bei der
ÖVP.) Sehr gut! Machen wir’s. Packen wir’s an! (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Gern!) Warum setzen Sie sich nicht
dafür ein, dass das Ganze auch auf Bundesebene umgesetzt wird? – Ich warte
darauf!
Sehr geehrte Damen und
Herren! Ich habe absichtlich sachorientiert gesagt, denn hin und wieder gewinnt
man den Eindruck, dass tagespolitische Forderungen mehr lach- als
sachorientiert sind. Ein aktuelles Beispiel: Kollegin Ekici hat gesagt, dass
die ÖVP seit Jahren die Öffnung der Gemeindebauten für ausländische
Staatsbürger fordert. (GRin Mag Sirvan Ekici: Seit 1995 verlangen wir
die sanfte Öffnung! Lesen Sie nach!) Ich sage: Seit heute!
Seit Beginn des Jahres 2006
wurde das auf Grund einer EU-Richtlinie umgesetzt. Und jetzt fordert die
Integrationssprecherin Sirvan Ekici, dass die Stadt bei der Vergabe der
Gemeindewohnungen steuernd eingreift! (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Das ist unerhört!) –
Ich zitiere: „Ein gewisser Anteil an Ausländern, ob eingebürgert oder nicht,
soll nicht überschritten werden. Die Österreicher dürfen sich nicht in der
Minderheit fühlen.“ – Zitat
Ende. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Klubobfrau Vassilakou meint
dazu: Einen Versuch wäre es wert. –
Ich weiß schon: Es war damals sehr heiß, als diese Idee präsentiert wurde! Hat
sich irgendjemand in der ÖVP einmal Gedanken darüber gemacht, wie man all das
umsetzen könnte? (StRin Mag Katharina
Cortolezis-Schlager: Alle von uns!)
Aha!
Das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ausländer, ob eingebürgert oder nicht, sollen einer Quote unterworfen werden. Alleine die
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