Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 118
wir brauchen diese Einrichtungen!, sondern die Qualität für die nächsten Jahrzehnte sicherstellen. Ich bringe daher gemeinsam mit meiner Kollegin Sigrid Pilz, Karlheinz Hora und Christian Deutsch folgenden Beschlussantrag ein:
„Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass
bei Vergabeverfahren des KAV gemäß Wettbewerbsleitfaden der Stadt Wien
vorgegangen wird, um die planerische Qualität der zu entwickelnden Stadtteile
und Gebäude für Gesundheit und Pflege sicherzustellen."
Ich glaube, dieser Antrag ist besonders wichtig, weil
ich da schon des Öfteren gehört habe, dass der Krankenanstaltenverbund die
Qualität von Planungsleistungen noch nicht auf allen Ebenen erkannt hat, da
eher drängt und glaubt, wer schneller ist, bekommt ein besseres Ergebnis. Ich
glaube, es ist allgemein bekannt, dass gerade bei der Planung Kosten
langfristig gespart werden können, wenn diese ausreichend und gut gemacht wird.
Nun zu dem dritten Themenbereich, den ich mir
vorgenommen habe, weil ich eben doch hoffe, dass wir hier auch eine
konstruktive Auseinandersetzung führen, zu einem Thema, das ich auch schon
öfters angesprochen habe: Die Immobilienwirtschaft boomt. Es wird in den
nächsten Jahren mit einem großen Bevölkerungszuwachs in Wien gerechnet, es wird
wirklich viel gebaut werden müssen. Die Stadtplanung hat sich doch ganz gut
darauf eingestellt. Es gäbe allerdings die Möglichkeit, dass die Kosten, die
diese Entwicklungen mit sich bringen werden, nämlich für Infrastruktur,
Straßenbau, Kanal, Schulen, nicht von der öffentlichen Hand allein getragen
werden, sondern gemeinsam mit der Immobilienwirtschaft, die ja von diesem Boom
auch sehr profitiert.
Ich spreche - wie vielleicht einige schon erraten
können - wieder einmal von dem Thema Planwertgewinn. Es gibt, wie gesagt,
international Modelle, die beweisen, dass es funktioniert. Es gab immer wieder
die Aussage der Stadt Wien, dass es nicht ginge, weil es unsere Verfassung
nicht erlauben würde, es gibt aber international unterschiedlichste Modelle.
Wie gesagt, beispielsweise in München werden
Herstellungskosten für soziale Infrastruktur und Erschließungsanlagen ganz an
die Entwickler abgetreten, wobei sichergestellt ist - weil dann immer von
manchen das Gegenargument kommt, das sei so wirtschaftsfeindlich, man würde
alle Investoren verschrecken -, dass ein Drittel des planungsbedingten
Wertzuwachses als Investitionsanreiz bei den Entwicklern verbleibt. Es wäre
also wirklich nicht so, dass man dadurch diese Entwicklung total stoppen würde,
sondern es würde geregelt ablaufen können, und es würde das Wiener Budget
entlastet werden, zugunsten anderer wichtiger Bereiche wie etwa der Pflege und
des Sozialbereichs.
Es gab 2002 eine Untersuchung, die damals Herr
Puchinger geleitet hat - damals noch als externer Experte, jetzt unser
Planungsdirektor -, die aber leider zu dem Schluss kam, dass es eben in Wien
nicht möglich sei. Ich denke, dass es jetzt, fünf Jahre später, doch an der
Zeit ist, diesen Standpunkt ernsthaft zu überdenken. Ich glaube auch und bin
überzeugt davon, dass sich die Kommunen diese Haltung in Österreich nicht mehr
lange werden leisten können und auch die Stadt Wien es sich nicht mehr wird
leisten können, an diesem Thema vorbeizugehen.
Um die Ernsthaftigkeit dieses Vorschlags noch einmal
zu untermauern, möchte ich Ihnen zur Kenntnis bringen, dass das Umweltbundesamt
eine sehr gute Studie zu diesem Thema verfasst hat. Da geht es vor allem auch
darum, dass über großen Flächenverbrauch die Zersiedelung forciert wird und
eben nicht nur hohe Kosten für die Gemeinden entstehen, sondern auch
langfristig der Naturraum und die Landschaft zerstört werden. Die bringen drei
ganz konkrete Vorschläge, beispielsweise, dass man bei Flächenwidmungen viel
mehr die Kostenwahrheit der Erschließungskosten bedenkt. Einfamilienhäuser zu
widmen, mag zwar kurzfristig zusätzliche Wähler bringen - Kleingartensiedlungen
et cetera -, aber langfristig kostet dies die Stadt unglaublich viel Geld.
Es gibt auch neue Berechnungen, da heißt es, dass
oftmals erwartete positive fiskalische Effekte von Baulandausweitungen für
Gemeindehaushalte deutlich überschätzt werden und von den
Infrastrukturfolgekosten sogar überkompensiert werden. Das heißt, wenn man eine
Einkaufszentrumswidmung macht, so kann man nicht erwarten, dass man dann durch
die höhere Kommunalabgabe einen Wahnsinnsgewinn hat, weil eben die Folgekosten
für Straßenbau et cetera sehr hoch sind. - Das auch zum Thema Rothneusiedl.
Die zweite Anregung ist ebendiese schon genannte
Abschöpfung planungsbedingter Bodenwertzuwächse. Dafür gibt es, wie gesagt,
auch Beispiele in Berlin. Ein zusätzliches Argument ist auch, dass man dadurch
Widmungen, die man schon vorgenommen hat, forcieren kann. Das heißt, es kann
nicht einer sein Geld in einem hoch gezonten Grundstück deponieren und es dann
ewig liegen lassen, sondern man kann dadurch auch die Stadtentwicklung lenken.
Ein weiteres Thema, was da noch genannt wird, ist die
Reformierung der Grundsteuer. Das ist natürlich nicht ganz unsere Kompetenz,
ich möchte aber schon noch daran erinnern - weil es eben immer wieder die
Ausrede war, das sei verfassungsrechtlich nicht möglich -, dass die Wiener
Mehrheitsfraktion SPÖ den Bundeskanzler stellt und auch in der Bundespolitik
Einflussmöglichkeiten haben sollte.
Abschließend zum Rechnungsabschluss: Meiner Ansicht
nach sind die Zahlen ordnungsgemäß in Tabellen gegossen. Aber was eindeutig
fehlt, ist ein Gestaltungswille, eine Vision und auch ein Erkennen, ein rechtzeitiges
Erkennen von Entwicklungen und da ein Gegensteuern, indem man sich Instrumente
ausdenkt, wie man mit diesen Entwicklungen besser zu Rande kommt.
Aus diesem Grund werden wir dem Rechnungsabschluss
nicht zustimmen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Der nächste Debattenbeitrag kommt von Herrn Mag Gerstl. Ich bitte ihn
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