Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 118
irgendwelche anderen Bevölkerungsgruppen drinnen sind, und
es käme ganz offensichtlich keiner auf die Idee, als Türke ein serbisches Lokal
oder als Serbe ein albanisches Lokal zu betreten. Dieses Problem ist also
ebenfalls gegeben, und die Auseinandersetzungen in diesem Bereich nehmen auch
massiv zu. Da ist man, wie wir wissen, auch durchaus gewaltbereit, wie die
diversen Duelle bis hin zu Schussattentaten und Schussverletzungen im Bereich
Ottakring ja beweisen.
Die Situation im Gemeindebau verschärft sich parallel
dazu – das haben wir schon genug besprochen –, ein Drittel der Mieter sind zur
Zeit bereits Zuwanderer. Die neue EU-Richtlinie, zu der wir gestern einen Antrag
eingebracht haben, verschärft die Situation mittelfristig noch weiter.
Wir wissen, dass die Mittelschicht aus diesen
Gebieten abwandert. Auch wenn sich natürlich – das ist völlig richtig – der
Schwerpunkt der Auseinandersetzungen und der Konflikte im eigentlichen
Gürtelnahbereich abspielt, gibt es doch im Gemeindebaubereich auch eine
entsprechende Gefahr einer sozialen Entmischung durch die Abwanderung der
Mittelschicht. Ich habe selber einmal mit Bekannten über dieses Thema
gesprochen. Die haben gerade zum Raum Ottakring festgestellt, dass viele ihrer
Bekannten sich in der Zwischenzeit von diesem Bezirk verabschiedet haben und
zum Beispiel nach Niederösterreich gegangen sind oder eben in andere Bezirke
Wiens.
Diese soziale Entmischung hat zur Folge, dass
natürlich zum Beispiel die Kaufkraft der Bevölkerung sinkt – sie ist zur Zeit
um 30 Prozent niedriger als im Rest der Bevölkerung –, und die Gefahr der
Ghettoisierung, die von der Mehrheitspartei gerne abgestritten wird, ist
natürlich auch weiterhin gegeben.
Wir haben die Probleme aufgelistet, die im
Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zuwanderern existieren – ich brauche
sie nicht zu wiederholen –, aber auf alle Fälle kann man feststellen, das die
Beschwerdeflut, die sich angehäuft hat, in den letzten zwei, drei Jahren massiv
zugenommen hat. Es hat eine Phase gegeben, wo man den Eindruck hatte, die
Beschwerdeflut der Einheimischen – und die landet in erster Linie bei uns –
hätte sich gelegt, aber in den letzten zwei, drei Jahren hat es wieder eine
ganz, ganz massive Zunahme an solchen Beschwerden gegeben. Und eine Studie hat
ja auch festgestellt, dass 59 Prozent der Wiener das Zusammenleben mit den
Migranten als negativ betrachten.
Ich darf daher sagen und glaube, sagen zu müssen,
dass die Situation am Beispiel des Gemeindebaus als gescheitert zu betrachten
ist. Eine Kapitulation der SPÖ hat insofern stattgefunden, als sie einen
Themenwechsel, einen inhaltlichen Wechsel vollzogen hat, von der Integration
weg, dass heißt, von der Anpassung und Einbindung Zuwandernder in die hier
übliche deutsche Sprache, Kultur und Lebensumstände, hin zur Diversität, die
nun propagiert wird, allerdings würde ich meinen, ist diese Flucht in die
Diversität eben eine Flucht und nichts anderes. Die SPÖ hat kapituliert vor der
Möglichkeit, Integration zu verwirklichen und hat offensichtlich diese
Integration, so wie sie ursprünglich angestrebt wurde, als politisches Ziel
aufgegeben. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir erleben nun, dass Diversität natürlich Folgen
haben wird, Folgen in Sinne von Parallel- und Gegengesellschaften, und es steht
schon zu befürchten, dass sich die Situation verschärfen wird und vielleicht
Vergleiche mit Kreuzberg, mit anderen Städten in Holland oder in Frankreich,
etwa Paris, oder wo auch immer durchaus angebracht sind.
Die Wiener SPÖ ist übrigens die einzige Partei in
Österreich und im deutschen Sprachraum, aber auch außerhalb von diesem, die
diesen Kurs geht. Die SPD zum Beispiel und auch SPD-regierte Länder haben sich
ganz eindeutig zu einem anderen Kurs entwickelt. (GRin Anica Matzka-Dojder: Das ist doch überhaupt nicht wahr!) Lesen
Sie nach, was der ehemaligen Innenminister Schily für unglaubliche Vorschläge
gemacht hat im Rahmen einer rot-grünen Regierung. Sicher wird das Ihre
Begeisterung auslösen. Über die Vorschläge Schilys können wir uns unterhalten
und versuchen, sie durchzuführen. Da sind wir gerne dazu bereit. (Beifall bei der FPÖ.)
Und dann möchte ich, wenn wir schon dabei sind, auf
Ihren eigenen nunmehrigen Bundeskanzler hinweisen, der im Juni 2006 ein
Programm angekündigt hat, ein 10-Punkte-Programm entwickelt hat, das im klaren
Gegensatz zur Integrations- oder Nichtintegrationspolitik der Wiener
Sozialisten in dieser Stadt steht, wie ich klar feststellen möchte. Ich will
das hier gar nicht zitieren, wir haben es ja ohnehin schon vorgelesen, ich habe
es aber da, wenn Sie es bestreiten sollten.
Man kann grundsätzlich sagen, Integration ist
gescheitert, im Gemeindebau und außerhalb. Man muss feststellen, Mediatoren und
andere werden zum Einsatz gebracht, um vielleicht irgendwo zu retten, was noch
zu retten ist. Ich kann dazu nur feststellen: Mediatoren sind ein Beruf mit
Zukunft, denn zur Zeit gibt es wenige, und wenn die Situation im Gemeindebau so
weitergeht, wird man nicht 10, 20, sondern Hunderte brauchen, womit ein
Versagen in der Integration vielleicht sogar positive Ansätze in der
Arbeitsmarktpolitik zur Folge haben wird.
Ich komme jetzt noch kurz zu einem Thema, das mich
interessiert, worüber heute in den Zeitungen etwas stand. Es ist ganz
interessant, wie der „Standard" heute die Zuwanderung kommentiert. Es wird
festgestellt in einer OECD-Studie, der zusätzliche Arbeitskräftebedarf konnte
von 1995 bis 2005 laut OECD durch Zuwanderung befriedigt werden. Die Frage, die
hier nicht beantwortet ist, ist die Frage nach der Qualifikation der
Zuwandernden, und die wird offensichtlich, wenn man so schaut, wer da kommt, in
Frage zu stellen sein.
Übrigens wird festgestellt, dass, gemessen an der
Gesamtbevölkerung, auch die Asylwerberzahl immer noch so hoch wie in keinem
anderen OECD-Land ist und dass eben 13 Prozent Zuwanderer sind. Die
Feststellung ist dann weiters, zu fragen, ob es wirklich die Zuwanderung
alleine sein muss, die zu einer Veränderung und zu einer Lösung führen könnte.
Die OECD sagt in der heutigen
„Welt" auf Deutschland bezogen – aber ich glaube, das kann man auch für
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