Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 118
Stolz
nicht aus!) Ich werde mir jetzt erlauben, damit zu beginnen.
„Denn die einen sind im Dunkeln, und die andern sind
im Licht. Doch man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man
nicht." - So hat Berthold Brecht 1928 in seiner Dreigroschenoper in Berlin
gesagt. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Ein
kommunistischer Dichter!) Würde er heute in Wien sein, so würde er es ganz
genau wieder so schreiben. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das war gescheit, was
er gesagt hat!) - Jetzt bin ich dran, Herr Dr Stürzenbecher! Ich habe auch
zugehört.
Ich darf hier gleich einen Fall zitieren, wo es trotz
allem, was bei 210 000 Gemeindewohnungen Positives passiert, das muss
ich hier unterstreichen, auch sehr viele Negativfälle gibt. Ich habe nur einen
herausgegriffen, weil es dabei um eine Familie mit neun Kindern geht. Sehr zur
Freude der GRÜNEN hat diese Familie, die seit 15 Jahren dort lebt, seit
fünf Jahren einen türkischen Nachbarn. Der hat sie jetzt, nach zehn Jahren, wo
die Familie schon drinnen gewohnt hat, wegen Lärmbelästigung geklagt. Es gibt
ein Zivilverfahren. Es gibt zwei Verfahren, das eine ist ein Zivilverfahren
zwischen diesem türkischen Nachbarn und dem Wiener Nachbarn mit den neun
Kindern. Das Gericht vertagt jedes Mal die Sitzung, weil es keine Gründe gibt,
ein Negativurteil für diesen Wiener Nachbarn auszusprechen. Ganz anders
reagiert Wien. Wien hat parallel dazu sofort beim Bezirksgericht die Delogierung
eingereicht. Aber auch die wurde schon zweimal verschoben, weil man nichts
wirklich Handgreifliches gegen die Familie in der Hand hat. Nur weil jetzt der
letzte Termin ist, hat man vom 18. Juli auf 14. Juli diesen
Delogierungstermin für eine Familie, wo noch sieben Kinder im Familienverband
leben, ausgesprochen. Wenn die Familie keine geeignete Wohnung findet, dann
werden ihr auch noch die Kinder weggenommen. Diese Familie hat 15 Jahre
ohne Mietrückstände, ohne Probleme mit den Kindern dort gelebt. Sie haben an
den Bürgermeister geschrieben und haben keine Antwort erhalten. Sie haben sich
an Wiener Wohnen gewandt und haben keine Antwort erhalten. Das sind jene, die
im Dunklen stehen und auch das muss man einmal sehen. (StR Johann Herzog: Erschütternd!)
Zur selben Zeit aber, als Berthold Brecht die
Dreigroschenoper schrieb, wurden in Wien, und das ist jetzt positiv, der
Rabenhof, der Karl-Seitz-Hof und der George-Washington-Hof errichtet. Es waren
dies alles Sozialprojekte, wo sich die Architekten, es waren damals im Rabenhof
zum Beispiel Heinrich Schmid und Hermann Aichinger, voll bewusst waren, dass es
sich dabei um Sozialprojekte handelt. Heute ist es leider oft so, und die
Objektförderung gibt dazu die Möglichkeit, dass die Sozialprojekte als
Spielwiese für Architekten ausgelebt werden. Das erhöht natürlich den Preis,
lässt dann weniger Bauten zu und die Bewohner sind dann auch nicht immer
glücklich damit, weil es nicht jedermanns Wohngefühl entspricht, wenn er nur
Glaswände hat und nicht Wände, wo er vielleicht auch einen Vorhang aufhängen
kann. Das aber nur als Beispiel. Ein bisschen mehr sollte man wieder das
Soziale in den Vordergrund stellen. Die Wohnbauförderung dient nicht für
Luxussegmente, wie ich sie hier schon sehr oft angeprangert habe, im Bereich
von Wellness-Zentren, Schwimmbädern und so weiter. Sozialer Wohnbau, gut
ausgestattet, aber bitte leistbar! (Beifall bei der FPÖ.)
Bei der Wohnbauförderung, Herr Dr Stürzenbecher, haben
Sie sich ein bisschen zu viel gelobt. Sie wurde einmal im Verhältnis zwischen
2005 und 2006 generell um 23 Millionen EUR gekürzt. Also der Betrag
ist schon einmal geringer. Von diesen 545 Millionen EUR verleibender
Wohnbauförderung sind aber 146 Millionen EUR für Infrastruktur und
sonstige Zwecke abzuziehen. Ich will jetzt gar nicht auf die sonstigen Zwecke
eingehen, weil es im Verhältnis ein geringer Betrag ist. Aber
126 Millionen EUR für die Infrastruktur ist dann doch eine ganze Menge.
Jetzt zu den Wohnbauförderungsmitteln für
Infrastruktur Verkehr: Sie haben gesagt, man darf nicht auf die grüne Wiese
bauen, wenn wir nicht die erforderlichen Verkehrsmittel haben. Dann frage ich
mich: Warum tun Sie es? Warum haben Sie seinerzeit die Thermensiedlung in
Oberlaa dort errichtet, wo man x-mal umsteigen muss, um sie zu erreichen? Am
Wienerberg haben wir kein attraktives Verkehrsmittel dorthin, die Leute müssen
immer wieder umsteigen. Für den Verkehr verwenden Sie diese
Wohnbauförderungsmittel Infrastrukturmaßnahmen offensichtlich nicht. Es könnte
sein, dass Sie sie für Infrastruktur in Form von Schulen, Kindertagesheimen und
Hortplätzen verwenden. Auch das ist nicht ausreichend der Fall. Denn kaum sind
die Leute eingezogen, sind entweder die Kindergartenplätze zu wenig oder es
müssen für die Schulen zusätzlich Container aufgestellt werden oder es gibt die
ersten paar Jahre überhaupt keinen Kindertagesheimplatz. Also auch dafür wird
das Geld nicht verwendet. Da erhebt sich die Frage: Wofür wird es verwendet,
wenn nicht für Infrastrukturmaßnahmen, die geschaffen werden?
Wir meinen, dass die Wohnbauförderung ausschließlich
der Errichtung von leistbaren Wohnungen zugute kommen muss. Während Mitte der
20er bis 30er Jahre schon 65 000 Wohnungen errichtet wurden, wurden
dann zwischen den 50er und 70er Jahren noch einmal 96 000 Wohnungen
errichtet. Aber in den letzten 40 Jahren waren es erschreckend wenig, es
waren etwas mehr als 50 000 Wohnungen. Und die allerletzte
Vergangenheit zeigt uns, dass es zum Stillstand gekommen ist.
Beleuchtet man aber noch einmal
die Wohnbauförderungsmillionen, und weil es um einen so großen Brocken geht,
möchte ich da wirklich noch gerne draufbleiben, würde man jetzt nach den alten
Richtsätzen, weil die Neubauverordnungsnovelle war ja für den letzten
Rechnungsabschluss nicht in Kraft, das heißt, mit Wohnbaukosten von
1 120 EUR pro Quadratmeter gedeckelt, beziehungsweise habe ich jetzt
einen Durchschnittswert von zirka 550 EUR Förderposten pro Quadratmeter
angenommen, dann hätte das bedeutet, dass man für diese
23 Millionen EUR, um die jetzt überhaupt gekürzt wurde,
300 Wohnungen mehr bauen können hätte und
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