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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 120

 

dass es einfach notwendig ist, manchmal in Ausstattung zu investieren, um nicht noch mehr Krankenstände zu verursachen, weil die Leute alle überlastet sind und um den Menschen bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, dass tatsächlich im wirklichen Interesse der Stadt auch gewirkt werden kann. Und in diesem Sinne, Frau Stadträtin: Setzen Sie hinkünftig andere Schwerpunkte! Solange dies nicht der Fall ist, werden wir das Budget ablehnen. – Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die Nächste am Wort ist Frau StRin Mag Cortolezis-Schlager. – Bitte sehr.

 

StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich habe der Frau Vizebürgermeisterin sehr aufmerksam zugehört. In den ersten fünf Minuten dachte ich, die Wiener ÖVP kann diesmal dem Budget zustimmen, denn da sind ja viele lohnenswerte Punkte drinnen: Wirtschaftsförderung, Qualifizierung, das Schaffen von Arbeit, für die Jugend etwas zu tun, Chancengerechtigkeit. Alles Themen, denen wir hier alle einstimmig zustimmen können. Aber leider finden sie sich dann im Budget nicht wieder! Die in Zahlen gegossene Politik ist leider eine andere. Sie schmücken sich mit fremden Federn, am liebsten mit den Bundesmitteln und nehmen die Bundesmittel als Beweis für Ihre Politik.

 

Lassen Sie mich das am Beispiel der Bildung verdeutlichen. Die Erklärung, wie Sie auf die Milliarde kommen, sind Sie uns schuldig geblieben. Wenn man alles zusammenrechnet, ist man erstens erst bei 911 Millionen EUR, aber vielleicht sind 911 Millionen EUR bei Ihnen schon salopp gesagt 1 Milliarde EUR, so genau wollen Sie es ja nicht nehmen! (GR Dr Matthias Tschirf: Aufgerundet!) Es fehlen ein paar Kleine, aber bitte. Ich vermute aber etwas anderes: Ihnen ist es nur um den Populismus gegangen, denn Sie verschweigen, dass 70 Prozent dieser Milliarde ein reiner Durchlaufposten sind, den der Bund zahlt, den Sie verbuchen müssen und direkt wieder ausgeben, wo aber keine Gestaltung von Ihnen erkennbar ist, wie auch GR Margulies ja vor mir schon dargestellt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Dort, wo Sie in Wien anders sind, das ist bei der Gebührenerhöhung und bei den Steuereinnahmen und bei der Bürokratie. Dort zeigen Sie nämlich, wo Sie das Geld wirklich hernehmen: von der Wirtschaft. Die so genannte Wirtschaftsförderung schaut so aus, dass Sie die Gebühren erhöhen, vom Parkpickerl bis zum Strom, vom Gas bis zum Kanal, dass die Wirtschaft ein Drittel dieser Mehreinnahmen finanziert, nämlich rund 200 Millionen EUR, davon aber ganze 20 Millionen EUR mehr bekommt. Das heißt, nur jeder zehnte Euro, den die Wirtschaft im heurigen und kommenden Jahr mehr zahlen wird auf Grund Ihrer Gebührenerhöhung, fließt tatsächlich wieder in die Wirtschaft zurück. Das nennen Sie Wirtschaftsförderung, Frau Vizebürgermeisterin? Ich nenne das eine Konkurswirtschaft und keine lebendige Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wien bremst das Wirtschaftswachstum Österreichs. Ich habe an der Stelle schon mehrmals darauf hingewiesen. Es ist interessant, sich anzuschauen, wo Österreich wäre, wenn Wien den Durchschnitt der anderen Bundesländer erreichen würde. Würde es Wien nicht geben, sondern wäre Wien im Durchschnitt wie die anderen acht Bundesländer, dann hätten wir in Wien ein Wirtschaftswachstum, das doppelt so hoch ist wie das heutige.

 

Meine Damen und Herren! Wien ist Schlusslicht in ganz Österreich. Wien bremst aber auch die österreichische Entwicklung in Europa. Wien ist mit Verursacher der hohen Arbeitslosigkeit, die sinkt. Kollege Oxonitsch! Wenn Sie stolz sind auf eine sinkende Arbeitslosigkeit und von der höchsten Arbeitslosigkeit in Österreich ausgehen, dann kann ich nur sagen, sind Sie offensichtlich stolz, wenn Sie ein Nicht genügend in ein Genügend verwandeln. (Beifall bei der ÖVP.) Also, das nenne ich noch nicht eine ausreichende Wirtschaftspolitik. (GR Christian Oxonitsch: Wir sind stolz, dass 220 000 Menschen aus dem Umland in Wien einen Job haben!) – Ja, ich weiß! Das werde ich gerne herumerzählen, dass Sie neuerdings finden, das Umland ist schuld an der Wiener Arbeitslosigkeit! Das ist überhaupt die beste Meldung, die ich in diesen Tagen von Ihnen gehört habe. (Beifall bei der ÖVP. – GR Christian Oxonitsch: Das ist auch so!) – Ganz genau! Am besten ist, Schoten dichtmachen rund um Wien! Das ist die Wirtschaftspolitik, die Sie sich vorstellen. Schoten dicht! Ihnen ist ja Bayern schon zu weit, von Europa ganz zu schweigen – ein Spruch vom Kollegen Tschirf … (GR Christian Oxonitsch: Ich habe gesagt, wir sind stolz darauf! Hören Sie genau zu! Sie hören nie zu!) – Ja, Niederösterreich hat nämlich genau die Betriebe und das Wirtschaftswachstum, das Sie gerne hätten. (Beifall bei der ÖVP. – GR Christian Oxonitsch: 190 000 aus Niederösterreich müssen nach Wien kommen!) – Ja, Sie hätten gerne das Wirtschaftswachstum, das glaube ich Ihnen schon. Aber dazu müssten Sie auch etwas tun.

 

Wien trägt für seine Arbeitslosigkeit Selbstverantwortung und kann hier nicht Pendler dafür verantwortlich machen, denn die gibt es in jeder Stadt. (GR Christian Oxonitsch: Darum haben andere auch eine wesentlich höhere Arbeitslosigkeit!)

 

Ihnen war Bayern schon zu weit. Aber jetzt zeigen Sie mir eine europäische Metropole, in der die Metropole eine höhere Arbeitslosigkeit hat und ein geringeres Wirtschaftswachstum als das Umfeld. Sie werden in ganz Europa keine einzige Metropole finden, die so wie in Wien das Verhältnis umgekehrt hat. In ganz Europa ist es so, dass das regionale Umfeld nämlich die höhere Arbeitslosigkeit und das geringere Wirtschaftswachstum hat. Nur Wien ist leider auch hier anders, traurig anders. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Frau Vizebürgermeisterin! Es wäre viel zu tun im Bereich der Wirtschaftsförderung. Sie könnten nämlich zum Beispiel diese Mehreinnahmen auch für vorgezogene Infrastrukturprojekte verwenden. So könnten Sie zum Beispiel Sorge tragen dafür, dass Wien rascher, schneller an Bratislava angebunden wird. Das wäre eine Vision, CENTROPE wirklich zu einer gemeinsamen Infrastruktur

 

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