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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 120

 

(GR Christian Oxonitsch: Bezirksmittelverordnung haben Sie aber schon beschlossen!) – Das ist vor 20 Jahren beschlossen worden! (GR Christian Oxonitsch: Nein, nicht einmal das stimmt! 1996!) Steht es für zukunftsfit? Nein, für zukunftsfit steht es auch nicht, wenn man die Wirtschaftsdaten anschaut und wenn man anschaut, wie die Bezirke nach wie vor ausgehungert werden. Und längerfristige Überlegungen gibt es in Wien überhaupt nicht. Es gibt nicht einmal einen Finanzausgleich zwischen der Gemeinde Wien und den einzelnen Bezirken. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Während in anderen Ländern darüber nachgedacht wird, dass Teile der Bezirksbudgets als partizipative Bezirksbudgets geführt werden, damit die Menschen in diesen Ländern noch mehr Mitsprache haben vor Ort ... (GR Christian Oxonitsch: Personalkosten! Viel Spaß!) – In Frankreich und in Deutschland gibt es einige Beispiele, Herr Kollege. Während in anderen Ländern und Städten darüber nachgedacht wird, haben wir nicht einmal einen Finanzausgleich, einen Finanzausgleich zwischen den Bezirken und der Gemeinde. So einen Finanzausgleich alle vier Jahre fordern wir ganz dringend. Ein entsprechender Antrag wurde ja heute eingebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Frau Vizebürgermeisterin! Sie haben nach der SPÖ-Klausur über dieses Budget gesagt, dass Wien jetzt gerüstet ist, den politischen Herausforderungen der Zukunft entgegenzutreten und dass die Lebensqualität weiterhin ein wesentliches Element der politischen Strategie der Stadtregierung sein wird.

 

Das klingt gut. Die Frage ist nur: Wie schaut der politische Kurs dahinter wirklich aus? Was ist Lebensqualität in dieser Stadt? Lebensqualität kann für mich nicht sein, dass ich jetzt schaue, dass eine Stadt sauberer wird, indem ich „Waste Watchers“ einführe und indem ich Mistkübel mit Leuchtfarben überklebe, damit ich sie in der Nacht finde, aber tagsüber noch mehr Reizüberflutung habe – und das, ohne die Bezirke zu fragen, die ein Heidengeld für die Mistkübel ausgeben. Lebensqualität kann es aber auch nicht sein, wenn immer mehr Institutionen, immer mehr Ämter zusammengelegt werden: Bürgerdienst, Sozialämter, die Standesämter. Täglich wird etwas Neues zentralisiert statt dezentralisiert in dieser Stadt.

 

Lebensqualität, meine Damen und Herren, kann nur heißen: Bürgernähe, mehr Bürgernähe. Wenn es um Bürgernähe geht: Warum fragen Sie nicht diejenigen, die wissen, wovon sie sprechen, weil sie es nämlich tagtäglich in den Bezirken draußen leben. Fragen Sie uns in den Bezirken, was die Bezirke, was die Menschen in diesen Bezirken, die Bürger und Bürgerinnen wirklich vor Ort brauchen!

 

Wir sind das Bindeglied zu den Bürgern vor Ort. Ich frage mich wirklich: Wovor haben Sie eigentlich Angst, dass es hier nicht weitergeht mit der Dezentralisierung? Wieso haben Sie Angst vor starken Bezirken? Misstrauen Sie uns als Bezirksvorsteher? Ich kann mir ja noch vorstellen, dass Sie vielleicht sagen: Na ja, die fünf ÖVP-Bezirke hungern wir aus. Aber was ist mit Ihren Kollegen? Misstrauen Sie denen genauso? Ich kann das nicht wirklich nachvollziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn uns Dezentralisierung wichtig ist – und wir sagen ein deutliches Ja zur Dezentralisierung, denn sie ist bürgernahe, sie ist am kostengünstigsten, sie ist einfach am effizientesten und am wirtschaftlichsten, wir sagen Ja zu dieser Dezentralisierung –, dann bedeutet das aber auch, dass man dringend über die Kompetenzen der Bezirke sprechen muss.

 

Es gibt viele Bereiche, die die Bezirke einfach übernehmen sollten, weil sie es einfach besser führen könnten, besser organisieren könnten. Es gehören viele Dinge im Bereich der Sozialförderung dazu. Es gehört der Bereich der Sportförderung dazu. Wir wissen vor Ort, welche Vereine etwas tun für die Jugend, für die älteren Menschen. Wir können nachvollziehen, welcher Verein hier wirklich eine entsprechende Leistung bringt.

 

Es geht darum, dass wir endlich Parteienstellung und wirkliche Mitentscheidungsrechte bei der Bauordnung zum Beispiel bekommen. Wir haben keine Parteienstellung im Bauverfahren, wir haben bestenfalls Stellungnahmerechte bei Flächenwidmungen. Wir haben den berühmten § 69, und wenn es darauf ankommt, werden wir in zweiter Instanz sowieso überrollt. So schaut nämlich die Tatsache und Realität in dieser Stadt aus.

 

Aber offensichtlich geht es nicht nur uns fünf ÖVP-Bezirken so, offensichtlich geht es allen 23 Bezirken so, denn so, wie es ausschaut, ist ja auch ordentlich von Ihren Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern hier Druck gekommen. Wie sonst ist erklärbar, dass es jetzt plötzlich eine Evaluierungsstudie gibt, die hier im Amtsblatt am 25. Oktober ausgeschrieben wurde – was übrigens der FPÖ entgangen sein dürfte, denn sonst kann ich mir nicht vorstellen, wieso dieser Antrag von Ihnen heute auf dem Tisch liegt.

 

Uns ist diese Evaluierungsausschreibung nicht entgangen. Was mich allerdings hier stutzig macht, ist ein Satz, der so nebulos drinnen steht und der, glaube ich, sehr viel für sich spricht, indem er sagt, welches Misstrauen offensichtlich seitens Ihrer Kollegen in den Bezirken da ist, wenn Sie explizit in eine Ausschreibung der Evaluierung der Dezentralisierung schreiben müssen: Nicht Ziel ist die Beseitigung der Dezentralisierung. – Haben wir es wirklich schon so weit gebracht, dass wir hinterfragen müssen, ob wir die Bezirksdemokratie überhaupt wollen in dieser Stadt? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir fordern eine Neuverhandlung der Dezentralisierung, eine Neuverhandlung der Bezirkskompetenzen. Wir fordern, wie schon gesagt, eine Neuverhandlung der Bezirksbudgets und eine Valorisierung der Bezirksbudgets, einhergehend mit einem Finanzausgleich zwischen Gemeinde auf der einen Seite und den Bezirken auf der anderen Seite alle vier Jahre.

 

Es geht uns darum, darüber zu reden. Es geht uns darum, zu reden, wie wir die Bezirke stärken können, wie wir die Bezirke, diese Stadt bürgernah gestalten können. Daher können wir uns durchaus vorstellen, der Zuweisung des grünen Antrags an den Finanzausschuss zuzustimmen. Wir können uns durchaus auch vorstellen,

 

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