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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 120

 

Orchesters und seiner Musiker und Musikerinnen gesichert. Dafür gebührt Ihnen gemeinsam mit den Verantwortlichen der Symphoniker Dank und Anerkennung. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! In Wien werden die Schätze der Geschichte genauso geliebt, wie das Neue zugelassen und gefördert wird. Nicht weil wir wissen, dass es sein muss beziehungsweise aus einem falschen Pflichtgefühl heraus, sondern weil wir beides schätzen. Die Zukunft wird dem Mut der heute Verantwortlichen recht geben, die kommenden Generationen werden es uns danken. Auch Sie werden einmal stolz sein auf das, was heute und auch zum Teil gegen viele Widerstände ermöglicht wurde. Auch hierzu möchte ich drei Beispiele aus dem reichhaltigen Musikleben der Stadt anführen.

 

Das Klangforum Wien etwa gilt als das Aushängeschild für zeitgenössische Musik und moderne Inszenierung und bietet große stilistische Vielfalt, nämlich die Präsentation aller zentralen Aspekte der Musik der Jetztzeit, von den bedeutenden Werken der klassischen Moderne, besonders der Zweiten Wiener Schule, über Werke junger, vielversprechender KomponistInnen bis hin zu experimentellem Jazz und freier Improvisation.

 

Als zweites Beispiel möchte ich Österreichs größtes Festival für Musik der Gegenwart anführen, nämlich Wien Modern. Derzeit werden in über 80 Veranstaltungen instrumentale und elektronische Musik, Performance, Tanz und Film der Gegenwart präsentiert. Schon der Beginn des bisherigen Festivals Wien Modern zeigt, dass der Erfolg der letzten Jahre fortgesetzt werden konnte. Es wurden über 700 Generalpässe ausgegeben, was einer Steigerung von über 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, und die Auslastung der Hauptveranstaltungen der ersten Festivalwoche betrug ganze 79 Prozent, das sind 6 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Meine Damen und Herren! Die neue Musik ist alles andere als tot, sie erfreut sich ganz im Gegenteil hoher Beliebtheit und verdankt dies unter anderem auch der Subventionspolitik der Stadt Wien.

 

Als drittes Beispiel möchte ich Wiens Rolle als Stadt des Musicals anführen. New York ist zweifelsohne die unangefochtene Welthauptstadt des Musicals, aber Wien ist auf einem sehr guten Weg und hat bereits viele Erfolge vorzuweisen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Musical „Rebecca“ hat gegen namhafte internationale Konkurrenz sämtliche Preise bei der diesjährigen „Musicals"-Leserwahl gewonnen. Zur Information: „Musicals" ist das deutschsprachige Fach- und Publikumsmedium. Die Cast-CD zur Show steht knapp vor Platin, und ich möchte nichts verschreien, aber es könnte sein, dass in Zukunft die „Rebecca“ aus Wien auf der renommiertesten Musicalbühne, nämlich am Broadway in New York inszeniert werden wird.

 

Kurz zum Herrn Kollege Stefan: Ich möchte darauf verweisen, dass es in vielen Städten Europas, aber auch weltweit der Fall ist, dass Opernhäuser, Theaterhäuser geschlossen werden, in Wien geschieht genau das Gegenteil. Ich und meine Fraktion freuen uns darüber, dass das Ronacher in Kürze eröffnen wird und mit der Ankündigung einer neuartigen Programmierung aufhorchen lässt. Das ist ein weiteres Zeichen dafür, dass das erfolgreiche Bestreben Wiens, die Vorreiterrolle als Europäische Stadt des Musicals weiter auszubauen, weiter erfolgreich beschritten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Der Ruf Wiens als Stadt der Musik lässt aber bisweilen auch vergessen oder zumindest übersehen, dass die Stadt auch und gerade eine Stadt der Literatur ist. In dieser Stadt stehen die Schreibtische vieler weit über den deutschen Sprachraum hinaus wirkender Autorinnen und Autoren. Hier arbeiten Verlage, die mit großem Engagement bemüht sind, ihren Arbeiten ein großes, auch ein internationales Publikum zu verschaffen, und hier existiert eine lebendige und belebende Literaturszene mit einer Vielzahl renommierter Vereinigungen, Vereinen und Veranstaltern.

 

Stellvertretend für die lebendige Literaturszene verweise ich exemplarisch etwa auf die aktuelle Aktion „Eine Stadt. Ein Buch.“ Ich habe heute gelesen, dass über 65 000 Menschen kamen, um sich das neue Buch abzuholen. Ich verweise auch auf die diesjährigen „Literatur im Herbst"-Veranstaltungen, welche heuer unter dem Motto Türkei standen – es waren über 2 500 Menschen im Museumsquartier anwesend –, oder zum Beispiel auf Institutionen wie die „edition exil", die immerhin einen so großartigen Autor wie Dimitré Dinev herausgebracht hat. Sie sehen also, Wien und seine LiteratInnen spielen in der Champions League der Literaturszene mit, und das kommt nicht von ungefähr. Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich sage: Wien hat ein sehr gutes Verhältnis zum Buch.

 

Meine Damen und Herren! Frau Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Brauner hat es heute schon gesagt: Budgetpolitik ist in Zahlen gegossene Gesellschaftspolitik. Insofern ist der heute vorliegende Budgetansatz 2008 Ausdruck einer grundsätzlichen politischen Einstellung. Nämlich, dass Kunst und Kultur keine Nebensache ist, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vernachlässigt werden kann, sondern Kunst und Kultur gelten als wesentliche Bestandteile der Lebensqualität in dieser Stadt. Sie gelten als Voraussetzung für die Fähigkeit einer Gesellschaft, Selbstkritik zu üben, und somit als Voraussetzung für eine sich immer weiter entwickelnde Gesellschaft, die den Anspruch in sich trägt, immer besser und humaner zu werden. Um die Ausnahmestellung Wiens hervorheben zu können, ist es sicher nicht uninteressant, sich vor Augen zu führen, was wäre, wenn nichts passieren würde. Was wäre etwa, wenn nicht Mailath-Pokorny und die Wiener Sozialdemokratie für die Wiener Kulturpolitik verantwortlich wären? Ich möchte mir auch gar nicht vorstellen, wie das eigentlich wäre, wenn die Opposition oder etwa Frau Bezirksvorsteherin Stenzel für die Kulturpolitik verantwortlich wäre.

 

Damit möchte ich eigentlich nur betonen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die Wiener Situation so eine Ausnahmestellung weltweit und europaweit einnimmt. Die Wiener Philosophie fußt nämlich in der sozialdemokratischen Überzeugung, dass jeder Mensch, egal, aus welchem sozialen Umfeld sie oder er kommt,

 

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