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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 120

 

das einmal vorstellen, wenn jemand schwer krebskrank ist und dann feststellt, dass man dadurch, weil das Gerät zur Wartung stillgelegt oder akut kaputtgegangen ist, nicht versorgt wird! Man hat Schmerzen, man hat Sorgen, dass man in seiner Krankheit eine Verschlechterung erfahren muss.

 

Das alles ist hier schon hundertmal gesagt worden. Die ganze Reihe an GesundheitspolitikerInnen in Regierungsverantwortung, die ich hier erlebt habe, hat immer mitgeteilt, sie wird mit dem Land Niederösterreich verhandeln, denn das ist nämlich dafür zuständig, diesen zweiten Linearbeschleuniger zu bezahlen oder zumindest mitzufinanzieren. Allein, diese Verhandlungen führen ins Nirwana, ist es Pittermann, ist es Brauner oder ist es jetzt auch Frau StRin Wehsely. Bis jetzt ist Stillstand im Projekt!

 

Ich würde Sie bitte, Frau StRin Wehsely, sich zusammen mit Frau StRin Brauner da hineinzuhängen, auf den Tisch zu hauen und die Verhandlungen mit dem Ziel zu führen, dass ein Abschluss erfolgen kann! Auf diesen Tisch, aber vor allem auf den Tisch des Lhptm Pröll oder auf wessen Tisch du da hauen musst, aber hau drauf, damit endlich der Linearbeschleuniger im Donauspital angeschafft wird! (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely schlägt mit der Faust auf das vor ihr befindliche Pult.) - Jetzt habe ich leider verpasst, wie du auf den Tisch haust. Ich habe es nur gehört. Ich hoffe, es hört Lhptm Pröll auch!

 

Das dritte Thema der Unterversorgung in der Überversorgung ist die Kindermedizin, die mir ein besonders Anliegen ist, nicht nur mir, sie ist vor allem ein Anliegen für diejenigen Menschen, die immer wieder mit der Kindermedizin fachlich oder als Eltern betroffen sind. Ich möchte Ihnen die wirklich alarmierenden Aussagen, die im Rahmen der politischen Kindermedizinkonferenz Ende Oktober in Salzburg getroffen wurden, zur Kenntnis bringen. Hier gab es einen multidisziplinären Arbeitskreis zum Thema politische Kindermedizin mit dem Ziel, man möge eine flächendeckende qualitativ ausreichende Versorgung der Kindermedizin in Österreich sicherstellen. Hier wurden Defizite angesprochen, die nicht nur in Wien sind, und das ist mir wichtig, sie sind sozusagen in ganz Österreich, aber, ich habe hier genügend Gespräche geführt, für die Wiener Situation leider genauso zutreffend.

 

Es geht hier um das chronisch kranke Kind. Hier schreibt diese Arbeitsgruppe: „Insbesondere entwicklungsauffällige, behinderte sowie chronisch kranke Kinder werden im derzeitigen Gesundheitssystem oft nicht optimal betreut, wodurch es zu einer dramatischen Verschlechterung der Lebensqualität der Familie und des Kindes kommt. Durch diese Benachteiligung kommt es zu einem lebenslang zusätzlich erhöhten Gesundheitsrisiko und nachfolgender sozialer Benachteiligung. Eine Investition in eine entsprechende umfassende Betreuung würde sich gesundheitsökonomisch und volkswirtschaftlich rechnen." - Auch das ist natürlich nicht unwichtig, aber im Vordergrund steht doch, nehme ich an, die Situation der Familien und der Kinder. Was psychisch kranke Kinder betrifft, so konstatieren die Experten und Expertinnen: „Die Versorgung psychisch kranker Kinder entspricht auf allen Ebenen nur in Ansätzen einer international üblichen Versorgung." - Schlussendlich: „In der Kindermedizin fehlen Angebote der primären Prävention nahezu völlig. Für die Kinder und die Jugendlichen ist nach wie vor der unbürokratische kostenfreie und niederschwellige Zugang zu medizinischer Versorgung Utopie." - Das ist nicht etwa ein Entwicklungsland, worüber hier geredet wird, sondern hier wird über Österreich geredet und Wien ist keine Ausnahme!

 

Wir haben die Reform-Pool-Projekte. Die Reform-Pool-Projekte sollten an sich ein Hoffnungsträger im Veränderungsprozess, der in der Gesundheitsversorgung dringend notwendig ist, in der Verlagerung zwischen den Trägern, darstellen. Diese Reform-Pool-Projekte führen ein Kümmerdasein, dass es nicht ärger geht. Wir haben bis jetzt 4 Millionen EUR genehmigt. Das ist gerade ein Lercherl aus dem zur Verfügung stehenden Budget.

 

Aus diesen Projekten wurden, mit Verlaub, fragwürdige Vorhaben finanziert. Eines davon ist die Tatsache, dass man, und niemand konnte es mir bis jetzt erklären, einen niedergelassenen Kinderarzt/eine niedergelassene Kinderärztin in die Ambulanz im AKH verlagert, um dort Entlastung im zugegeben überquellenden Ambulanzbetrieb zu geben. Wie man damit der Bevölkerung deutlich macht, Freunde geht nicht ins AKH, sondern zum niedergelassenen Arzt, muss man mir erklären! Denn die Eltern unterscheiden, wenn sie ins AKH gehen, nicht, welches Mascherl der Mediziner/die Medizinerin trägt, sondern sie sind im AKH und suchen dort um Versorgung an.

 

Ich weiß aus eigener Erfahrung mit einem Kind in der Ambulanz, es war dringend notwendig hinzugehen und ich habe ein bisschen mit den Ärzten gesprochen, sie waren, kurz gesagt, nicht begeistert und haben den Eindruck, dadurch verlängert sich nur die Diagnosestraße, denn schlussendlich landen alle ohnehin in den AKH-Strukturen.

 

Warum gehen die Leute in die Ambulanzen der Krankenanstalten? Sie gehen deshalb hin, weil im niedergelassenen Bereich schlicht und einfach die Versorgung nicht bedürfnis- und bedarfsgerecht ist. Ich sage Ihnen hier keine Neuigkeit. Es gibt Bezirke mit zu wenig Kinderärzten und -ärztinnen mit Kassenvertrag. Eltern müssen in benachbarte Bezirke ausweichen. Es gibt vor allem in den Abend- und Nachtstunden und an Wochenenden keine Versorgung, die es den Eltern als Alternative sinnvoll erscheinen ließe, im niedergelassenen Bereich zu bleiben. Es gibt schlicht und einfach nichts. Daher gehen sie ins Krankenhaus.

 

Es gibt, und darauf hat die Arbeitsgruppe in Salzburg hingewiesen, einen unerträglichen Mangel an leistbarer psychiatrischer, psychotherapeutischer und logopädischer sowie physiotherapeutischer Kinderversorgung. Wenn wir also Reform-Pool-Projekte angehen, dann sollen sie diesen Bereich abdecken und nicht durch Alibiprojekte das Einfallstor in die Ambulanzen

 

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