Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 102 von 120
weniger guten Marmelade nehmen müssen. So schaut die
Realität aus.
Frau Stadträtin, da meine ich halt, dass dieses Geld
– und das ist ja nicht wenig, da ging es um 400 000 EUR, und so wird
sich das ja in den Öffentlichkeitskampagnen fortsetzen – einfach nicht richtig
investiert ist, weil es einfach nicht denen zugute kommt, die vielleicht eine
Unterstützung im Bereich des Konsumentenschutzes, des Einkaufs brauchen. In
unseren Geschäftsstraßen schaut es halt nicht so rosig, nicht so originell,
nicht so mit Flair behaftet aus, wie man das gerne sehen will. Viele unserer
Geschäftsstraßen bieten heute nur mehr einen Mix, der sich zusammensetzt aus Telefonschrott,
aus irgendwelchen Ramschläden, die ihre Warenausschüttungen über den ganzen
Gehsteig machen, der sich zusammensetzt aus minderwertigen Lokalen und
Videotheken oder Spiellokalen. Diesen netten, originellen Mix finden wir nur in
kleinen Bereichen von Wien. Daher sehe ich es nicht als zielführend, wenn wir
hier so viel Geld investieren, um den Leuten Genuss und Lebensfreude, wie es ja
jeder haben will – jeder will gerne gut essen und gut einkaufen – näher zu
bringen. Die Sache ist nur die: Es können sich das die meisten Menschen in
dieser Stadt ganz einfach nicht leisten und sind auf ganz andere Angebote
angewiesen, selbst wenn ihnen klar ist, dass man sich gesund ernähren soll.
Ich bin halt dagegen oder wir sind auch dagegen, dass
man Subventionen dahin gehend investiert, dass man etwa Kochrezepte bewirbt,
die man ja heute bei allen anderen Möglichkeiten bekommt oder via Fernsehen
nach Hause geliefert bekommt: Es gibt absolute Rezeptesammler, die einfach
alles nehmen. Dieses Geld geht dann auf der anderen Seite ab, wenn man etwa
dahin gehend investieren sollte, dass eben in diesen Geschäftsvierteln und
Geschäftsstraßen, die heute herabgekommen sind, wo es keinen guten Branchenmix
mehr gibt, keinen konsumentenfreundlichen Branchenmix mehr gibt, Unterstützung
geleistet wird, wie wir das etwa bei den Märkten tun.
Von der Marktkampagne, die ja in dieselbe Richtung
gegangen ist, die auch sehr teuer war, aber offensichtlich keinen Erfolg
gezeitigt hat – das haben Sie ja selber gesagt –, haben wir uns ja mittlerweile
verabschiedet. Es ist auch wirklich sinnvoller, ganz direkt in die Märkte, in
die Sanierung zu investieren, denn ich glaube, ein guter Markt und ein gutes
Geschäft ist immer noch der größte Anziehungspunkt für die Kunden. Da brauchen
wir nicht viel Werbung zu betreiben, die ja dann natürlich auch immer in eine
gewisse Eigenwerbung ausartet.
Wenn wir beim Einkaufen und beim Einkaufsverhalten
sind, dann darf ich den Bogen zum zweiten Bereich spannen, den ich noch
ansprechen möchte: Das ist das Thema Frauen in dieser Stadt. Vielfach trifft es
ja die Frauen, die eben dafür sorgen müssen, dass die notwendigen Lebensmittel
in den Haushalt kommen. Gerade diese haben es ja nicht immer leicht, die vielen
Alleinerzieherinnen, die nur schwer über die Runden kommen. Obwohl das jetzt
nicht in diesem Ressort beheimatet ist, möchte ich nichtsdestotrotz wieder
einmal – und das ist ja heute auch schon gefallen – die Forderung etwa nach dem
kostenlosen Kindergartenplatz stellen. Da bewegt sich leider überhaupt nichts.
Für die Frauen ist es aber auch besonders schwierig, in einen qualifizierten
Erwerbsprozess einzusteigen. Wir haben zwar von der Stadt Wien – und das möchte
ich auch durchaus anerkennen – eine Reihe von Aus- und Weiterbildungsmodellen,
wo wir ja auch immer gerne unsere Zustimmung geben, wo es etwa um einen
Wiedereinstieg in absehbarer Zeit nach der Geburt der Kinder ins Berufsleben
geht, wo es nach längeren oder kürzeren Pausen notwendig ist, dass man
vielleicht mit einem entsprechenden Kursangebot einen Neuzugang in den
Arbeitsmarkt findet. Aber das alleine ist es nicht.
Was nützt die beste Ausbildung, wenn ich dann keinen
geeigneten Arbeitsplatz habe? Und es ist halt leider die Entwicklung in Wien
so, dass unter Bgm Häupl bis zum dritten Quartal 2007, also in dieser
ganzen Ära, Wien bei den Unselbstständigen immerhin knapp 12 000 – also
11 787 sind es genau – Arbeitsplätze im Bereich der Unselbstständigen
verloren hat. Vieles davon trifft natürlich die Frauen. Und es ist heute auch
schon angeklungen und ich möchte auch hier wirklich unsere Kritik platzieren:
Das sind die vielen minderqualifizierten Jobs, diese McJobs, die nur über
Stunden gehen, die unsicher sind, die schlecht bezahlt sind und die vor allem
sehr wenig familienfreundlich sind, wo man keine Rücksicht auf die Bedürfnisse
etwa einer Mutter ein oder mehrerer Kinder nimmt. Es ist so, dass sich einfach
in Wien eine Entwicklung aufgetan hat, die viele Unternehmen aus der Stadt
vertrieben hat, oder wo viele Unternehmen aufgeben mussten – sehr zum Nachteil
der Frauen, denn es gibt einfach keinen familienfreundlicheren Arbeitsplatz als
den, der einigermaßen gut zu erreichen ist, wo sich etwa Schul- und
Kindergartenweg, aber auch – wir haben heute schon davon gesprochen – die
Einkaufsmöglichkeiten vereinbaren lassen und erreichbar sind. Diese
Arbeitsplätze werden immer weniger. Und vieles davon geht zulasten der Frauen.
Hier ist unser dringender Appell, nicht nur Ausbildungsprogramme zu schaffen,
sondern natürlich auch in der Wirtschaft die nötigen Impulse zu liefern, dass
wir diese Arbeitsplätze nicht noch weiter verlieren, sondern ganz im Gegenteil
hier wieder ein Mehr an frauenfreundlichen ordentlich und anständig bezahlten
Arbeitsplätzen anzubieten, die nicht nur aus einer stundenweisen oder Pseudoteilzeitbeschäftigung
– kann man fast sagen – bestehen, sondern vor allem eben einen qualifizierten
und familienfreundlichen Arbeitsplatz anbieten.
Es wurde heute auch so gerne schon
die neue Selbstständigkeit so großartig gepriesen. Meine Damen und Herren!
Schauen Sie doch einmal ins Amtsblatt! Was sind denn etwa die neuen
Gewerbeanmeldungen? Ich finde da sehr wenig dabei, wo ich sagen kann, das ist
ein Arbeitsplatz für Frauen. Da gibt es einmal diese ganzen
Scheinselbstständigkeiten, wo es um diversere Bauausführungen und Trennwände
und so weiter geht. Sie alle kennen das ja. Dann gibt es eine ganze Reihe im
Bereich der Taxigewerbe, dann gibt es eine ganze Reihe
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