Gemeinderat,
26. Sitzung vom 20.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 112
in einem Raum -, war, dass sie sich jetzt in Wien auf
die Suche nach zehn Volksschulen macht, denen sie ein Begabungssiegel geben
kann. Zehn Wiener Volksschulen von, glaube ich, 249 sollen also jetzt in die
Lage versetzt werden, auch hoch begabte Kinder mit zu unterrichten, denn in
jeder Klasse befinden sich eines oder zwei.
Das ist das Problem? Ist das das Problem, dass man
nicht dazu in der Lage ist, bereits jetzt nicht dazu in der Lage ist, eine ganz
normale Volksschulklasse zu unterrichten mit ihren sehr begabten, weniger
begabten oder in jeder Hinsicht irgendwo auch wieder begabten Kindern? Das kann
man nicht? Da muss man sich zehn heraussuchen, und dann chauffieren die Eltern
die Kinder durch die Gegend und suchen diese zehn Schulen? - Das sind nicht die
wesentlichen Probleme!
Ich sage Ihnen aber auch, was mir dazu einfällt und
was ich mir dazu denke, wenn in einer derart krisenhaften Situation, in welcher
Kinder derart benachteiligt sind, Sie sich so etwas einfallen lassen. Ich denke
mir - und ich habe den Verdacht mit vielen Leuten, auch aus Ihrer Partei,
besprochen -, der Wunsch, tatsächlich eine Gesamtschule zu haben, ist bei den
Wiener Politikerinnen und Politikern schaumgebremst.
Ich möchte Ihnen noch sagen, wie ich zu diesem
Schluss komme. Warum ist es so, dass im Wiener Volksschulbereich neben der Volksschule
auch noch eine allgemeine Sonderschule existiert? Warum? (GR Heinz Vettermann:
Bitte?) Ich hätte gerne, dass mir das einmal jemand erklärt. Es heißt immer:
Wir, die SPÖ, wollen eine Gesamtschule! Warum machen Sie nicht wenigstens aus
der Volksschule eine Gesamtschule? Warum nicht? Gibt es irgendwen, irgendwas,
das Sie daran hindert? Warum teilen Sie die sechs- bis zehnjährigen Kinder in
jene ein, die eine Volksschule besuchen, und in jene, die eine allgemeine
Sonderschule besuchen? Warum gibt es nicht längst die Gesamtschule Volksschule?
Ja, man kann nur den Kopf schütteln, es findet sich
keine Erklärung. (GR Heinz Vettermann: Das ist ja ...!) Es werden einfach
Kinder nicht erst mit zehn Jahren ausgesondert, sondern bereits mit sechs oder
sieben, weil man ihnen die Fähigkeit und die Intelligenz abspricht, in der ganz
normalen Volksschule mitzukommen, und weil Sie einfach nicht bereit sind, aus
der ganz normalen Volksschule eine ganz normale Gesamtschule zu machen. Fangen
Sie einmal dort an, wo gar keine gesetzlichen Barrieren vorhanden sind, wo man
eigentlich nur den politischen Willen dazu haben müsste!
Weil ich weder bei der Frau Stadträtin noch bei
Präsidentin Dr Brandsteidl den politischen Willen dazu sehe, zumindest
einmal aus der Volksschule eine Gesamtschule zu machen, deswegen habe ich so
meine Zweifel, ob Sie überhaupt eine Gesamtschule haben wollen. (GR Heinz
Vettermann: Aber das ist absurd!) Das ist das, was ich mir dazu denke. Das ist
das, was mittlerweile vielen Menschen in Wien auch einfällt. Das ist das, was
sich viele Lehrerinnen und Lehrer fragen. (GR Kurth-Bodo Blind: Sagen Sie drei
Namen!)
Ich möchte aber auch ... (GR Kurth-Bodo Blind:
Wer redet Ihnen so einen Blödsinn ein? Drei Namen!) Herr Blind spricht mit mir!
(GR Kurth-Bodo Blind: Ja!) Das ist jetzt natürlich eine besondere Situation.
Nur: Ich stelle mich nicht hierher und sage, jetzt gibt es da die drei blöden
Lehrer, die finden, dass die Volksschule eine Gesamtschule werden sollte (GR
Kurth-Bodo Blind: Die drei Gescheiten sind das ja!), sondern da gehe ich gerne
noch einen Schritt weiter und sage Ihnen: Viele Lehrerinnen und Lehrer sagen,
dass sie die allgemeine Sonderschule, in welcher Kinder, kleine Kinder, ganz
kleine Kinder zwischen sechs und zehn Jahren ausgemustert und ausgesondert
werden und den Stempel Sonderschule aufgedrückt bekommen, oft für ihr ganzes
Leben (GR Dr Wolfgang Aigner: Die werden gefördert!), falsch finden, so falsch
wie ich.
Wenn sie den Stempel einmal aufgedrückt haben, dann
kommen sie da nur noch schwer heraus. Der bleibt ihnen ein Leben lang. Gehen
Sie dann einmal als Jugendlicher und suchen Sie sich mit dem Stempel
Sonderschule eine Lehrstelle - na bravo, gute Unterhaltung wünsche ich Ihnen
dabei!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an
einigen wenigen Beispielen, weil die Zeit natürlich rasch vergeht, noch einmal
darauf hinweisen, woran man sehen kann, dass für diese Kinder, die so
benachteiligt sind, weil sie aus armen Familien oder aus Familien mit sehr
schlechter Bildung kommen, viel zu wenig geschieht, ja ganz im Gegenteil in den
letzten Jahren ein Rückschritt zu vermerken war. Sie alle erinnern sich
sicherlich daran: Die unverbindlichen Übungen sind irgendwann einmal zu einem
Großteil - nicht alle, aber zu einem Großteil - verschwunden. Gestrichen wurden
Dinge wie Theater Spielen, Musikmachen, Sportangebote und so weiter und so
fort, eigentlich alles das, was Kindern besonders großen Spaß macht.
Verschwunden ist das alles für die Kinder, deren
Eltern kein Geld haben; für die anderen Kindern ist das nicht verschwunden,
weil sie das jetzt aus der eigenen Tasche privat zukaufen. Wer es nicht privat
zukaufen kann, hat diese Angebote nicht mehr. Und noch viel perfider, als man
glaubt, dass eine sozialdemokratische Stadt je sein kann, finden diese privat
finanzierten, Spaß machenden, tollen Nachmittagsangebote an Schulen statt! Die
einen können sich anmelden, die es aus der eigenen Tasche zahlen können, und
die anderen sehen: Aha, das gibt es alles, aber für mich nicht, weil ich kein Geld
habe, weil meine Eltern kein Geld haben und das nicht bezahlen können.
Ich finde, da gehen Sie einen Schritt zu weit. (GR
Heinz Vettermann: Das ist ja mit den Volkshochschulen gemeinsam!) Da gehen Sie
einen Schritt zu weit, weil das noch einmal etwas ganz anderes ist, als wenn es
an einer Volkshochschule oder sonst irgendwo außerhalb der Schule stattfindet.
Ich halte das für eine Fehlentwicklung und könnte derartige Entwicklungen
niemals gutheißen.
Zwischen Reich und Arm geht auch an den Pflichtschulen die
Schere eindeutig auseinander. Schauen wir
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