Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 117
vielleicht auch einmal eine andere Gruppierung zum Julschinken anlässlich der Wintersonnenwende einladen, auch wenn das nicht unbedingt Ihr Wählerkreis ist. (Allgemeine Heiterkeit.)
Immerhin gibt es aber doch vielleicht die eine oder
andere Frage, die sich, ohne der CIA das Wort zu reden, in dem Zusammenhang
stellen lässt. Der Einladende hat das Recht, sich auszusuchen, wen er einlädt
und er tut es meistens mit einer gewissen Absicht. Es kann jetzt eine jede
Gruppierung daherkommen, eine Liste aufstellen und Vorschriften machen, da
haben Sie vollkommen recht, besonders, wenn es nur schwer zu überprüfen ist,
weil sonst könnte von der CIA bis zum Dokumentationszentrum plötzlich alles
auftreten und Vorschriften machen. Aber nachdem Sie aus öffentlichen Geldern
diese Einladung finanzieren und hier in der offiziellen Funktion als
Bürgermeister auftreten, wäre, glaube ich, doch ein strengerer Maßstab als nur
die Frage nach dem Terrorverdacht anzulegen. Rechtsradikale Gruppierungen wären
nicht unbedingt, glaube ich, in eine solche Gästeliste aufzunehmen, weil sie
auch ein Signal darstellen.
Sie haben gesagt, Sie haben keinen Hinweis vom
Verfassungsschutz bekommen. Ich frage Sie deshalb: Wäre es nicht sinnvoll, bei
etwas sensibleren Einladungen unter Umständen auch eine Rückfrage beim
Verfassungsschutz zu machen, von sich aus, durch Ihr Protokoll oder durch Ihren
Sicherheitsbeauftragten, ich weiß nicht, wen Sie da haben, um eben so etwas zu
vermeiden und, sollte sich das Ganze, wie es in vielen Ländern leider der Fall
ist, in eine schärfere Richtung hin entwickeln, damit zu vermeiden, dass man
dann später auf Fotos oder in Medien mit diesen Leuten in Zusammenhang gebracht
wird?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Herr Gemeinderat!
Ich darf Sie insofern beruhigen, als ich
selbstverständlich auch christliche Organisationen zum Essen einlade. Ich war
erst vor wenigen Tagen, vor zwei Tagen, zu einem Mittagessen im
Erzbischöflichen Palais, wo wir Fragen gemeinsamen Interesses besprochen haben.
Der Heringsschmaus mit dem Herrn Erzbischof und Kardinal von Wien wird
selbstverständlich am Aschermittwoch zu Mittag hier im Rathaus stattfinden,
wobei ich mit großer Genugtuung feststelle, dass die Qualität des Essens durch
die Anstellung eines neuen Kochs im Erzbischöflichen Palais doch wesentlich
besser geworden ist, was mich zweifelsohne freut und ich hoffe, den Herrn
Erzbischof auch freut, ist ja keine Frage. (Allgemeine Heiterkeit.)
Dasselbe gilt natürlich auch für jüdische
Organisationen. Selbstverständlich nehme ich, wann immer es mir möglich ist, etwa
am Chanukkafest oder am Laubhüttenfest teil. Es ist nicht so, dass man sagen
kann, es ist eine einseitige Gunst, sondern ich habe allergrößtes Interesse
daran, dass die Religionsgemeinschaften, die Christen, die jüdische, die
moslemische, auch andere Religionsgemeinschaften, die wir in der Stadt haben,
in einem guten Zusammenleben und in einem guten Kontakt sind. Anders wäre es
auch nicht zu erklären, dass es etwa eine gemeinsame Aussage, also eine von
allen großen Religionsgemeinschaften dieser Stadt unterschriebene Erklärung, zu
9/11 gibt, was es in keiner anderen Stadt der Welt gibt. So gesehen, glaube
ich, wollen wir hier den Dialog fördern und ein Klima des Miteinanders
schaffen, durchaus auch recht erfolgreich.
Was die zweite Frage betrifft, hat das
Bundeskanzleramt die Einladungsliste beispielsweise an das Innenministerium
geschickt und hat sie kritik- und kommentarlos zurückbekommen. Auch dort ist
dieser Vorsitzende der PVÖ auf der Einladungsliste gestanden. Ich weiß nicht,
wie die amerikanische Botschaft das handhabt, ob sie ihre Einladungslisten
vorher ans Pentagon schickt, um sie dort genehmigen zu lassen. Offensichtlich
tut sie das auch nicht, denn auch hier hat es eine Einladung an diesen
„Terrorismusverdächtigen“, wie er heute schon genannt wurde, gegeben.
Also ich weiß nicht, was wir hier in besonderem
Ausmaß hätten tun sollen. Natürlich passen wir auf. Sie kennen die
Sicherheitsvorkehrungen als ein regelmäßiger Besucher von Veranstaltungen hier
durchaus gut. Wir wenden sie unterschiedlich an, weil es, wie gesagt, ein
offenes Haus sein soll, tragen aber den Wünschen unserer Gäste im Regelfall
auch Rechnung. Daher sind Besuche des amerikanischen Botschafters oder auch
jüdische Veranstaltungen in einem besonderen Ausmaß gesichert.
Mein Sicherheitsbedürfnis ist ein relativ einfaches.
Ich fürchte mich nicht sehr leicht. Daher haben wir das auch auf Sparflamme.
Aber natürlich werden wir Hinweisen unserer Dienststellen, des
Innenministeriums oder auch des Verteidigungsministeriums, die Dienststellen
kennen Sie ja, in besonderem Ausmaß nachgehen, oder würden, wenn wir sie
bekommen, in besonderem Ausmaß seitens unserer Sicherheitsdienststelle
nachgehen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die
3. Zusatzfrage wird von GRin Mag Korun gestellt. - Bitte.
GRin Mag Alev Korun (Grüner Klub im
Rathaus): Guten Morgen, Herr Bürgermeister!
Was sind die Möglichkeiten der Stadt Wien, um
überhaupt über Personen, gegen die eventuell ermittelt wird, wo aber keine
Verurteilung vorliegt, im Vorhinein, beispielsweise vor Veranstaltungen,
Informationen zu erhalten?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Frau Gemeinderätin!
Grundsätzlich besteht schon die Möglichkeit, etwa
eine Gästeliste an das Innenministerium mit der Bitte um Überprüfung zu
übermitteln, so wie das Bundeskanzleramt es hier auch getan hat. Wenn
allerdings die Liste ohne einen Vermerk und ohne einen Hinweis zurückkommt,
dann ist die Sache erledigt.
Zum Zweiten besteht mit Sicherheit auch hier im Haus
ein Hausrecht, von dem man Gebrauch machen kann.
Zu beiden Dingen habe ich keinerlei Veranlassung
gesehen. Daher hat diese Veranstaltung so stattgefunden, mit dem Personenkreis,
der eingeladen wurde.
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Die
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