Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 117
bezahlt.
Das würde ich mir von Ihnen wünschen, Kollege
Madejski! Denn das wird den ärmeren Menschen, die in Wien leben, hundertmal
mehr helfen als ein Antrag, die Parkgebühr um 20 Cent für eine halbe
Stunde zu reduzieren. Es wäre etwas, was den Menschen helfen würde, wenn die Mieten
günstiger wären. Es wäre etwas, was den Menschen helfen würde, wenn die
Lebensmittel günstiger wären. Es gäbe viele andere Bereiche, wo man tatsächlich
den finanziell-ökonomisch Schwächeren in diesem Land helfen kann.
Dass man sich aber gegen eine sinnvolle
Parkraumbewirtschaftung wehrt - und natürlich arbeitet eine
Parkraumbewirtschaftung einerseits mit Tarifen und andererseits mit einer
regionalen Ausdehnung, um in einer Großstadt wie Wien einen sinnvollen
Modal-Split und eine halbwegs gute Luft zu erhalten -, das ist mir tatsächlich
unverständlich. Aber so ist eben die Politik der FPÖ: Sie tritt nicht für die
ärmeren Menschen in dieser Stadt ein, sondern sie tritt für die Autofahrer ein,
insbesondere tatsächlich für die Autofahrer und weniger für die Autofahrerinnen,
denn sonst würde sie sich auch für den öffentlichen Verkehr einsetzen! (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Jetzt aber zurück zu meinem eigentlichen Punkt, dem
Verkehrsdienstevertrag: Weshalb wir aus verkehrspolitischen Überlegungen und
inhaltlichen Gründen diesen Vertrag ablehnen, wird meine Kollegin Ingrid Puller
nachher noch ausführlich darstellen. Ich möchte mich vor allem mit dem
EU-rechtlichen Zusammenhang des Verkehrsdienstevertrages beschäftigen und auch
auf ein paar fehlende Grundlagen hinweisen, die meines Erachtens in diesem
Verkehrsdienstevertrag eigentlich dargestellt werden müssten.
Vorweg jedoch noch eine Bemerkung: Wieso Länder und
Gemeinden überhaupt mit den ÖBB einen Verkehrsdienstevertrag abschließen müssen
zu einem Zeitpunkt, wo die Manager der ÖBB so locker 80 Millionen EUR
verzocken können, ist mir überhaupt ein Rätsel. Anscheinend haben die ÖBB genug
Geld. Die ÖBB haben einen Auftrag, Verkehrsdienste sicherzustellen; dass man
dann einfach 80 Millionen EUR in den Sand setzt und gleichzeitig eine
Fahrplanänderung macht, wo man die Menschen vor den Kopf stößt beziehungsweise
auf die Füße stellt - denn wenn man von Wien nach Innsbruck durchgehend stehen
muss, ist das alles andere als angenehm -, wo nach wie vor auf vielen Strecken
nicht gewährleistet ist, dass die Fahrpläne wirklich eingehalten werden, da ist
es eigentlich eine Zumutung, für diese zum Teil schlechte Ausführung, die die
ÖBB auch im Bereich der Schnellbahnen liefern, tatsächlich noch zu zahlen.
Gut, es bleibt uns möglicherweise kurzfristig nichts
anderes übrig, aber ich glaube wirklich, dass sich die ÖBB einmal selbst bei
der Nase nehmen müssen. Da meine ich nicht die Bediensteten der ÖBB - die
vielen Zugsführer, die vielen Schaffner, die, wenn wieder irgendetwas schief
läuft, oft genug versuchen, sich zu engagieren, dass es doch noch geht, den
Betrieb aufrechtzuerhalten -, sondern da meine ich im Großen und Ganzen
tatsächlich die Manager-Etagen der ÖBB, die nicht imstande sind, neben
jährlichen Umstrukturierungen einen sinnvollen, günstigen Bahnbetrieb
aufrechtzuerhalten.
Genau darum geht es: Einen günstigen Bahnbetrieb
aufrechtzuerhalten, einen pünktlichen Bahnbetrieb aufrechtzuerhalten, einen
Bahnbetrieb aufrechtzuerhalten, auf den man sich verlassen kann. Insbesondere
im Schnellbahnbereich ist das noch wichtiger als bei den Wiener Linien, wo man
im Zweifelsfall auf eine andere Linie oder auch einmal auf ein Taxi umsteigen
kann. Wenn man aber aus dem Umfeld von Wien kommt und die Schnellbahn Verspätung
hat, dann kann das tatsächlich zu schwierigen und dramatischen Situationen
führen.
Es wird tatsächlich so sein - neben der
Pünktlichkeit, neben der Sauberkeit in den Waggons -, dass Menschen erst dann
auf die Schnellbahn umsteigen, wenn es nicht nur Park-and-ride-Anlagen gibt,
sondern wenn man sich auf die Schnellbahn verlassen kann. Es nützt nichts: Wenn
ich einen wichtigen Termin habe, und ich habe Zweifel, dass die Bahn
rechtzeitig kommt, dann werden sehr viele Menschen lieber mit dem Auto fahren,
als am Bahnhof zu stehen und sich dann zu denken: Das ist nicht gut gelaufen,
ich habe den wichtigen Termin versäumt, weil die S50 - um beispielsweise bei
Sigrid Pilz zu bleiben - wieder einmal Verspätung hat. Auch Kollege Gerstl
kennt, glaube ich, das Problem der S50, genauso gut wie Kollegin Pilz.
Jetzt kommen wir zurück zum Verkehrsdienstevertrag:
Was regelt dieser eigentlich noch? Die Grundlage, auf die dieser
Verkehrsdienstevertrag überhaupt gestellt wird, ist der Bereich, in dem die
Grundversorgung, für die eigentlich der Bund zuständig wäre, de facto durch die
Stadt Wien gestellt wird.
Jetzt bin ich davon ausgegangen - ich schaue mir das
ÖPNRV-Gesetz an -, wenn ich mir diesen Vertrag ansehe, werde ich klare
Kostenkalkulationen finden, werde ich aus dem Vertrag auch klar herauslesen
können, was eigentlich die Grundversorgung ist, für die der Bund zuständig ist.
Über diese Frage gibt es meines Erachtens tatsächlich auch eine Diskussion
direkt zwischen ÖBB und Stadt Wien, steht doch in der Präambel - und ich nehme
an, dieser Satz ist auf Wunsch der Stadt Wien in die Präambel hineingekommen -:
„Diese Vereinbarung erfolgt unpräjudiziell unter Hinweis auf § 7
ÖPNRV-Gesetz, wonach der Bund ein bestimmtes Grundangebot im ÖPNRV abzusichern
hat."
Jetzt habe ich mir diesen § 7 angesehen. Der
§ 7 ÖPNRV müsste eigentlich ziemlich genau regeln - nämlich Stand Fahrplan
1999/2000, abzüglich damals bestehender, zusätzlich vereinbarter Leistungen -,
was Grundversorgung ist und was zusätzliche Leistung der ÖBB ist. Wenngleich
ich mich jetzt zu sagen traue, dass es für die ÖBB erheblich teurer käme, die
S1, die S2 und alle, die rund um Wien anfahren, direkt an den Grenzen zu
Niederösterreich jeweils anzuhalten, als sie durch Wien durchzufahren; davon
bin ich einmal ziemlich überzeugt. Aber was ist tatsächlich die
Grundversorgung?
Der nächste Punkt - und das ist ganz spannend, wenn man
sich diesen Vertrag tatsächlich ansieht - ist
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