Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 117
werden, einen zusätzlichen Ort haben, wo sie täglich mit anderen Menschen in Berührung kommen und wo sehr wohl festgestellt werden kann, ob Misshandlungsspuren auf ihrem kleinen Körper festzustellen sind, ja oder nein.
Das heißt, Frau Stadträtin, hier kann ich sagen:
Abgesehen von der schlechten personellen Ausstattung der Jugendwohlfahrt sehe
ich einen zweiten Bereich, für den Sie eigentlich seit zehn Jahren in dieser
Stadt verantwortlich sind und wo Ihre Leistungen nach wie vor sehr zu wünschen
übrig lassen.
Ich gehe einen Schritt weiter, und wir kommen nun zur
Schule. Wir wissen, dass die Schule ein Ort ist, wo auch festgestellt werden
kann, ob Kinder misshandelt werden. Ja, es gibt Programme, an denen Lehrerinnen
und Lehrer teilnehmen und mit denen sie dazu ausgebildet werden, tatsächlich
sensibel auf solche Situationen zu reagieren und sie vorzeitig zu erkennen.
Aber das reicht bei Weitem nicht aus.
Wir sehen es auch nicht nur anhand der
Misshandlungsgeschichten, die Kindern zu Hause, von der Familie aus,
widerfahren, sondern wir sehen es auch immer dann, wenn Gewalt in den Schulen
eskaliert. Dass die Situation auch dort immer schlimmer wird, wissen wir! Das
wissen wir auch anhand der Befragungen, die immer wieder veröffentlicht werden
und wo Kinder selbst angeben, sich zunehmend nicht wohl zu fühlen und auch
immer wieder sozusagen Opfer von Übergriffen seitens anderer Schülerinnen und
Schüler zu werden.
Nun haben wir öfters auch anhand von Ereignissen und
Vorkommnissen in Wiener Schulen diskutiert und mehrfach festgestellt, dass 25 Schulpsychologinnen
und -psychologen für 240 000 Schülerinnen und Schüler eine
lächerliche Zahl sind. Es tut mir leid, diese Zahl ist peinlich und lächerlich!
Wenn Sie sagen, Sie werden sie um fünf aufstocken, dann kann ich Ihnen nur sagen
- wie es auf Wienerisch so schön heißt -, das macht das Kraut nicht fett. Das
bringt nämlich gar nichts; nicht einmal Verdoppeln würde reichen. Also ist hier
dringend in mehr Schulpsychologinnen und -psychologen zu investieren.
Darüber hinaus braucht Wien dringend auch Schulsozialarbeit.
Ein einziges Pilotprojekt im 17. Bezirk hat es gegeben, und zwar mit
großem Erfolg. Das gibt es nicht mehr, weil die EU-Finanzierung ausgelaufen ist
und die Frau Stadträtin der Ansicht ist, das brauchen wir nicht.
Also, Frau Stadträtin: Ein dritter Bereich, den
Kinder tagtäglich aufsuchen und aufsuchen müssen, auf den sie angewiesen sind,
wo sie mit Problemen konfrontiert sind und wo umgekehrt auch früh erkannt
werden könnte, wenn sie Schwierigkeiten zu Hause haben und dort misshandelt werden
- und siehe da, auch das liegt in Ihrem Verantwortungsbereich. Und siehe da,
auch dort lassen Ihre Leistungen sehr zu wünschen übrig!
Ich kann daher rekapitulieren und kann sagen:
Baustelle Jugendwohlfahrt, Baustelle Kinderbetreuung bei Unter-Drei-Jährigen,
Baustelle Kindergarten, Baustelle Schule. Frau Stadträtin, es tut mir leid: Sie
müssen sich in diesem Bereich wirklich etwas überlegen! Es ist viel zu
wenig ... (VBgmin Grete Laska:
Jetzt, wo Sie es sagen!) Ja, danke, dass Sie mir zuhören! Ich finde das
sehr gut, ich finde es wirklich gut, dass Sie mir zuhören. (VBgmin Grete Laska: Aufmerksam! Mit
Entsetzen über diese Nichtkenntnis!)
Ich weiß nicht, ob es so ist, weil ich es sage; ich
weiß nicht, ob es so ist, weil es meine Kollegin Frau Jerusalem seit Jahren
sagt; ich weiß nicht, ob es so ist, weil auch sonst die Opposition immer wieder
darauf hinweist: Es wäre ernst zu nehmen. (VBgmin Grete Laska: Ich nehme es sehr ernst!) Wir brauchen
dringend viel mehr an Investitionen in diesen Bereichen.
Einfach zu sagen, das brauchen wir nicht,
Schulsozialarbeit brauchen wir nicht, oder zu sagen, wir brauchen nicht mehr
Personal in der Jugendwohlfahrt, und alle, die sagen, dass wir das brauchen,
verstehen das System nicht - das ist Ihrerseits schlichtweg viel zu wenig. (VBgmin Grete Laska: Auch wenn Sie es
wiederholen, es stimmt nicht!) Ich würde Sie eher auffordern, sich gemeinsam
mit uns dafür einzusetzen (VBgmin Grete
Laska: Haben Sie mir heute nicht zugehört?), dass tatsächlich dieses
Mehr an Personal kommt. (VBgmin Grete
Laska: Dass dieses und nächstes Jahr mehr Personal kommt! In der Addition sind
wir dann schon bei 56!)
Nichtsdestoweniger ein Letztes noch; ein Letztes
möchte ich dem Haus nicht ersparen, weil wir schon über Gewalt und auch über
Misshandlungen an Kindern und an Jugendlichen reden. Wir wissen alle, dass
Gewalt und Misshandlungen nicht nur körperlicher Natur sein können, sie können
auch psychischer Natur sein. Das ist viel, viel schwerer zu diagnostizieren, es
ist aber trotzdem nicht minder tragisch, wenn Sie so möchten, für die
Betroffenen.
Heute hat Herr Innenminister Platter Arigona Zogaj
das humanitäre Aufenthaltsrecht verweigert. Es tut mir leid, meine Damen und Herren
von der ÖVP, ich kann Ihnen nur sagen: Ich finde es sehr lobenswert, dass Sie
sich für Wiener Kinder einsetzen, ich finde es sehr lobenswert, dass Sie sich
Sorgen machen und dass Sie sich dafür einsetzen, dass Kinder mit sicheren
Verhältnissen rechnen können - aber das, was diesem Mädchen angetan wird, einem
Schulmädchen von sechzehn, ist in Wahrheit auch Gewalt! Sagen Sie das bitte
Ihrem Innenminister.
Was Sie, meine Damen und Herren in der SPÖ anlangt,
kann ich nur sagen: Es ist wirklich zu traurig, dass Ihre Kolleginnen und
Kollegen in der Bundesregierung und auch im Nationalrat in diesem Fall für
Arigona Zogaj und die Gewalt, die ihr jetzt angetan wird, leider nur
Krokodilstränen übrig haben. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste am Wort ist Frau GRin
Mag Anger-Koch. - Bitte.
GRin Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich finde es sehr schade, dass der
Herr Bürgermeister nicht da ist, wo er doch Diskussionsbereitschaft gezeigt hat
und leider dieser Diskussion nicht beiwohnen kann. Das finde ich persönlich
wirklich sehr schade. Weiters ...
(VBgmin Grete Laska: Wenn er nicht da ist, bin ich es als Vizebürgermeisterin!)
Ja, aber wir haben die Anfrage an den Herrn Bürgermeister gerichtet. (Beifall
bei der ÖVP.) Wir haben auch den Herrn
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