Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 117
Wenn man sich anschaut, wie es mit den Familien ist und wie es zu solchen Vorfällen kommt, muss man auch Folgendes feststellen: Ja, es stimmt, dass das oft in Krisen - in persönlichen Krisen, in Krisen in der Familie - der Fall ist. Was ich allerdings nicht unterschreiben möchte, ist, dass man daher sagt, das könne nur bei Armen der Fall sein. Ich meine, Armut oder eine schwierige soziale Situation kann ein Auslöser sein; es kann aber auch eine Trennung sein, es kann natürlich eine Suchtproblematik im Hintergrund sein. Das heißt, diese Fälle von Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch gehen eigentlich durch alle sozialen Schichten, vom Akademiker bis zum Arbeitslosen, und entsprechend muss man auch in allen Schichten entsprechend intervenieren. Daher sollte man das hier auch nicht sozusagen auf einen einzigen Zugang bringen.
Natürlich kann es aber sein, dass Armut der Auslöser
ist, sodass man sagt, man kann sich da entsprechend bemühen, es ist dann nur
eine Frage von Wirtschaftspolitik, von Globalisierung und so weiter, und dass
man sagt, wenn man beim Jugendamt noch auffüllt - wurscht, ob man jetzt sagt,
36 mehr sind genug oder nicht -, löst dies die Frage. Also der Befund mag
stimmen, aber entsprechend hängt es mit dem engeren Bereich, vor allem mit dem
Jugendamt, dann nicht mehr zusammen.
Wenn man sagt, die Schulen wären ein Ort, wo so etwas
vorkommt, wo man es a) beobachten kann und wo es b) immer wieder auch zu Gewalt
kommt - neben der Familie sozusagen ein zweiter Tatort oder ein Ort, wo es auch
Gewalt gibt -, dann muss man sagen: Ja, das stimmt schon, aber es gibt auch die
anerkannten und schon erwähnten Gewaltpräventionsprogramme von „Faustlos",
von den BeratungslehrerInnen und PsychagogInnen, die der von Ihnen so
geschätzte Dr Friedrich übrigens sehr gut findet. Entsprechend hat er auch
gesagt, er ist nicht dafür, dass die Sozialarbeiter direkt in den Schulen
warten. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Die Gemeinde soll zahlen!)
Ich kann mich da an seine Pressekonferenz genau erinnern. (StRin Mag Katharina
Cortolezis-Schlager: Die Gemeinde soll zahlen!) Aber ich gebe schon zu ...
(StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Es geht ja ums Geld!)
Nein, es geht nicht ums Geld! Es geht darum, die
beste Form zu finden. Das sind eben aus unserer Sicht BeratungslehrerInnen und
PsychagogInnen, denen die ÖVP immer wieder kritisch gegenübersteht. Hier gibt
es also eine Betreuung in den Schulen. (StRin Mag Katharina
Cortolezis-Schlager: Zahlen Sie es, dann sind
2 500 LehrerInnen ...!)
Aber das wäre ja eine sehr wenig inhaltliche
Diskussion, die Sie jetzt einbringen, Frau Stadträtin! Sozusagen: Zahlen Sie
es, dann bin ich für BeratungslehrerInnen und PsychagogInnen; solange es der
Bund bezahlt, sind wir dagegen, und dann kann es fachlich nicht passen. Ich
meine, das wäre ja so polemisch! Ich hoffe, ich habe mich da jetzt irgendwie
verhört. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Es fehlt, wenn es der Bund
zahlt, im Unterricht!)
Aber sei es, wie es sei, auf alle Fälle ist die ÖVP
gegen BeratungslehrerInnen und PsychagogInnen. Die arbeiten aber in den Schulen
und werden hier auch immer wieder behindert. Dass es zu wenig Schulpsychologie
gibt, ist ja unstrittig; wir haben da auch entsprechende Anträge gestellt. Dass
es bei den AHS-Standorten mit der Peer Mediation auch ein Modell gibt, wo die
Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden, ist, glaube ich, jedenfalls ein
positives Zeichen.
Dass wir die Dinge nicht erst nehmen, kann man gerade
auch bei der Jugendpsychiatrie nicht sagen. Es gibt ja jetzt den Liaisondienst,
und der beginnt eben erst. Ich würde sagen, das ist ein wichtiger Schritt in
die richtige Richtung. Wir müssen es einmal evaluieren: Ist das genug oder
nicht? Ist es genug, dann war es der richtige Schritt; wenn es dann irgendwo
noch zwickt oder etwas anderes notwendig ist, muss man dann einmal kurzfristig
nachjustieren. Aber jetzt, wo wir eigentlich erst sozusagen einmal die Meldung
gemacht haben und es eingerichtet haben, schon zu sagen: das kann ja nur zu
wenig sein!, zeigt von einer Oppositionslogik, die immer wieder sagt: Egal, was
ihr macht, wir schreien immer „Zu wenig!".
Das ist der Sache zumindest genauso wenig dienlich,
wie immer und ständig zu sagen: Alles passt. Damit würde man bei einem
sachlichen Diskurs nicht durchkommen, weil die Anfrage aus meiner Sicht
natürlich Kraut und Rüben - nämlich einige interessante Fragen, aber auch
einiges an falschen Behauptungen wie: Personal ist abgebaut worden oder gekürzt
worden, was ja in absoluten Zahlen definitiv nicht stimmt - bunt durcheinander
mischt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Dass es hier mehr Meldungen gibt und wir dann
entsprechend auch mehr Arbeit und Fälle in den Jugendämtern haben, ist
ebenfalls unstrittig. Ich glaube schon, dass das auch ein Erfolg unserer, jetzt
sage ich einmal, durchaus auch gemeinsamen Arbeit ist, aber auch einer Arbeit,
die die MA 11 sehr offensiv betreibt. Da gibt es Plakataktionen, es gibt
Öffentlichkeitsarbeit, die dazu auffordert, Misshandlungen zu melden.
Das heißt: Dass die Fallzahlen steigen, ist
eigentlich auch von der MA 11 direkt selbst mitverursacht. Natürlich haben
dann die Jugendämter auch entsprechend mehr an Arbeit. Aber es ist ein
gemeinsamer Erfolg, und auch alle hier im Haus vertretenen Parteien sind ja der
Meinung, dass man melden soll. Diese steigenden Fallzahlen sind, würde ich eher
sagen, eigentlich ein Erfolg unserer gemeinsamen Bewusstseinsarbeit.
Dementsprechend soll man sich auch nicht darüber
freuen, weil jeder gemeldete Fall einer zu viel und eine tragische Geschichte
ist. Aber es ist gut, dass es eben nicht mehr unter den Teppich gekehrt wird
und nicht mehr tabuisiert ist, sondern entsprechend gemeldet wird, und dass man
dann mit den gemeldeten Fällen auch arbeiten kann.
Dementsprechend gibt es jetzt
einmal einen ersten Schritt, was die Dienstposten betrifft. Ob sie genügen oder
nicht - auch da ist klar, dass die Gewerkschaft eine Forderung hat, dass es von
der Stadt Wien eine Antwort in dem Sinn gegeben hat, dass es jetzt einmal mehr
sind. Ob es dann genügt oder nicht, wird ebenfalls evaluiert werden. Auch da
würde ich sagen, warten wir einmal
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