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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 91 von 117

 

weit weg, ganz isoliert und hat nichts mit unserer österreichischen Geschichte zu tun.

 

Ein zweites Beispiel: Da war ein Mädchen aus „Letters to the Stars" in New York, um eine Überlebende zu besuchen. Und sie schreibt sehr authentisch, sehr nett auf ihrer Homepage, die Überlebende ist „meine" Überlebende, also ihre Überlebende. Dieses besitzanzeigende Eigenschaftswort, so finde ich, ist suggeriert, denn Überlebende zu adoptieren, halte ich von der Zugangsweise her für respektlos. Sie schreibt dann:

 

„Ich traf auch einige andere Überlebende und einer sagte zu uns, dass er zwar uns und unsere Eltern nicht hasst, aber unsere Großeltern/Urgroßeltern. Er meinte auch, er wollte es ihnen nie verzeihen, was sie ihm damals angetan haben. Das hat viele von uns verletzt. Ich weiß, – er hat damals viel Schreckliches erlebt, auch andere, aber niemand hat das Recht zu sagen, unsere Großeltern/Urgroßeltern seien ‚schuld'. Denn viele von den Österreichern und Deutschen mussten diese grausamen Dinge mitmachen, weil sie keine andere Wahl hatten. Ich meine, Menschen, die sich einem Befehl widersetzen, mussten dies mit dem Leben bezahlen. Deshalb haben nur wenige Mutige sich getraut zu widersprechen."

 

Das heißt, dieses Mädchen hat sich offensichtlich, weil es in die USA gefahren ist, intensiver damit beschäftigt, aber offensichtlich hat es die Vorbereitung nicht dazu genützt, die Reise in einen Kontext zu stellen und anzuschauen, wo die Geschichte in Österreich und die Geschichte der Täter ist.

 

Es wird auch in der Liga gegen Rassismus und Antisemitismus geschrieben, dass es um Folgendes geht: Da wird Andreas Kuba zitiert: „Bei unserem Projekt geht es ganz bewusst nicht um Antisemitismus. Das Projekt ist nicht dazu da, Antisemitismus zu bekämpfen. Wir sind nicht gegen etwas, sondern für etwas.“ Also, sie isolieren.

 

Eine Lehrerin sagt auch, expressis verbis, zu dem Projekt: „Das finde ich gerade das Gute an diesem Projekt, dass die Schuldfrage nicht gestellt wird. Ich meine, dieses ewige Schuldbekenntnis, dieses ewige: Es tut mir leid. Damit muss doch endlich Schluss sein, das macht mich richtig aggressiv.“

 

Das heißt, der Artikel in der Internationalen Liga gegen Rassismus sagt: „,Letter to the Stars’ ist ein äußerst geschickter und perfekt vermarkteter Schachzug, dem kollektiven Verdrängen Vorschub zu leisten, der Relativierung und Abwehr Tür und Tor zu öffnen. Das macht ‚Letter to the Stars' auch so gefährlich.“

 

Wenn wir mitmachen, dass das Erinnern an diese Zeit ästhetisiert „verhollywoodisiert" und verharmlost wird, dann sind wir, wenn wir „Letter to the Stars" kritiklos unterstützen, mit von der Partie. Und wir GRÜNEN wollen zusammen, wie David Ellensohn gesagt hat, mit einer Reihe von Experten und Expertinnen nicht mit von der Partie sein!

 

Wir wollen, dass Geld in qualitätsgesicherte Aufarbeitung fließt. Wir haben uns diesen Beschluss- und Resolutionsantrag genau überlegt. Wir wollen, dass didaktisch, pädagogisch viel gemacht wird. 2008 ist das Gedenkjahr an 1938. Wir wollen, dass man mit der pädagogischen Umsetzung der Gedenkveranstaltungen HistorikerInnen, ExpertInnen, PädagogInnen, die ausgewiesen sind, beauftragt. Da kommen dann vielleicht etwas weniger Veranstaltungen, die an die Emotion erinnern, aber die mehr kritisch aufarbeiten, heraus. Vielleicht sind sie etwas weniger medientauglich. Kontakte und Einladungen sollen in den bewährten Wegen wie zum Beispiel durch das Jewish Welcome Service ausgesprochen und realisiert werden. Dann wird man öfter weniger Menschen einladen und sie dafür seriöser betreuen können. Hinsichtlich Schulen und Jugendorganisationen sind die didaktischen Materialen und die Kooperation mit interessierten Zeitzeugen im Rahmen der Aktion „ZeitzeugInnen im Unterricht“ zu unterstützen. Und die Einladungen für Holocaust-Überlebende bedürfen einer profunden Vorbereitung und entsprechender Betreuung während des Aufenthaltes.

 

Sie können den Beschlussantrag dann im Detail nachlesen. Wir bitten Sie wirklich, sich diese Aktion noch einmal zu überlegen, die Geldmittel bereitzustellen. Daher haben wir auch nicht den Antrag gestellt, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. (VBgmin Grete Laska: Das ist aber ganz schlecht!) Die Geldmittel, die für „A Letter to the Stars“ vorgesehen sind, sollten für die Realisierung qualitätsgesicherter Projekte im oben genannten Sinn eingesetzt werden. (VBgmin Grete Laska: Das geht aber nicht! Aber rein ablauftechnisch müssen Sie sich entscheiden, ob Sie das für das nächste Jahr wollen oder ob das eben jetzt geplant ist! Denn Geld, das heute hier beschlossen wird, kann nicht im Sinne des Antrages anders verwendet werden! Daher ist der Antrag inkonsequent! Entweder Sie verlangen die Absetzung des Antrages und schauen, dass Sie einen Antrag ..., oder Sie ...!) – Gut! Frau Vizebürgermeisterin! Wenn Sie einen Vorschlag haben ...! Sie sind sicher als Vizebürgermeisterin in der Geschäftsordnung viel versierter als ich. (VBgmin Grete Laska: Gar nicht!) Es interessiert mich eigentlich: Wenn Sie die grünen Argumente überzeugt haben und nicht nur die der GRÜNEN, sondern David Ellensohn hat davon gesprochen, mit wem wir zusammen hier Bedenken äußern ... (VBgmin Grete Laska: Die GRÜNEN sind nicht die Fachleute! Sie haben einen Standpunkt!) – Ja, wir beziehen einen Standpunkt … (VBgmin Grete Laska: Den werden Sie dokumentieren! Und der Antrag bezieht einen Gegenstandpunkt!) Wir wollen, dass die Geldmittel investiert werden in sinnvolle … (VBgmin Grete Laska: Da müssen Sie die Absetzung verlangen!) – Gut! (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Wir bitten Sie, wir können auch eine Sitzungsunterbrechung machen und können das besprechen! (VBgmin Grete Laska: Nein, das geht nicht! – Weitere Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) – Nein. Gut.

 

Wir bringen den Antrag ein. Frau Vizebürgermeisterin, wenn Sie finden, dass es ein guter Antrag ist, dann werden Sie schauen, wie man im Rahmen der Geschäftsordnung Wege findet, das zu realisieren. (VBgmin Grete Laska: Den habe ich Ihnen gerade gesagt, den Weg!) Wenn Sie es nicht wollen, dann müssen Sie

 

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