Gemeinderat,
30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 95
durchzuführen.
Wir haben im Bahnhof Favoriten jetzt fünf Wagenhallen
und neun Gleise, auf denen hintereinander bis zu drei Züge aufgefädelt sind.
Herr Hora! Sie rechnen jetzt sicherlich genau mit und werden mir dann genau
sagen, wie viele Straßenbahnen der Bahnhof Favoriten hat! – Wir haben
sechs Linien, davon laufen zirka 60 Garnituren in der Früh aus. Dafür gibt
es drei Revisionsarbeiter, das sind Facharbeiter, die für etwaige Störungen,
die behoben werden müssen, zuständig sind. Drei sind es bei manchen Schichten,
fünf sollten es sein. Aber gemäß dem Sparkurs der Wiener Linien spart man eben
auch bei der Wagenrevision und bei den Facharbeitern. Ich bin seit elf Jahren
am Bahnhof Favoriten beschäftigt und habe seit elf Jahren noch kein neues
Gesicht gesehen, von den Hilfskräften angefangen bis zum Facharbeiter. Sie
arbeiten ständig mit Unterstand, dass heißt, es besteht Personalmangel.
Weiter zur Überprüfung der Sicherheitseinrichtungen.
Man ist 2004 davon ausgegangen, dass 150 Stück ULF schon aufgeliefert
wurden, und diese Niederflurzüge können in geringerer Zeit überprüft werden,
weil man, wenn alles in Ordnung ist, schon am Display durch Kontrolllampen
erkennt, welche Fehler bestehen, welche Türe nicht funktioniert oder eine
Störung aufweist. Nun ist es aber so, dass von den 150 Niederflurzügen ein
Drittel ständig in Reparatur steht. Daher fahren im Gesamtnetz zum Großteil
noch Garnituren der Type E1 und E2, und diese Hochflurtypen E1 und E2 haben
sieben Türen, die man händisch überprüfen muss.
Meine Damen und Herren! Man muss also jede dieser
Türfüllerkanten, die maßgeblich an den Unfällen beteiligt waren, einzeln
überprüfen. Das macht man bei geöffneten Türen: Man drückt links, sie
schließen, dann drückt man wieder kurz, und sie müssen wieder aufgehen. Das
macht man dann auch auf der rechten Seite. Dann muss man die Lichtschranken überprüfen.
Bei den E2-Garnituren gibt es vier Lichtschranken. Wenn man es ganz genau
macht, muss man die Hand hinein stecken. Ich habe eine ziemlich dünne Hand, bei
mir … (GR Kurth-Bodo Blind: Worum geht es jetzt eigentlich?)
Herr Blind! Das ist eine Sicherheitseinrichtung, deren Versagen leider zu den
Unfällen geführt hat, die eine Auswirkung der Sparmaßnahmen der Wiener Linien
waren. Das habe ich vorher gesagt. Bitten denken Sie mit!
Meine Damen und Herren! Auf jeden Fall reichen die
Übernahmezeiten für diese Sicherheitschecks einfach nicht aus, wenn es wirklich
eine Störung gibt. Man hat 15 Minuten Zeit. Wenn irgendetwas ist, muss man
irgendwo einen Werkstattler auftreiben. Das sind weite Wege: Man muss 50 m
zur Werkstätten-Kanzlei gehen und den Facharbeiter ausrufen lassen. Dann muss
man wieder 50 m gehen. Zu dieser Zeit sollte man aber schon längst
ausfahren!
Dafür sind die Sozialdemokraten verantwortlich: Nur
sie haben nämlich im Stadtsenat der neuen Dienst- und Betriebsvorschrift
zugestimmt, in der auch festgehalten ist, dass die Übernahmezeiten von
25 Minuten auf 15 Minuten reduziert werden. Sie sind dafür
verantwortlich, die Wiener Linien sind dafür verantwortlich und die Fraktion
Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen ist dafür verantwortlich!
Der Sparkurs der Wiener Linien bewirkt einen
Personalunterstand, insbesondere einen Mangel an Facharbeitern. Vergangenen
Montag haben die Wiener Linien reagiert. Ich nehme an, Herr Lichtenegger hat
einen Aufruf getätigt, dass die Wiener Linien Kräfte für die Öffi-Wartung
suchen. Da schau her! Da muss zuerst etwas passieren und der Hut brennen, da
müssen die Opposition und die Medien Druck machen, damit die Wiener Linien
Hilfskräfte suchen! Ich betone: Hilfskräfte! Es werden in der Hauptwerkstätte
zwar Lehrlinge zu Facharbeitern ausgebildet, die alles von der Pike auf lernen.
Sie werden dann aber zum Großteil gekündigt, und jetzt sucht man Hilfsarbeiter.
Das ist die Personalpolitik der Wiener Linien! Und die Sozialdemokraten und die
Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen akzeptieren das!
Zurück zu den Unfällen: Zuerst heißt es natürlich:
Keiner ist schuld! Und dann sind angeblich die Fahrgäste schuld. Diese
Behauptung ist überhaupt das Absurdum! Jeder will mir allerhand weismachen
betreffend dieses Kind, das von der Type E2 mitgeschleift wurde. Da wird von
Surfern geredet und von einem Tritt auf die Schwenkstufe. Allerdings, lieber
Herr Hora, gibt es in Brigittenau keine Type der E2! Da gibt es nur E1, und da
ist das unmöglich! Schauen Sie sich das selbst an! Da ist zwischen Trittstufe
und Türe einen Fingerbreit Platz, wie soll denn da ein Siebenjähriger mit
Winterstiefeln hineinkommen? Vielmehr lag es an den Türfüllerkanten, die nicht
empfindlich genug eingestellt wurden, weil dazu keine Zeit mehr war! Die
Übernahmezeiten, die Sie im Stadtsenat genehmigt haben, reichen nicht mehr aus,
um die Sicherheitseinrichtungen ausreichend zu überprüfen!
Im Zusammenhang mit dem
Obdachlosen hört man: Wie ist denn der da hinein gekommen? Mein Gott, es war ja
nur ein Obdachloser! Wahrscheinlich hat es ihn hing’strat und er ist dann
hinein gewutzelt worden und, und, und. – Das ist Ihre Politik: Alles
abstreiten, kürzen, niemanden aufnehmen und am Limit sein! Und dann kommt es zu
solchen Unfällen, und jeder will sich die Hände abputzen und die Verantwortung
den Fahrgästen überlassen. Oder man schiebt die Schuld auch aufs Personal, auf
die Fahrer oder Fahrerinnen oder auf die Wagenrevision. So agiert man dann,
wenn gemäß Personalpolitik der Wiener Linien keine neuen Kräfte aufgenommen
werden und nicht genug Zeit vorhanden ist, damit man die
Sicherheitseinrichtungen überprüft.
Daher
haben wir GRÜNEN einen Antrag gestellt. Ein Veranstaltungsgesetz kann man ja
auch ganz einfach mir nichts, dir nichts von heute auf morgen ändern, wenn man
es so braucht. Warum kann man dann nicht auch in der Dienst- und
Betriebsvorschrift die Wagenübernahmezeiten ändern, die man dringend benötigt,
anstatt zu sagen, dass die Leute die Zeit ohnedies nie gebraucht hätten? (Zwischenruf von GR Karlheinz Hora.) Herr
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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