Gemeinderat,
31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 95
dass wir wirklich genau dort, bei den Maßnahmen ansetzen, die die Wiener Bäuerinnen und Bauern benötigen.
Was die biologische Landwirtschaft betrifft, so sind
wir flächenmäßig überdurchschnittlich in Österreich, von der Anzahl sind wir
unterdurchschnittlich, das ist mir durchaus bewusst. Ich glaube, Sie wissen das
so gut wie ich, dass das einfach durchaus auch mit den Strukturen der Wiener
Landwirtschaft zusammenhängt, weil wir ja keine traditionelle Landwirtschaft
haben wie in anderen Bereichen, sondern der Schwerpunkt im Bereich des Weinbaus
und im Bereich des Gemüsebaus – und da in der ganzen Glashaus- und
Kulturwirtschaft – liegt, und das eben mit den biologischen Standards in
manchen Bereichen sehr schwer zu vereinbaren ist. Ich glaube, dass das wirklich
ganz grundsätzlich strukturelle Gründe hat und es nicht in der Unwilligkeit der
Wiener Bäuerinnen und Bauern liegt, die sagen: Nein, wir wollen Bio nicht! Das
lässt sich einfach mit den gewachsenen Strukturen gerade im Gemüseanbau – und
das ist halt der Löwenanteil von den Betrieben – schwer vereinbaren.
Auch da bin ich mit 16 Prozent der Fläche nicht
unzufrieden, aber es ist nicht so, dass wir jetzt die Hände in den Schoß legen
und sagen: Okay, wir haben da eben unseren Anteil erfüllt. Gerade die Stadt
Wien versucht ja, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir sind ja einer der größten
Biobauern Österreichs, und das führt, so glaube ich, schon auch dazu, dass wir
ein großes Verständnis für die Probleme haben, die es eben in der biologischen
Landwirtschaft gibt, und da noch besser ansetzen und noch besser unterstützen
können.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Wir
kommen zur 3. Zusatzfrage. Sie wird von GR Parzer gestellt.
GR Robert Parzer
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Alles schön und gut, die SPÖ hat ihre Liebe zu den
Bauern und zu den Gärtnern entdeckt. Nur, eines muss ich schon dazusagen, wenn
wir von dem ausgehen, was Sie jetzt gesagt haben, was nicht unrichtig ist, so
ist eines für die Bauern auch wichtig: Das ist Grund und Boden. Und wenn wir
heute nachdenken, was sich in den letzten drei, vier Jahren überhaupt bei den
Bauern abgespielt hat, dass hier Sww- und SwwL-Gründe geschaffen wurden, die
früher L-Gründe waren – und Sie wissen genau, dass es ein großer Unterschied
auch beim Kredit ist, den die Bauern oder die Gärtner von den Banken, Gärtnerbank
und so weiter bekommen –, dann frage ich Sie, ob Sie nicht Gedanken haben
könnten, diese Gründe wieder in L-Gründe umzuwidmen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Wir haben nicht gerade erst die Liebe zu den
Bäuerinnen und Bauern entdeckt! Ich glaube, dass wir seit vielen Jahren eine
konsequente Landwirtschaftspolitik in der Stadt betreiben, denn sonst – das
muss ich Ihnen schon sagen! – hätten wir nicht mehr 16 Prozent der
Landesfläche landwirtschaftlich genutzt. Und Sie wissen so gut wie ich, dass
das wirklich eine sehr außergewöhnliche Geschichte für eine Großstadt wie Wien
ist und dass gerade auch ausländische Besucher immer sehr erstaunt sind, wenn
sie hören, wie viel landwirtschaftliche Produktion noch in Wien da ist. Das ist
nicht Zufall oder irgendwie von Gott gewollt, sondern Ergebnis einer
konsequenten Politik der letzten Jahrzehnte.
Zu den Widmungsfragen: Ich glaube, dass wir gerade mit
dem Agrarstrukturellen Entwicklungsplan versucht haben, genau das klarzulegen,
dass diese Probleme nicht mehr auf uns zukommen, weil es wirklich eine klare
Zuteilung gibt, was landwirtschaftlich genützt wird und was nicht, was
Hoffnungsflächen sind, was Flächen sind, von denen man jetzt schon weiß, dass
das eine Übergangsgeschichte ist. Ich glaube, gerade mit dieser klaren
Zuteilung ist es wirklich gut gelungen, Klarheit zu schaffen. Deswegen ist mir
die Fragestellung nicht ganz klar, weil genau mit dieser Grundsatzgeschichte
das eigentlich geklärt sein sollte.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die
vierte und letzte Zusatzfrage in dieser Fragestunde wird von GRin Reischl
gestellt. Ich bitte darum.
GRin Hannelore Reischl
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Frau Stadträtin!
Ich habe auch eine Frage zum Strukturwandel. Die
soziale Situation, und damit verbunden die Anzahl der Arbeitsplätze in der
Landwirtschaft, hat sich ja in den letzten Jahrzehnten auf Grund der globalen
Rahmenbedingungen nicht immer sehr positiv entwickelt. Meine Frage konkret: Was
unternimmt nun die Stadt Wien, um die bäuerlichen Betriebe und die Familien in
ihrer Existenz zu stärken?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Ein bisschen etwas zum Strukturwandel habe ich schon
gesagt. Ich möchte vielleicht noch auf die Förderungspolitik ein bisschen
detaillierter eingehen. Wir konnten die Wiener Landwirtschaft im Jahr 2006
mit immerhin 6,44 Millionen EUR fördern; das entspricht
0,3 Prozent des gesamten österreichischen Agrarvolumens. Ich glaube, das
ist keine schlechte Bilanz. Das ist immer ein Mix aus EU-Mitteln, aus
Bundesmitteln und aus Ländermitteln. Ich glaube, dass das wirklich wichtig ist,
dass wir mit diesen Förderungen einen Teil des bäuerlichen Einkommens in
Zukunft wirklich sichern können. Wir ergänzen das durch landesspezifische
Maßnahmen, die sehr spezifisch auf die Bedürfnisse unserer Bäuerinnen und
Bauern, unserer Gärtnerinnen und Gärtner, unserer Weinbetriebe abgestimmt sind.
Wir möchten diese Landesmittel auch weiter verstärken, die Kofinanzierungen
weiter ausbauen und natürlich Maßnahmen setzen, damit wir die naturbedingten
Produktionsrisiken, die ja in der letzten Zeit immer stärker ansteigen, weiter
vermindern können.
Wir möchten im Bereich der
Bildungs- und Beratungsleistungen noch mehr tun, weil ich glaube, dass das
wirklich ein wichtiges Asset ist und gerade im Bereich der Wiener
Landwirtschaft Bildung und Beratung ja wirklich Schlüsselfaktoren sind. Es ist
wichtig, bei den KonsumentInnen anzusetzen, damit diese verstärkt zu
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