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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 75

 

nicht zuletzt auch mit der Steuerlast, die wir zahlen, sehr viele Beiträge leisten müssen. Wir arbeiten fleißig.

 

Sie wissen es besser als ich, und wir haben schon öfters auch im persönlichen Gespräch darüber geredet, wie sehr diese Leute daran hängen, die um 6 Uhr aufstehen, damit sie um 7 Uhr das Geschäft aufmachen können, und oft bis Mitternacht sitzen und die Buchhaltung machen. Die so genannten Klein- und Mittelunternehmen arbeiten für ihr Geld. Und genau diese haben zur mir gesagt: Ich zahle Steuer für das, was ich mir hier erarbeite, und diejenigen, die sich durch Aktienspekulationen – und da ist diese Ein-Jahres-Frist, wie wir alle wissen, kein Hindernis gewesen – oder durch Aktienhandel einen Vermögenszuwachs verschaffen, zahlen nichts! Das fiel vor allem den Klein- und Mittelunternehmungen auf, die Arbeitnehmer bemerkten das viel weniger, weil sie durchblicken diesen Steuermechanismus gar nicht, sie sehen nur jedes Jahr, wenn der Zettel kommt, das, was rechts unten steht, wo der Daumen ist, wie unser Bürgermeister immer so schön sagt.

 

Aber diejenigen, die das wirklich durchblicken, nämlich vor allem die Klein- und Mittelunternehmen, haben sich über diese Ungerechtigkeit aufgeregt. Sie sagen: Wir werden dafür bestraft, dass wir arbeiten und dass wir Lehrlinge ausbilden, während diejenigen, die Gewinne nur durch Spekulation und Aktienhandel machen, nichts zahlen! – Das ist ungerecht, und diese Ungerechtigkeit soll nun beseitigt werden, und das halte ich aus verteilungspolitischen Gründen für richtig und aus Gründen der Finanzierung unseres exzellenten Gesundheitssystems für noch viel richtiger. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 4. Zusatzfrage wird von GR Dipl-Ing Margulies gestellt. – Bitte.

 

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Bevor ich zur eigentlichen Frage komme, erlaube ich mir eine Vorbemerkung zur größten „Zwutschkerlreform" aller Zeiten.

 

Das Vorziehen der Pensionsreform um zwei Monate bringt für alle Pensionisten und Pensionistinnen, die weniger als 1 500 EUR brutto verdienen, weniger als der versprochene Gusi-Hunderter. Noch dazu wird dann der Zeitraum auf 14 Monate ausgedehnt, das heißt, nach einem Jahr ist das wieder aufgefressen. – All das ist ganz gut, ich meine aber nicht, dass man da von der größten Pensionsvorziehung sprechen kann. Tut mir leid!

 

Die Vermögenszuwachssteuer ist das Einzige, worüber mit Ausnahme der Überschrift überhaupt nichts im Papier steht, und es ist letztendlich tatsächlich davon auszugehen, dass es entweder wieder ein Umfaller der SPÖ wird oder überhaupt nichts herauskommt.

 

Aber jetzt zu meiner Frage im Zusammenhang mit der Senkung der Arbeitslosenbeiträge, die tatsächlich Wien betrifft: In Wien steigt leider die Anzahl derjenigen, die sich in einem Arbeitsverhältnis befinden und die dennoch im Rahmen der Sozialhilfe Richtsatzergänzungen erhalten. – Ein Beispiel: Wenn jemand 500 EUR brutto verdient und die sonstigen Ansprüche erfüllt, bekommt er eine Richtsatzergänzung. Die vorgeschlagene, mit 1. Juli in Kraft tretende Regelung würde diesen Menschen 15 EUR netto mehr bringen.

 

Meine konkrete Frage lautet, ob es sich hier wie bei anderen Fällen darum handelt, dass sich die Stadt Wien ein Körberlgeld verdient. Werden die Nettoerhöhungen, die die Menschen im Rahmen des Wegfalls der Arbeitslosenversicherung erhalten, die gleichzeitig jedoch eine Richtsatzergänzung haben, den Menschen eins zu eins zugute kommen, oder wird sich die Stadt Wien damit ein Körberlgeld einstreifen?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.

 

VBgmin Mag Renate Brauner: Zunächst würde ich mir wünschen, dass Sie, und zwar nicht in irgendwelchen netten Kaffeehäusern, wo man schön intellektuell diskutieren kann, sondern zum Beispiel in Favoriten, auf dem Viktor-Adler-Markt, einmal jemandem, der 1 000 EUR verdient ... (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Dort bin ich öfter als du, Renate Brauner!) Das stimmt, denn ich bin im 5. Bezirk!

 

Deswegen würde ich vorschlagen, dass du dort einmal den Menschen, die 1 000 EUR verdienen und die jetzt 400 EUR mehr bekommen, sagst, dass das ein Zwutschkerl ist, das niemanden interessiert und das keiner braucht. Ich würde dich bitten, dass du das den Leuten dort einmal erklärst! Was du da sagst, halte ich nämlich für intellektuelle Überheblichkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Man kann über alles diskutieren, man darf sich aber nicht lustig machen über Menschen, die dieses Einkommen haben und für die 400 EUR viel Geld ist. Deswegen ärgere ich mich, und deswegen sage ich das jetzt auch!

 

Zur Frage, wie es mit der Sozialhilfe ausschaut: Wir wissen alle, dass wir uns in einer großen Umstrukturierung befinden und gerade dabei sind, ein System umzustellen, damit es in Richtung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung geht. Wir in Wien unterstützen sehr intensiv den Versuch des Bundesministers für Soziales, das endlich auch entsprechend umzusetzen. Leider scheitert das im Moment noch an Niederösterreich und Vorarlberg, aber ich hoffe, dass sich dort die Meinung endlich ändert und dass wir gemeinsam zu einem System der bedarfsorientierten Mindestsicherung kommen, damit wir für alle ein Mindestmaß haben und damit wir für alle eine gemeinsame Untergrenze haben.

 

Das gegenwärtige, noch unbefriedigende System arbeitet nach wie vor mit der Sozialhilfe. Es ist dies ein äußerst komplexes Berechnungssystem, deswegen kann ich auch nicht auswendig sagen, wie sich das genau auswirken wird. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ihr wollt nur das Geld wegnehmen, das ist empörend!) Ich habe noch nicht einmal etwas gesagt, und du empörst dich schon! Das ist ein echt interessanter Zugang!

 

Selbstverständlich ist es so, dass die Maßnahmen so gesetzt werden, dass die Leute die Vorteile, die ihnen zustehen, auch entsprechend lukrieren können. Selbstverständlich ist das so, und daran wird sich auch nichts ändern! (Beifall bei der SPÖ. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das schau ich mir an!) Ja, schau es dir an!

 

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