Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 89
der Zeit stirbt. Natürlich müssen wir aus diesem Vorfall auch Schlüsse ziehen, und zwar in aller Sachlichkeit. Im konkreten Fall ging es zwar nicht um Jugendkriminalität, denn Faktum ist auch, dass die mutmaßlichen Täter Erwachsene und keine Jugendlichen sind; es sind junge Erwachsene, aber Erwachsene. Man ist jedoch in der Präsidiale übereinkommen, dass wir heute auch über Jugendkriminalität reden sollen, und das ist sicherlich ein wichtiges Thema, dem ich mich gerne stelle.
Es
ist dies ein ernstes Thema, das man weder bagatellisieren noch auf unsachliche
Art und Weise dramatisieren soll. Zudem ist das kein spezifisches Wiener Thema,
und ich glaube, es wird auch niemand behaupten, dass das ein spezifisch
österreichisches Thema ist. Vielmehr handelt es sich hiebei um ein
internationales Phänomen.
In
Wien und Österreich haben wir anhand der letzten Statistiken festgestellt, dass
die Zahl der Anzeigen in diesem Zusammenhang zugenommen hat, dass gleichzeitig
aber die Zahl der Verurteilungen abgenommen hat, wobei Letzteres sicherlich
auch daran liegt, dass in der Stadt Wien sehr viel für die Jugend geschieht.
Wir haben eigene Arbeitsmarktinstrumente für Ausbildung und Vermittlung, und es
wird für Jugendarbeitsplätze entsprechend gesorgt. Eigenverantwortung,
Partizipation und Prävention werden groß geschrieben.
Im
Zusammenhang mit Prävention ist man nämlich besonders bei Jugendlichen wirklich
sehr oft erfolgreich. Das muss man dazu sagen. Im Gegensatz dazu ist vermutlich
bei machen Straftätern um die 40 oder 50, die schon 20 Mal eingebrochen haben,
wahrscheinlich nicht mehr viel möglich. – Bei Jugendlichen ist aber auch
Resozialisierung in sehr vielen Fällen tatsächlich noch möglich. Dafür sollten
wir uns einsetzen, und ich glaube, dass das auch sehr gut geschieht.
Ich
möchte jetzt auch ein Thema erwähnen, das insbesondere mit der FPÖ im
Zusammenhang steht: Die FPÖ hat gemeinsam mit der ÖVP – mehr aber die FPÖ,
denn sie hat den zuständigen Minister, Böhmdorfer, gestellt – leider eine
Einrichtung zerstört, von der wir alle wissen, dass sie ausgezeichnet
gearbeitet hat, nämlich den Wiener Jugendgerichtshof. Das war wirklich eine Tat
gegen die Wiener Jugend! Und diese Tat hat sicherlich dazu geführt, dass es
jetzt mehr Jugendkriminalität gibt. Daher verurteilen wir nach wie vor diese
Handlung der vormaligen schwarz-blauen Bundesregierung: Die Schließung des
Jugendgerichtshofs war eine ganz schlimme Sache! (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn
Kollege Schock jetzt sagt, dass Böhmdorfer kein Mitglied der FPÖ war, dann muss
ich sagen, dass er immerhin der Koordinator der freiheitlichen
Regierungsfraktion war! Und er hat diesen falschen Schritt aus rein
ideologischen Gründen gesetzt.
Im
Hinblick darauf bin ich froh, dass Ministerin Berger sich jetzt sehr darum
bemüht, ein Jugendkompetenzzentrum schaffen, das einem Jugendgerichtshof sehr
nahe kommt. Soviel ich weiß, will die ÖVP keinen „Gerichtshof“. – Es geht
meiner Meinung nach auch nicht darum, ein Gerichtshof mit einem Präsidenten zu
schaffen, aber es soll eine entsprechende Vernetzung von Sozialarbeitern,
Psychologen, Therapeuten und sonstigen Fachleuten, die mit den Jugendlichen
arbeiten, an einer Stelle geben. Wenn das gelingt, ist das schon sehr gut, und
soviel ich weiß, soll spätestens im Jahr 2010 mit dem Bau des Justizzentrums
Wien Erdberg de facto auch wieder ein Jugendgerichtshof geschaffen werden. Das
ist sehr erfreulich, damit werden wir dann einen großen Fehler der
schwarz-blauen Regierung wieder repariert haben.
Zur
Stadtwache: Kollege Ulm! Salopp ausgedrückt ist die Stadtwache ja ein bisschen
dein Steckenpferd beziehungsweise Hobby. (GR Dr Wolfgang Ulm: Das ist
mir ein ernstes Anliegen!) Subjektiv ist das Kollegen Ulm sicherlich auch
ein ernsthaftes Anliegen. Leider sprechen aber die Fakten nicht dafür. Wir sind
sehr dafür, die Polizei von Tätigkeiten zu entlasten, die sie von ihren
Kernaufgaben eher ablenkt. Das haben wir beispielsweise im Zusammenhang mit dem
Fundwesen, dem Meldewesen und dem Passwesen und auch betreffend den ruhenden
Verkehr bereits getan.
Es
scheint mir aber nicht angebracht zu sein, jetzt sozusagen eine Stadtwache
einzuführen, die die Jugendkriminalität mit bekämpfen soll! So weit in diesem
Bereich Handlungen gesetzt werden müssen, muss das wirklich die Polizei tun.
Das ist nicht Aufgabe einer Stadtwache! Das muss man einmal ganz klar sagen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Auch Herr Kollege Ulm weiß,
dass die Stadtwache nach Art 78d Abs 2 B-VG kein bewaffneter
Wachkörper sein könnte. In Anbetracht der Herausforderungen unserer Zeit wäre
das allerdings eher schwierig. – Ich kann mich noch erinnern, dass die
Bobbys in England lange Zeit dezidiert nur einen Gummiknüppel und keine
Schusswaffen hatten. In einer friedlicheren Zeit war das damals in England
anscheinend möglich. Für die heutige Form der Kriminalität scheint mir jedoch
ein Wachkörper, der wirklich die Kernkriminalität mitbekämpfen soll, in dieser
Form nicht geeignet zu sein. Unbewaffnete Bedienstete könnten sich bei
gewalttätigem Widerstand von Betroffenen nicht ausreichend schützen, wären
selbst in Verletzungsgefahr und müssten in sehr vielen Fällen dann wieder die
Polizei anfordern. Dadurch hätte man den doppelten Aufwand, und das würde
wirklich nichts bringen!
Ich glaube, dass das Konzept der Stadtwache, wie es
von der ÖVP immer wieder vorgebracht wird, aus vielerlei sachlichen Gründen
nicht ausgereift ist, und daher lehnen wir es weiterhin ab. – So viel zur
Stadtwache.
Weiters habe ich schon darauf hingewiesen, dass die
Kriminalitätsrate in Wien, im Vergleich zwischen März 2007 und März 2008
zurückgegangen ist. Das betrifft auch die Jugendkriminalität. – Das liegt
sicherlich an der verstärkten Kooperation zwischen Polizei, Stadtschulrat und
Schulen, aber auch an der gezielten Bekämpfung von Jugendbanden. In diesem Bereich
hat man doch einiges erfolgreich geschafft, und ich glaube, dass man diesen Weg
weiter gehen soll.
Ich will jetzt nicht Debatten, die
im Parlament
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