«  1  »

 

Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 126

 

Bevor ich über die darstellende Kunst spreche, bedanke ich mich ganz persönlich bei den Kreativen dieser Stadt. Sie bereiten durch ihre Arbeit und ihr Bedürfnis, das Leben der Wienerinnen und Wiener mit Schauspiel, Musik oder bildender Kunst zu bereichern, erst die Grundlagen für unsere Kulturpolitik.

 

Überall in Europa ist der Theaterbereich von Einsparungen betroffen. Wien ist anders. Seit Beginn des Reformprozesses vor vier Jahren hat sich einiges bewegt. Es sind neue Gruppen und neue Konzepte auf Wiens Bühnen zu sehen. Wie schon erwähnt, die Mittel für freie Theatergruppen wurden in den letzten Jahren auf 23 Millionen EUR erhöht. Diese Reform zeigt klar das Bekenntnis der Stadt Wien zu zeitgenössischen Theaterformen.

 

2007 nahmen die neuen KuratorInnen für Off-Theater und -Tanz ihre Arbeit auf, und bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Anna Thier und Uwe Mattheiß, die diese Reform von der ersten Stunde an begleitet haben, herzlich bedanken für ihre Pioniertätigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wer geglaubt hat, eine Theaterreform lässt sich auf dem Reißbrett entwerfen und eins zu eins umsetzen, der wurde von der Realität eingeholt. Bei dieser Reform werden leider keine Waschmittel entwickelt, die bei der ersten Anwendung dann weißer waschen können. Diese Reform kann nicht einfach verordnet werden. Diese Reform ist ein Prozess, der permanent in Bewegung ist. Theater hat mit Menschen zu tun - auf, vor und hinter der Bühne. Kulturpolitik hat auch soziale Aspekte.

 

Ein zentrales Anliegen der Theaterreform war der Wunsch nach einem Koproduktionshaus. Mit „brut" ging 2007 ein Projekt an den Start, das exakt diesem Wunsch entsprach. Die künstlerischen Leiter Heiko Pfost und Thomas Frank bringen durch ihre bisherige Tätigkeit die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Positionierung des Koproduktionshauses mit.

 

„brut" und Tanzquartier widmen sich auch den neuen Strömungen im Theaterbereich, die sich mit den Formen des Theaters auch wissenschaftlich auseinandersetzen.

 

Als Theater der Zeitgenossen sieht Andreas Beck das Schauspielhaus. Das Konzept des jungen Ensembles wird auch international wahrgenommen. Zum Beispiel wurde das Stück „hamlet ist tot. keine schwerkraft" von Ewald Palmetshofer zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Und ein gelungenes Beispiel, das Publikum ans Haus zu binden, waren die Aufführungen des dramatisierten Romans „Die Strudelhofstiege". Hier wurden innerhalb von zwölf Wochen zwölf Folgen gespielt, wobei jede Folge von einem anderen Regisseur gestaltet wurde. Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen dabei war, aber das war so spannend für alle Publikumsschichten und auch für alle Altersklassen!

 

Die 2007 abgeschlossene Renovierung des Theaters in der Josefstadt war mit einem Einsatz von 6,5 Millionen EUR zwar ein großer finanzieller Aufwand für die Stadt, der sich aber gelohnt hat. Claus Peymann hat einmal gesagt, das Theater in der Josefstadt sei „verschnarcht". - Unter der Direktion Föttinger ist es total „entschnarcht" worden. Ganz wichtig ist es auch, dass Stückaufträge an österreichische Autoren vergeben werden, zum Beispiel 2007 die Neufassung von „Diener zweier Herren" von Peter Turrini.

 

Unter der Direktion Schottenberg ist es dem Volkstheater gelungen, sich einerseits durch die Bindung von Publikumslieblingen an das Haus, wie zum Beispiel Andreas Vitásek im Nestroy'schen „Jux", und durch die Förderung junger Künstlerinnen und Künstler beim Wiener Publikum wieder beliebt zu machen und die Auslastung zu steigern. Die Nestroy-Preisträgerin 2007 für den Nachwuchs, Katharina Straßer, wurde von Michael Schottenberg gefördert und herausgefordert durch anspruchsvolle Rollen.

 

Für mich persönlich eine wichtige und unverzichtbare Aufgabe des Volkstheaters ist das Theater in den Bezirken.

 

Kollege Dr Wolf hat wieder über das Volkstheater gesprochen. Er hat in einer Pressemeldung vom 11.6. das Volkstheater ein „Fass ohne Boden" genannt, unter anderem, weil im Abonnement acht Vorstellungen für 40 EUR angeboten werden. Da weiß ich nicht, was daran schlecht sein soll, wenn Theater zu diesem Preis billiger ist als eine Kinokarte. Das ist nämlich genau der Auftrag an uns KulturpolitikerInnen, den Zugang zur Kunst für alle leistbar zu machen. So zeigt die Aktion „Hunger auf Kunst und Kultur", die seinerzeit vom Schauspielhaus und der Armutskonferenz entwickelt wurde, dass „Kultur für alle" in Wien nicht nur ein Schlagwort ist. Auch Menschen mit finanziellen Engpässen haben ein Recht auf Kunst und Kultur. Mehr als 90 Kultureinrichtungen, vor allem der Stadt nahe stehende Museen, Theater, Kinos, aber auch das MAK und das Technische Museum sind Partner dieser Aktion. Seit vergangenem Oktober sind die Kulturpässe auch in den Sozialzentren der Stadt Wien erhältlich.

 

Das Tolle an der Aktion ist, dass Kinder den Kulturpass in Anspruch nehmen können. „Ich war noch nie im Theater. Ich habe gar nicht gewusst, wie toll das sein kann!", schreibt eine 16-jährige Kulturpassbesitzerin. Der Kulturpass leistet einen wichtigen Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit im Bereich Kunst und Kultur. Und die Stadt Wien hat mit freiem Eintritt ins Wien Museum an einem Tag pro Woche, der jährlichen Gratisbuchaktion, dem freien Zutritt ins MUSA, also das Museum auf Abruf, wichtige Signale für den freien Zugang zur Kultur gesetzt.

 

Gemeinsam mit dem Bund ist es gelungen, das Volkstheater mit mehr Förderung auszustatten, ebenso das Theater der Jugend. Diese Organisation feierte im Jahr 2007 das 75-Jahr-Jubiläum. Das Angebot über die Schulen erreicht Kinder aus Schichten, die sich einen regulären Theaterbesuch oft nicht leisten könnten. Das Theater der Jugend ist mit fast 40 000 Abonnenten das mit Abstand größte Theater für Kinder und Jugendliche in der EU. Der Direktor Thomas Birkmeir greift Themen auf, die Kinder und Jugendliche interessieren und bewegen.

 

Für die Jugendlichen, denen ein passiver

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular