Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 118
Prozess, wie es eigentlich beim Gender Budgeting sein
sollte.
Es fehlen mir komplett die politischen Zielsetzungen,
oder die politischen Zielsetzungen sind äußerst fragwürdig. Ich glaube, meine
Kollegin Smolik war das, die das gestern angesprochen hat bei der MA 48
und MA 49, die Zielsetzung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie als
frauenfördernde Maßnahme zu sehen.
Oder als Beispiel beim Rechnungsamt, die Förderung
der Teilzeit, die dann auch noch als Erfolgsfaktor zu 96 Prozent von
Frauen in Anspruch genommen wird.
Also, Teilzeit für Frauen als frauenpolitische
Maßnahme zu verkaufen, um das unterrepräsentierte Geschlecht zu fördern, das
halte ich doch für fragwürdig.
Es fehlt uns komplett ein Gesamtplan von Maßnahmen,
die aus diesen Ergebnissen abgeleitet werden, ein Gesamtplan zur
Budgetverteilung und zur Neuverteilung von Budgetmitteln, denn das ist ja der
eigentliche Anspruch von Gender Budgeting, als Ergebnis etwas zu haben, wo ich
dann die Budgetmittel neu verteile. Zum Beispiel zwei eklatante Bereiche der
Ungleichverteilung, Wirtschaftsförderung oder Sport.
Es fehlen noch komplett ganze Bereiche der Stadt
Wien, nämlich die Unternehmungen der Stadt Wien. Es wäre sehr interessant,
diese nach Gender-Kriterien zu beleuchten. Wir sehen ein bisschen die Gefahr,
dass mit diesem falsch verstandenen Gender Budgeting, das eigentlich nur ein
Gender Mainstreaming ist, eigentlich eine wirklich gute ambitionierte Idee
systematisch zerstört wird, weil das, was hier in den einzelnen Dienststellen
an Datenmengen generiert wird - und ich stehe nicht an zu sagen, dass es
unglaublich viel Aufwand für die Dienststellen ist, diesen Bericht zu machen -
eigentlich auf keine große Akzeptanz stoßen kann, wenn daraus überhaupt keine
Ergebnisse resultieren. (Beifall bei der ÖVP und hierauf bei den GRÜNEN,
darüber Heiterkeit bei der ÖVP.)
Wir GRÜNEN wollen daher eine qualitative Verbesserung
des Gender Budgeting und Weiterentwicklung des Gender Budgetings, und aus
diesem Grund hat mein Kollege Martin Margulies - denn ich selbst darf ja als
Stadträtin hier keine Anträge stellen - gestern für die Wiener Grünen einen Antrag auf
Weiterentwicklung und bessere Systematisierung des Gender Budgeting Berichtes
eingebracht. Zukünftig sollen im Wiener Gender-Budgeting-Bericht die einzelnen
Maßnahmen mit Budgetzahlen angeführt werden. Um die Verwendung der Wiener
Budgetmittel nach Gender-Kritierien besser überprüfen zu können, soll der
Finanzaufwand der Maßnahmen in Relation zu den Gesamtmitteln der Dienststelle
beziehungsweise zum jeweiligen Ansatz gesetzt werden. Die Erfolgsfaktoren
sollen so weit wie möglich quantifizierbar sein und Angaben über die Zielerreichung
sollen gemacht werden.
Ich denke, das ist nicht zuviel verlangt, dass ist
eigentlich die Basis, die ein Gender-Budgeting-Bericht leisten sollte und ich
hoffe, dass Sie dem heute zustimmen.
Ich möchte als letzten Punkt auf einen Antrag der GRÜNEN
zu sprechen kommen, den ebenfalls mein Kollege Margulies gestern eingebracht
hat: Es geht um den Bereich Arbeitszeit und Bezahlung von Arbeitszeit. Auch das
ist von frauenpolitischer Relevanz, denn Arbeitszeitverteilung ist auch ein
Indikator für Gleichstellung. Es geht um den Antrag der GRÜNEN auf Ablehnung
der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union, die kürzlich vom
EU-Ministerrat beschlossen wurde, leider auch unter Zustimmung von ÖVP-Minister
Bartenstein. Arbeit ist ungleich verteilt, Frauen leisten einen Großteil
unbezahlter Arbeit. Bezahlte Arbeit ist ungleich verteilt, ich habe darauf
schon hingewiesen. Wir brauchen eigentlich eine neue Form der
Arbeitszeitpolitik, wir brauchen Umverteilung der Arbeitszeit von jenen, die zu
viel haben - Stichwort Überstunden, Stichwort Burn-out -, denn allein mit den
in Österreich geleisteten Überstunden könnte man 190 000
Vollzeitarbeitsplätze schaffen, wir brauchen also eine Umverteilung von Arbeit
von jenen, die zu viel haben, für jene, die zu wenig haben.
Wir wollen Arbeitsplätze schaffen, zum Beispiel durch
eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung. Ich weiß, dass auch die
Sozialdemokratie, auch der ÖGB und die Arbeiterkammer die Arbeitszeitverkürzung
in ihrem Parteiprogramm haben, sie haben es auch ihren Visionen, allerdings
nicht einmal für 2050, sondern, ich glaube, früher. Wir GRÜNEN glauben auch,
dass die gesetzliche generelle Arbeitszeitverkürzung die einzige Form der
Arbeitsumverteilung wäre, die geschlechtsneutral erfolgen kann, beziehungsweise
den Nachteil, den Frauen jetzt durch unfreiwillige Arbeitszeitverkürzung in
Form von Teilzeitarbeit zum Beispiel haben, also diesen geschlechtsspezifischen
Nachteil, ausgleichen kann, und auch einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten
würde.
Aber das ist gar nicht der Antrag, den wir heute
stellen, sondern wir stellen den Antrag, die EU-Arbeitszeitrichtlinie
abzulehnen beziehungsweise so wie es auch Ihr Parteiprogramm, wie es die
Gewerkschaften, wie es die Arbeiterkammer fordern, wie Sie es auch in den Medien
fordern, unsere Europaparlamentarier aufzufordern, gegen diese
Arbeitszeitrichtlinie zu stimmen, denn die EU-Arbeitszeitrichtlinie ist der
völlig falsche Weg, sie wird auch große Auswirkungen auf Arbeitnehmer und
Arbeitnehmerinnen in Wien haben, insbesondere im Gesundheits- und
Sozialbereich, denn Sie wissen, dass mit dieser neuen Arbeitszeitrichtlinie,
wenn sie in Kraft tritt, nicht nur die wöchentliche Normalarbeitszeit auf 65
Stunden in der Woche erhöht werden kann, von derzeit 48 Stunden, auch schon nicht
besonders, wenn man weiß, dass wissenschaftliche Studien zeigen, dass die
Produktivität und Motivation von Arbeitnehmern und Arbeiternehmerinnen bei
durchschnittlich 32 Stunden am höchsten liegt. Das heißt, eigentlich müsste es
in einem großen Interesse für die Wirtschaft liegen, eine Arbeitszeit von
durchschnittlich 32 oder 30 Stunden zu haben, wenn wir jetzt auch schon
wirtschaftspolitisch argumentieren.
Nein, die Europäische Union will
unter Zustimmung Österreichs beziehungsweise unter Zustimmung des
Wirtschaftsministers und leider unter völligem Fehlen der
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