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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 118

 

den ich auch von den Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ immer wieder höre. Was ist das eigentlich? Ist Heterosexualität eine so genannte prägende Wertvorstellung? Darf man eigentlich am Freitag Fleisch essen? Sagt man nun „Grüß Gott!“ oder „Guten Tag!“? Wer bestimmt das?

 

Wir in Wien denken und handeln realistisch und verantwortungsvoll. Für uns ist Diversität eine Bereicherung der Stadt und des Lebens in der Stadt. Wir lehnen es ab, von ZuwanderInnen das Einhalten einer Leitkultur zu verlangen, und zwar ganz einfach deshalb, weil es diese Leitkultur gar nicht gibt.

 

Hätte uns der Herr Innenminister gefragt, dann hätten wir ihm diese Peinlichkeit erspart! Wir hätten ihm zeigen können, wie es geht, und wir hätten ihm vor allem zeigen können, was geht. Die Wiener Integrationspolitik wird nämlich regelmäßig beim internationalen Benchmarking als vorbildlich bezeichnet. Das ist nichts Neues. Und die Methoden beziehungsweise die taktische Umsetzung der Wiener Integrationspolitik werden im Großen und Ganzen auch gar nicht kritisiert. Nein! Die rechten Kritiker wollen vielmehr, dass es überhaupt keine Integrationspolitik gibt! Jede einzelne Maßnahme ist für die FPÖ schon zuviel. Man kann aber natürlich das Wettern der FPÖ auch als Zeichen dafür sehen, dass wir mit unserem Weg richtig liegen. Schlimm wäre es, wenn ich keine Kritik von der Seite der FPÖ hören würde! Die Aufregung der FPÖ ist somit auch ein Gütesiegel für die Arbeit in Wien!

 

Derzeit muss ich feststellen und möchte das auch erwähnen, dass Herr Strache jetzt versucht, Kroaten und Serben gegen die Moslems auszuspielen. Er ruft zum Kampf gegen den Islam in Wien auf und will dafür auch die christlichen Zuwanderer aus dem Balkan instrumentalisieren. Wahrscheinlich wird es bald heißen „Dobro dan statt Islam!“ Das werden wir vielleicht auch irgendwann einmal lesen! Wir konnten aber am letzten Freitag beim Match Kroatien gegen Türkei in Wien sehen, dass er damit keinen Erfolg hat! Dieses Match und die Feier danach sind ohne große Zwischenfälle verlaufen. Im Gegenteil: In Wien war eine große Party angesagt. (StR Johann Herzog: Es ist genug passiert!) Unmögliche und Unbelehrbare gibt es natürlich auch dort! Diese sind aber außer Gefecht gesetzt worden, und ich meine, dass es auch ein Ergebnis unserer Integrationspolitik ist, dass sich die ZuwanderInnen für Vernunft und Ausgleich statt für Nationalismus und Vorurteile entscheiden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Um auf die Integration auf Bundesebene zurückzukommen: In Deutschland haben 300 Unternehmen und Einrichtungen die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet. Sie wollen damit darstellen, dass sie sich die Vorteile eines aktiven Diversity-Managements zunutze machen. Das ist eine ausgezeichnete Idee! Auch in Österreich sollte es eine derartige Charta geben! Wien hat schon einen ersten Schritt gesetzt. Wir haben eine eigene Abteilung für Diversity-Management, nämlich die MA 17, und wir richten von hier aus den Appell an den Herrn Innenminister beziehungsweise an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger: Er oder sie möge ebenfalls eine derartige Initiative ins Leben rufen, und zwar für ganz Österreich.

 

Zuwanderung sollte nicht immer – unter Anführungszeichen – als Problem bezeichnet werden. Würde man das nicht tun, würden nämlich viele Vorurteile in Bezug auf Zuwanderung unter den Tisch fallen. Dass zum Beispiel in der Kriminalstatistik des Innenministeriums bei den Tätern eine Unterscheidung zwischen In- und Ausländern getroffen wird, nicht aber bei den Opfern, halte ich für sehr einseitig und ungerecht!

 

Durch die Verknüpfung von Zuwanderung mit Problemen gibt es auch sehr komische Vorkommnisse, und ich möchte in diesem Zusammenhang die folgende Geschichte erwähnen: StRin Ulli Sima hat auf der Donauinsel eine hundefreie Zone eingerichtet, damit Badende auch die Möglichkeit haben, sich zu sonnen, ohne beschnüffelt zu werden. Und was ist dann geschehen? – Es haben sich wirklich einige Personen gefunden, die gemeint haben, diese Zonen gebe es deswegen, weil Türken keine Hunde wollen. – Zu derartigen Absurditäten kommt es eben in einem Biotop, in dem Zuwanderung als Problem gesehen wird!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten sind mit dem geltenden Fremdenrecht und Staatsbürgerschaftsgesetz nicht zufrieden. StRin Sandra Frauenberger hat das wiederholt und sehr deutlich an die Adresse der Bundes-ÖVP gesagt. Wir fordern einen eigenen Aufenthaltstitel und sofortigen Arbeitsmarktzugang für Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir fordern die Herausnahme der Familienzusammenführung aus der Quote. Wir fordern Erleichterungen für binationale Paare und die Einführung der Doppelstaatsbürgerschaft für die Jugendlichen der zweiten Generation. All diese Maßnahmen sind integrationsfördernd und aus wirtschaftlichen, menschlichen und aus Vernunftgründen unabdingbar. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf von GR Dr Herbert Madejski.)

 

Herr Kollege! Ja! Wir haben bei einem dieser Gesetze mitgestimmt! Aber wir haben die Größe zu sagen: Das war ein Fehler, das muss evaluiert werden! Das fordern wir hier in Wien, und diese Größe erwarte ich mir auch von der Wiener ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf von GRin Mag Sirvan Ekici. – Zwischenruf von GR Dr Herbert Madejski.)

 

Das Ganze hapert am Grundsätzlichen! Wir wollen endlich die Schaffung klarer, transparenter und nachvollziehbarer Regelungen für Zuwanderung, die sowohl die Erfordernisse des Arbeitsmarktes als auch die demographischen Entwicklungen berücksichtigten. Und daran unabdingbar zu koppeln sind natürlich auch die integrationsfördernden Maßnahmen. Wir fordern den Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber. Menschen von Seiten des Staates zu zwingen, dass sie Däumchen drehen, ist unnötig. Wir fordern die Einführung eines humanitären Bleiberechtes nach fünf Jahren. Wir haben das mit den Grünen im Wiener Landtag vor Kurzem gemeinsam beschlossen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Innenminister Platter kehrt in seine Heimat zurück und hinterlässt

 

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