Gemeinderat,
36. Sitzung vom 25.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 108
simpelsten Maßnahmen! Wenn man
etwas besser berät und wenn man ein bisschen tiefer in die Tasche greift, ist
sogar viel, viel mehr an Einsparung drinnen.
Das heißt, ist es nicht viel klüger - wenn wir schon
hier stehen und fragen, was wir für die Menschen in dem Bereich machen können
-, in etwas zu investieren, was à la longue viel mehr Sinn machen und den
Menschen auch viel mehr Geld sparen würde?
Da kann ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass
auch Sie momentan in Wirklichkeit nichts anderes betreiben als etwas, was in
meinen Augen durchaus mit Vogel-Strauß-Politik vergleichbar ist: Ich nehme ein
bisschen Geld in die Hand, verstecke den Kopf darunter und hoffe, dass das
vorübergeht. Nur: Es wird nicht vorübergehen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es wird schlimmer werden, und so viel Geld werden wir gar nicht haben, wenn der
Spritpreis bei 300 Dollar pro Barrel angekommen ist. (StRin Mag
Katharina Cortolezis-Schlager: Das ist ein Vorschlag der GRÜNEN! Die GRÜNEN
wollten ja die Benzinpreiserhöhung!)
Das sage ich nicht! Auch wenn Sie mich jetzt des
Alarmismus zeihen, noch einmal: So ist es wirklich, lesen Sie Zeitung! Wir
sitzen hier die ganze Woche von in der Früh bis in die Nacht hinein, wir haben
durchaus Zeit, kluge Dinge zu lesen, die geschrieben werden. Jeder, der
nachdenken möchte, ist aufgerufen, selbst ein bisschen frei nachzudenken - frei
von Zwängen und sozusagen mit Hausverstand, wenn Sie so wollen -: Was kann man
jetzt tun? Worin kann man investieren, damit man den Menschen im nächsten
Jahrzehnt hilft, Geld zu sparen?
Daher einmal mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen:
Ja, man kann Dinge gegen die Inflation tun. Ich liste sie schnell auf und komme
dann zum Ende meiner Ausführungen.
Ja, man kann sich für einen Mindestlohn auf
Stundenbasis - und nicht nur auf Stundenbasis - einsetzen. Ja, man kann sehr
wohl darüber nachdenken, inwieweit Steuerprivilegien abgeschafft werden können,
damit die Kluft zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinandergeht und darüber
hinaus etwas mehr Geld für die öffentliche Hand übrig bleibt, mit dem
vielleicht auch soziale Abfederungsmaßnahmen leichter investierbar wären. Ja,
man kann das Ökostromgesetz in diesem Land endlich novellieren, sodass ein
richtiger Investitionsboom in Alternativenergien ausgelöst wird, genauso, wie
es in Deutschland funktioniert hat. Nur in Österreich wollen wir nichts davon
wissen!
Ja, man kann viel mehr investieren - immer noch mehr,
noch mehr auch hier in Wien - in die thermisch-energetische Sanierung. Man kann
wie in Vorarlberg beschließen, dass künftig nur mehr Häuser mit öffentlichen
Fördergeldern gebaut werden, die in Passivhaus-Architektur erfolgen. Man kann
viel mehr in Solarenergie investieren. Das alles sind Maßnahmen.
Man kann im Übrigen - Verzeihung, damit ich es nicht
vergesse - die Tarife der Wiener Linien durchaus senken und mehr Menschen
sozusagen dazu animieren, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Das
alles sind in Wirklichkeit sinnvolle Investitionen und sinnvolle Maßnahmen
gegen die Teuerung, weil sie nicht nur entlasten, sondern weil sie nachhaltig
sind und weil sie auch eine Verhaltensänderung begünstigen.
Last but not least, ich denke auch, zuletzt geht es
um ein Kapitel, das uns in dieser Stadt, wenn Sie so möchten, bis jetzt sehr,
sehr wenig beschäftigt, und das finde ich sehr schade. Ein letzter Beitrag,
wahrscheinlich werden Sie es alle registriert haben: Der REWE-ADEG-Deal ist
jetzt auch in Brüssel durch. Das heißt - das ist ebenfalls heute und aktuell im
„Kurier" zu lesen -, Konsumentenschützer und -schützerinnen befürchten,
dass nun eine weitere Teuerung bei den Lebensmitteln kommt, und führen im
Übrigen die überdurchschnittliche Teuerung, die es hier in Österreich gegeben
hat, gerade bei den Lebensmitteln, darauf zurück, dass der österreichische
Markt im Lebensmittelhandelsbereich äußerst konzentriert ist, und zwar in einem
Ausmaß, dass von einem freien und fairen Wettbewerb nicht mehr die Rede sein
kann.
Da appelliere ich auch an Sie, weil Sie sich so gern
„Wirtschaftspartei" nennen: Ja, genau das ist das Problem! Das ist das
Problem von Entwicklungen, gegen die man nicht rechtzeitig etwas unternimmt:
massive Konzentrationen, kein Wettbewerb (GR Günter Kenesei: Wer hat das
verhindert?), Nachteile für die Konsumentinnen und Konsumenten und eine
absolut undurchsichtige Preisgestaltung - eine absolut undurchsichtige
Preisgestaltung, alles hier nachzulesen, Günter! -, die sich schlussendlich zu
Lasten des Konsumenten auswirkt. (GR Günter Kenesei: Entschuldigung, jeder
hätte großes Interesse gehabt, diesen REWE-ADEG-Deal zu verhindern! Nur: Wer
hätte gewusst, wie das zu verhindern wäre? Erkläre es!)
Ich weiß es ja! Darum sage ich es an dieser Stelle,
aber wir können jetzt länger darüber reden ... (GR Günter Kenesei: Was
soll das?) Ich will dir sagen, was es soll! Ich habe ja von Anfang an
gesagt, dass die Teuerung nicht vom Himmel fällt, sondern dass sie in
Wirklichkeit ein Ergebnis von Fehlentscheidungen und Versäumnissen der letzten
Jahrzehnte ist und dass es schon auch Sinn macht, jetzt darüber nachzudenken,
was man machen kann.
Ein Letztes, was auch hier in Wien politisch unterbelichtet
ist - und in das es sich durchaus zu investieren lohnt -, ist viel, viel mehr
an Investitionen in wirksamen Konsumenten- und Konsumentinnenschutz, damit
zumindest ein Teil der Preisgestaltung bei den Lebensmitteln durchsichtig ist.
Im Übrigen bin ich nach wie vor der Meinung, dass
Gratis-Kindergärten in Wien die treffsicherste und beste Maßnahme wären, um
junge Familien in dieser Stadt zu entlasten. Der entsprechende Antrag der
GRÜNEN, der gestern eingebracht wurde, ist angenommen worden. Ich hoffe, dass
diese Annahme nicht symbolisch war, sondern durchaus in der nächsten Zeit zu
konkreten Schritten führt. Mein Kollege Martin Margulies hat diesbezüglich auch
Anträge vorbereitet, aber er wird sie selbst vorstellen. - Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
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