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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 106

 

Gemeinden - auch die Gemeinde Wien - jederzeit möglich. Solche Rückzahlungsaufforderungen auf amerikanischer Seite können ein Mehrfaches des Barwertvorteiles ausmachen.

 

Ein Problem sind, wie gesagt, die langen Laufzeiten, nicht so sehr in Bezug auf die 99 Jahre, die in Wiener Verträgen als Frist für die Amerikaner drinstehen, sondern hinsichtlich der Rückmiete von 30 Jahren. Alle eingeschalteten Banken und so weiter müssen weiterexistieren, und das vorgeschriebene Rating muss beibehalten werden. Sämtliche nachträglichen Änderungen gehen auf Kosten der Kommunen, und diese tragen auch alle damit zusammenhängenden Risken. Das heißt, die Gemeinde Wien ist für alle zukünftigen Veränderungen in Haftung zu nehmen.

 

Daher ist zum Antrag der Grün-Alternativen Folgendes zu sagen; ich habe ihn hier, Moment, da ist er schon. Er lautet: Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, mit den InvestorInnen - ich weiß nicht, was da mit "Innen" gemeint ist - bestehender CBL-Transaktionen in Verhandlungen über eine vorzeitige Auflösung bestehender Verträge einzutreten, und etwaige dadurch entstehende Kosten werden bis zur Größenordnung der aus den CBL-Verträgen resultierenden Barwertvorteile in Kauf genommen.

 

Ich kann nur sagen, der grüne Antrag geht ins Leere, weil Wien als verpflichtete Kommune in jedem Fall den Kostenfaktor tragen muss und sämtliche damit zusammenhängende Risken von ihr getragen werden müssen. Denn der Gerichtsstand ist, wie gesagt, in den USA, zumeist in New York, weil dort das Recht anscheinend am biegsamsten für diese Dinge gewesen ist. Die Verträge sind auf Englisch, sie sind tausend Seiten stark, das heißt also: So gut österreichische Juristen und Wiener Juristen auch sein mögen, eine echte Chance gegen amerikanische Anwaltskammern im Konfliktfall draußen vor irgendwelchen Gerichten in den USA wird sicherlich nicht gegeben sein. Da sind eben die amerikanischen Finanzbehörden und die amerikanischen Gerichte zuständig, und da kann man sich nur durch amerikanische Juristen vertreten lassen.

 

Gedacht war das Ganze so, dass man einen Barwertvorteil als Entgeltleistung ohne echte Gegenleistung bekommt und nur pro forma einen Mietkauf, ein Leasing in Bezug auf einzelne Gegenstände und Institutionen in Wien eingeht. In der Zwischenzeit weiß man aber, dass es eben lange rechtliche Folgen gibt.

 

Noch einmal: Diese amerikanische Gesetzgebung hat in Bezug auf die Verträge sicherlich in irgendeiner Form Auswirkungen auf Österreich. Ich ersuche ganz deutlich und nachdrücklich die Finanzstadträtin zu klären und uns gemäß jetzigem Wissenstand mitzuteilen, wie sich diese Cross-Border-Leasing-Sachen in Bezug auf die neue Gesetzes- und Rechtslage in den Vereinigten Staaten auswirkt. Und wenn sie schon dabei ist, soll sie uns bitte auch gleich mitteilen, wie sich die Weiterexistenz der amerikanischen Partner, ob das jetzt Versicherungen, Banken oder Sonstige sind, entwickelt hat und ob es all diese Institutionen und so weiter noch gibt.

 

Die Hinweise des Herrn Kollegen Strobl, ein Konkursausfall einer US-Depotbank würde der Gemeinde Wien nichts machen und keinen Schaden anrichten, klingen schön. Ich hoffe, das steht im Vertrag, in den tausend Seiten, irgendwo drin, und ich hoffe, dass amerikanische Gerichte sich dieser Bestimmungen auch erinnern werden.

 

Eine andere Frage ist: Wenn die Banken in Amerika abstürzen und deren Bonität in Frage gestellt wird oder massiv abstürzt, welche Auswirkungen hat das auf Österreich und auf die Stadt Wien? Sind in irgendeiner Weise gestiegene Refinanzierungskosten damit verbunden? Welche Vorsorge muss für diesen Fall Wien schaffen, und welche Vorsorge hat Wien getroffen?

 

Wir haben damals - da war ich ja im Finanzausschuss dabei - diesen Akt bekommen: Das sind fünf Seiten von wahrscheinlich insgesamt tausend englischsprachigen, diese wurden uns zur Verfügung gestellt. Es ist damals als Partner eine John Hancock Life Insurance aufgetreten, die natürlich einen amerikanischen Trust als Zwischenpartner gegründet hat, wobei der Leasing-Ablauf festgelegt wurde. Das Volumen sind 500 Millionen US-Dollar, wie gesagt, das läuft bis 2035, erst dann kann es von Wien wieder zurückgenommen und zurückerworben werden, und alles läuft nach amerikanischem Recht ab.

 

Wenn nach Ablauf des Mietvertrages die Rückkaufoption von Wien nicht angenommen wird - was wahrscheinlich gar nicht in Frage kommen könnte und nicht denkbar ist -, wenn das nicht in Anspruch genommen wird oder immerhin nur diese Möglichkeit besteht, kann der John Hancock Trust die Anlagen des Kanalsystems im 21. und 22. Bezirk selbst betreiben oder betreiben lassen. Wenn das so ist, muss die Gemeinde Wien Gebühren vorschreiben, die dann an den Trust in Amerika abzuliefern sind.

 

Mit einem Wort: Die Kosten Wiens bis zum Jahr 2038 sind sicherlich weder überschaubar noch sind sie in irgendeiner Form als gewiss oder auch ungewiss festzustellen. Das heißt, aus Vertragsverletzungen wird Wien sicher haften, und es wäre eine Frage, wie es jetzt damit weitergeht.

 

Das Problem wird also sein, dass es undurchsichtige Konstruktionen gibt und dass die jetzigen Rechtsgrundlagen unter Umständen durch die gegebene Finanzsituation auf den Weltmärkten ins Rutschen kommen. Es ist daher dringendst notwendig, dass hier in Wien, wenn eine Zusammenarbeit zur Lösung der Finanzprobleme in Wien zwischen den Parteien eingeleitet werden muss, eine Klarlegung, ein Kassensturz seitens der Finanzstadträtin erfolgen muss und sie die anderen Parteien aufklären muss über die wirklichen Gegebenheiten, die Gefahren, die Wien drohen, darüber, welche Bedrohungen bis zum Jahr 2035 auf uns zukommen und was jetzt, bei der Finanzkrise 2008, 2009 und folgende, noch alles für Wien die Folge sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zur Geschäftsordnung zum Wort gemeldet ist Frau GRin Smolik. Die Redezeit ist mit fünf Minuten begrenzt.

 

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