Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 130
können sich übrigens das Autofahren auch immer weniger leisten. Es wäre eben ein gutes Konjunkturpaket, das vorgesehen hätte, um ein drittes Beispiel zu geben, dass die Kinderbetreuung in Wien tatsächlich so ausgebaut wird, dass sie flächendeckend vorhanden ist, dass für jedes Wiener Kind ein Kinderbetreuungsplatz vorhanden ist, und dass es rasch und zügig und qualitätsvoll ist und auch kostenlos, weil wir hier gerade in den nächsten Jahren dafür sorgen werden müssen, dass wir Frauen ermöglichen, voll erwerbstätig zu sein, gerade eben, weil in der Finanzkrise und in Zeiten der Wirtschaftskrise sehr, sehr viele Familien auch finanziell darauf angewiesen sein werden, dass die Frauen voll erwerbstätig sind.
Vielleicht um nun auch ein
letztes Beispiel zu bringen: Es wäre ein Konjunkturpaket gewesen, das den Namen
verdient, wenn man vorgesehen hätte, dass hier das Schulsanierungspaket sehr
zügig vorangetrieben wird und die Bezirke auch mit den entsprechenden Mitteln
finanziell unterstützt werden, denn wir haben ein Schulsanierungspaket
beschlossen, aber von zügig vorankommen kann überhaupt nicht die Rede sein. Und
in einer der reichsten Städte der Welt gibt es nach wie vor sehr, sehr
baufällige Schulen. Hier geht es nicht nur um Beschäftigungsimpulse für die Stadt.
Hier geht es vor allem auch darum, in welchen Schulen unsere Kinder sitzen und
ihren Tag verbringen. Hier geht es einfach auch darum, wie Schulpolitik
insgesamt in dieser Stadt aussieht.
Lassen Sie mich auch in diesem
Zusammenhang ein Letztes an Kritik, was ich Ihnen nicht ersparen kann,
anbringen. Wir haben in Wien nach wie vor mit der Situation zu kämpfen, dass
seit dem Jahr 99 über 1 500 Lehrerinnen und Lehrer eingespart worden sind.
Von diesen Lehrerinnen und Lehrern ist keine Spur da und sie fehlen. Sie fehlen
nach wie vor. Sie fehlen gerade bei Unterstützungsmaßnahmen für Kinder mit
nichtdeutscher Muttersprache. Sie fehlen als BegleitlehrerInnen. Sie fehlen,
wenn es um Fördermaßnahmen geht, die alle Kinder brauchen und allen Kindern
zugute kommen. Und sie fehlen auch vor allem in der Nachmittagsbetreuung, wo es
jetzt zwar so ist, dass Nachmittagsbetreuung angeboten werden muss. Aber ein
Blick in viele Schulen reicht, um festzustellen, dass da nachmittags teilweise
30 Kinder schlicht verwahrt werden und wirklich alles andere als gute Betreuung
haben, weil das Personal nicht vorhanden ist. So sieht es aus, meine Damen und
Herren!
Wenn man in Wien etwas verändern möchte, auch für die
Zukunft, wenn man nachhaltig auch Schulpolitik betreiben möchte, dann wäre es
wirklich an der Zeit, ordentlich Geld in die Hand zu nehmen, was ich nach wie
vor vermisse, genau in diesem zentralen Bereich der Schulpolitik, nicht nur
noch einmal, um die Schulen zu sanieren, sondern um endlich viel, viel mehr
Personal einstellen zu können, um dafür zu sorgen, dass in einer Stadt, in der
50 Prozent der Kinder eine andere Muttersprache haben als Deutsch, die
Betreuung so erfolgt, dass wir sicherstellen können, dass diese Kinder Chancen
haben werden, Zukunftschancen haben werden, vorankommen werden in ihrem
schulischen Erfolg und dass nicht eine Gruppe von ihnen vielleicht in fünf
Jahren oder auch in zehn Jahren, genauso wie jetzt, ohne Chancen auf einen Job
und ohne Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind und ihre freie Zeit einfach in
irgendwelchen Parks verbringen.
Insofern glaube ich, dass es sehr viel gibt, sehr,
sehr viel, Frau Stadträtin, was man mit einer ordentlichen Budgetpolitik
angehen und auch lösen könnte. Ich meine, immerhin ein
11 Milliarden-Budget ist ja kein Schmutz, Sie haben es selber auch gesagt.
Es ist das Budget, das Niederösterreich und Oberösterreich in etwa gemeinsam
hätten. Und die Frage, die ich Ihnen nicht ersparen kann, ist: Was könnte man
nicht alles mit so einem Budget erreichen, wenn man den Willen hätte, zumindest
einige der Probleme, die es in der Stadt gibt, anzugehen und auch zu lösen. Ich
gebe Ihnen recht, es wird sich nicht ausgehen, dass man alles gleichzeitig
macht. Es wird nicht möglich sein, dass man eine Sanierungsoffensive startet,
die den Namen verdient, dass man gleichzeitig die öffentlichen Verkehrsmittel
ausbaut, dass man alle Schulen saniert, dass man 2 000 Lehrerinnen und
Lehrer anstellt, dass man den Preis der Öffis halbiert, und, und, und, was
alles an sinnvollen Vorschlägen auf dem Tisch liegt. Aber es wäre gut, wenn wir
uns darauf einigen könnten, dass mindestens ein paar Probleme, die es gibt,
angegangen und schlicht gelöst werden. Das, was Sie tun, ist, mit der Gießkanne
ein bisschen was überall zizerlweise herzugeben und am Ende dieselben
Problemlagen, von denen wir sprechen, jahrein, jahraus einfach so weiter zu
geben. Es kommt ein harter Winter und ich fürchte, mit dem, was Sie hier
vorgesehen haben, wird kein Problem gelöst. Es werden sich vielmehr die
Probleme, von denen wir alle, wie gesagt, seit Jahren sprechen, eher
verschärfen.
Lassen Sie mich abschließend kurz auf die
Frauenpolitik zu sprechen kommen. Ich habe vorhin davon gesprochen, dass in
Wien eine Million Menschen von weniger als 1 500 EUR monatlich leben
müssen. Das ist dann schon das Maximum. 60 Prozent der Menschen in dieser
Personengruppe sind Frauen und gerade die Frauen werden es sein, die in diesem
Jahr und auch in den nächsten Jahren von der Wirtschaftskrise am härtesten
betroffen sein werden, weil ja auf Grund dessen, dass die Frauenpolitik eben
nicht so toll ist, wie man es gerne hätte, wenn man sich selbst in großen
frauenpolitischen Reden lobt, Frauen eben primär in prekären Verhältnissen
beschäftigt sind, in Teilzeit-Jobs, in Jobs, von denen man eben nicht leben
kann. Und weil es vielfach an der Infrastruktur mangelt, die es ihnen
ermöglichen würde, auch ganztags beschäftigt zu sein und so viel zu verdienen,
dass sie auch davon leben können.
Wir haben daher zwei Anträge
vorbereitet. Der erste betrifft ein frauenspezifisches Maßnahmenpaket gegen die
Wirtschaftskrise, wo es eben um Förderungen in soziale Infrastruktur geht,
insbesondere in die Bereiche Bildung, Pflege, Gesundheit und Kinderbetreuung,
damit mehr existenzsichernde Arbeitsplätze für Frauen geschaffen werden können.
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