«  1  »

 

Gemeinderat, 39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 130

 

steigen 2009 auf 165 Millionen EUR, davon fließen 47 Millionen, also ein Drittel, ins allgemeine Budget. Das ist einem Steuerzahler unzumutbar, meine Damen und Herren! Das ist eine Aussackelungspolitik des Wiener Steuerzahlers, der Wienerinnen und Wiener, die ihr hilflos ausgeliefert sind, da es dafür keine Alternative gibt!

 

Interessant ist, dass in Deutschland draußen in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. November Folgendes festgestellt wird: „Es gibt eine Kartellanordnung, nach der die Stadt Wetzlar ihren Wasserpreis um 29,4 Prozent senken muss.“ Und warum? Die Begründung ist folgende: Bei der Wasserversorgung geht es natürlich um Monopole. Die Verbraucher hätten keine Möglichkeit, auf billige Anbieter auszuweichen und daher müsse der Staat als Aufsicht dafür sorgen, dass die Verbraucher nicht über Gebühr belastet werden. Beim Strom gibt es gewisse Ausweichmöglichkeiten, wie wir wissen, beim Wasser gibt es das ja sicher nicht. Es wäre wünschenswert, wenn in Wien ähnliche Schritte überlegt werden könnten, um die Belastung der Wiener Steuerzahler und der Wiener Bürger deutlich einzuschränken.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen, der, wie ich glaube, uns die nächsten Jahre massiv beschäftigen wird: Die Folgewirkung der diversen Cross-Border-Leasing-Geschäfte der letzten Jahre, die von Wien aus abgeschlossen wurden und deren Spätfolgen wir ja bis heute nicht wissen, wie sie laufen werden, und deren Folgen wir nicht erkennen können. Wir haben ja deshalb auch beantragt, dass eine Untersuchung durchgeführt wird, indem wir den Kontrollausschuss mit einer Untersuchung, einer Überprüfung der Gegebenheiten beauftragen. Cross-Border-Leasing ganz klar, Leasing war ja an sich ein amerikanischer Trust, der eben für die europäischen Kommunen wie im Fall von Wien gewisse Mietverträge abschließt. Wien darf zum Beispiel, und das ist eine der Fragen, die sich hier stellt, bei einer Laufzeit von 30, 35 Jahren, nach der man die diversen Anlagen rückkaufen kann, den vertraglich festgelegten Zweck praktisch nicht verändern, er muss erfüllt bleiben. Der US-Investor muss seinem Finanzamt jährlich Nachweis liefern, dass die Anlage intakt ist. Daraus ergeben sich natürlich Schadenersatzforderungen bei verschiedenen Schwierigkeiten, bei Meinungsverschiedenheiten und die vertraglichen Rückzahlungen, die in den Verträgen sind, betragen oft ein Mehrfaches der einst gewonnenen so genannten Arbeitsvorteile. Das heißt also, der Mietzins wird in einem auf eine amerikanische Bank überwiesen, und aus diesen Summen wird das abgewickelt, die von einem US-Investor zur Verfügung gestellt werden. Bei der Bank in den USA ist natürlich eine Frage, inwieweit Wien hier die geringste Einflussmöglichkeit darauf hat, wie die Dinge dort abgewickelt werden. Die Bank bekommt das meiste, die Versicherung ebenfalls und die Kommune bekommt 2 bis 8 Prozent. Wir haben den Eindruck in Wien, dass eine Rendite von 5 Prozent des Transaktionsvolumens diesen Vorteil ausgemacht hat. In Amerika wurde zwischenzeitlich bekanntlicherweise 2004 diesen Geschäften ein Ende gestellt. Im Jahr 2005 hat die amerikanische Finanzverwaltung Stellungnahmen veröffentlicht, wonach Cross Border Leasing als missbräuchliche Steuerumgehung anzusehen ist und die Steuervorteile auch für die in der Vergangenheit abgeschlossenen CBL-Geschäfte nicht gezahlt werden könnten. Allerdings dürfte der Gerichtstand New York eine Sonderrolle in den Vereinigten Staaten haben. Hier dürfte die rückwirkende Aufhebung von Geschäften nicht so leicht möglich sein wie in anderen US-Bundesstaaten. Daher sind diese ganzen Geschäfte auch in New York beheimatet.

 

Wie gesagt, die lange Laufzeit zum Beispiel bei den Kanalisationsanlagen von 35 Jahren bis ins Jahr 2038 zeigt ja schon die jetzige Krise, wie gefährlich so eine Entwicklung sein kann und was hier alles passieren kann. Wie gesagt, die Anlagen müssen in dem Zustand erhalten bleiben, wie sie sind. Also wenn wir aus welchen Gründen auch immer auf die Idee kämen, eine U-Bahn-Linie einzustellen und dafür eine andere zu bauen, die aber zufälligerweise Gegenstand des CBL-Geschäftes ist, dann ist das nicht möglich, dann muss diese erhalten bleiben. Wir haben ja das Beispiel Aachen, wo eine Brücke errichtet werden sollte und das Baugeschehen auch in die Leasing-Anlagen der Kanäle eingegriffen hätte mit dem Ergebnis, dass die Brücke dort nicht gebaut werden konnte, sondern um teures Geld woanders errichtet werden musste.

 

Sämtliche Änderungen, sämtliche Nachträge zu Verträgen gehen auf Kosten des Leasing-Nehmers, das heißt in diesem Fall der Stadt Wien. Die Verträge sind, wie gesagt, nach US-Recht abgeschlossen, nach New York City-Recht und ich glaube, das ist die Hauptquelle der Gefahren, die uns drohen. Amerikanisches Recht, amerikanische Verträge, die 1 500 Seiten umfassen. Der Vertrag über die Kanalisation, dem wir nicht zugestimmt haben, der aber vorgelegen ist, beträgt ganze 5 Seiten. Diese 1 500 Seiten sind von Legionen von Anwälten ausgearbeitet worden, denen in Wien Juristen gegenüber stehen, die sicher gut sind, aber in keiner Weise im Stande sein werden, in den Vereinigten Staaten diesen Institutionen gegenüber rechtlich zu bestehen.

 

Es ist auch interessant, dass die Kaufpreisgestaltung im Grunde genommen etwas ist, wo die gesamten europäischen Kommunen inklusive Wien wohl über den Tisch gezogen worden sind. Das Geschäft machen nämlich die Banken. Diese Wertanlage des Transaktionsvermögens wurde nie an die Städte ausbezahlt, selbstverständlich nicht, sondern der Kaufpreis wurde bei Banken hinterlegt. 80 Prozent gehen an Schuldübernahmebanken in den Vereinigten Staaten, 15 Prozent an eine Debotbank, die die Geschäfte und Verpflichtungen Wiens bis 2035, 2038 und so abdecken soll und 5 Prozent, also im Grunde genommen ein Butterbrot, sind an die Stadt Wien gegangen. Wien ist mit 5 Prozent, so wie alle übrigen europäischen Städte, bloße Durchlaufstation. Die Verträge besagen allerdings in Amerika, dass die Treuhänderbanken die Beträge als unwiderrufliches Eigentum haben - also die Rechtsansicht in den USA ist eine andere als

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular